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GK228 - Das Tribunal der Dämonen

GK228 - Das Tribunal der Dämonen

Titel: GK228 - Das Tribunal der Dämonen
Autoren: A.F.Morland
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schon?«
    »Ja, was? Hast du die Leiche… Mensch, du hast doch die Leiche nicht etwa angefaßt?«
    »Was hätte ich denn sonst tun sollen? Sie einfach so rumliegen lassen?«
    »Ach du Schreck, das hätte ich nicht tun können. Im vergangenen Jahr starb der Goldhamster meiner Schwester. Ich… ich konnte ihn nicht anfassen. Ich hab’ ‘nen schrecklichen Horror vorm Leichengift. Das bringt dich um, so schnell kannst du gar nicht gucken!«
    Badmin breitete schmunzelnd die Arme aus. »Wie du siehst, bin ich immer noch gesund und munter. Was ist? Wollen wir nicht weiterspielen? Irgendwann muß deine Glückssträhne doch abreißen.«
    Napels wollte die Karten mischen, plötzlich bekam er lange Ohren.
    »Was ist?« fragte ihn Badmin.
    Napels’ Augen flatterten. »Hast du das eben nicht gehört?«
    »Wir sind über einen Schienenstoß gerumpelt.«
    »Das meine ich nicht.«
    »Was meinst du denn?«
    »Dieses Knarren. Verdammt, Ritchie, da hat etwas geknarrt. Es… es kam von den Särgen. Heiliger Himmel, ich verliere den Verstand, wenn sich jetzt einer dieser Särge öffnet. Mich würde glatt der Schlag treffen, mein Wort drauf!«
    Badmin schlug sich lachend auf die Schenkel. »Ideen hast du.«
    »So abwegig sind die gar nicht, mein Lieber. Hast du noch nie davon gehört, daß es auch Scheintote gibt? Manche hat man ins Grab hinabgelassen, und als sie unten ankamen, klopften sie an den Sargdeckel und schrien, man solle sie rauslassen.«
    »Warst du schon mal bei so was dabei?«
    »Nein. Aber ich habe davon gelesen.«
    »Ja. Bei Edgar Allan Poe.«
    »Zum Henker, manchmal kann man mit dir einfach nicht vernünftig reden«, beschwerte sich Joe Napels wütend. »Sieh doch mal nach, ob mit den Särgen alles in Ordnung ist, Ritchie.«
    Badmin legte die Hände auf seine Brust. »Ich? Warum ich? Ich hab’ ja nichts gehört.«
    »Von Kollegialität hältst du wohl nicht viel, was? Du weißt doch, wie mir zumute ist, wenn ich zu den Särgen…« Napels brach ab und schielte ängstlich über die Schulter nach hinten. Er bildete sich ein, daß einer der Deckel sich leicht hob. Doch da der Waggon ständig in Bewegung war, konnte das auch eine optische Täuschung sein. Dennoch stellte Napels kategorisch fest: »Ich spiele erst weiter, wenn ich sicher sein kann, daß mit den Särgen alles in Ordnung ist.«
    Damit hatte er den richtigen Ton getroffen, denn Ritchie Badmin spielte gern. Es machte ihm nichts aus, ständig zu verlieren. Sie spielten ohnedies um keine großen Beträge.
    »Na schön«, knurrte er und erhob sich ächzend. »Dann will ich mal Kollege sein und dir den Gefallen tun.« Er begab sich zu den Särgen.
    Napels zog die Unterlippe zwischen die Zahnreihen und biß fest darauf. Er kreuzte auch die Finger und hoffte, daß alles okay war. Trotzdem blieb in diesem Fall aber zu klären, was da so unheimlich geknarrt hatte. Badmin beugte sich unerschrocken über den ersten Sarg. Er betrachtete ihn sich genau, prüfte dann Nummer zwei und schließlich Nummer drei.
    »Alles bestens«, rief er Napels durch den Lärm zu.
    »Was hat dann aber so gespenstisch geknarrt?« fragte Napels mit belegter Stimme.
    »Vielleicht der Kistenstapel dort hinten. Er schaukelt in den Kurven ein bißchen.«
    Badmin richtete die Kisten, verspreizte sie ein wenig, damit sie nicht mehr schaukeln konnten, und kehrte dann zu Napels zurück.
    »Na, bist du jetzt zufrieden, Joe?«
    Napels nahm die Karten auf. Er mischte lustlos. Froh wäre er gewesen, wenn er hätte glauben können, daß dieses Knarren von den Kisten hervorgerufen worden war, aber irgend etwas sagte ihm, daß diese Theorie nicht stimmte. Als er dieses unheimliche Knarren vernommen hatte, hatte sich der Zug auf gerader Strecke befunden, nicht in einer Kurve. Joe Napels verteilte die Karten, während er immer noch beunruhigt zu den Särgen blickte. Und wieder war ihm, als könne er sehen, wie sich einer der Deckel langsam hob.
    Diesmal war er sicher: es war keine Sinnestäuschung.
    ***
    Ron Taxier war ein liebenswerter Grauschädel mit Doppelkinn und dickem Bauch. Ein belesener Mann, der sich quer durch die Weltliteratur geblättert hatte, wenn in den stillen Nachtstunden nicht allzuviel im Streckenwärterhaus zu tun gewesen war. Geistig war Taxier noch erstaunlich rege, und mit seiner Schlagfertigkeit redete er die gesamte Jugend an die Wand. Er war nicht gern gegangen. Sein Job hatte ihm Spaß gemacht, und einige Jährchen mehr wären für ihn das reinste Vergnügen gewesen, denn das, was
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