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GK198 - Der Stierdämon

GK198 - Der Stierdämon

Titel: GK198 - Der Stierdämon
Autoren: A.F.Morland
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kann ich keinen Grund entdecken!« knurrte Snow verärgert. »Wir wohnen in einem schönen Hotel. Das Essen ist vorzüglich. Die Leute, die wir kennengelernt haben, waren nett und zuvorkommend…« Snow grinste kurz. »Nur wenn ich meine Kamera zeige, werden die Leute nervös. Der Islam verbietet den Gläubigen nämlich, sich fotografieren zu lassen, deshalb stellen sie sich nur höchst ungern vor die Linse …«
    Vladek Rodensky wurde nachdenklich. »Die Angst Ihrer Freundin«, sagte er gedehnt, »könnte sie mit den fotografierten Mausoleen irgendwie zusammenhängen, Mr. Snow?«
    Der Fotoreporter lächelte nervös. »Liebe Güte, was soll ich Ihnen darauf antworten, Mr. Rodensky? Ein Mausoleum ist ein Mausoleum – eben ein kunstvoll errichtetes Bauwerk, die letzte Ruhestätte irgendeines begüterten Menschen. Wie soll man da eine Verbindung zwischen der Angst von Melissa und diesen Mausoleen herstellen?«
    Vladeks kleine graue Zellen fingen zu arbeiten an. Kein Mensch fürchtet sich grundlos. Es gibt Gefahren, die man mit dem Unterbewußtsein aufnimmt, ohne daß das Bewußtsein davon Kenntnis hat. Plötzlich ist eine Angst da, die man sich nicht erklären kann, weil man ihre Wurzel nicht kennt. Die Wurzel! Etwa eines dieser Mausoleen, die Hank Snow fotografiert hatte?
    Wie dem auch sei, dachte Rodensky, während er seine Unterlippe mit Daumen und Zeigefinger von den Zähnen wegzog. Ich werde dieser Sache mal nachgehen.
    Den Besuch in der Weberei, in der sein Freund Götzinger gearbeitet hatte, verschob er vorläufig auf unbestimmte Zeit. »Wann«, fragte er den Fotografen, »ist Ihnen diese Angst zum erstenmal aufgefallen, Mr. Snow?«
    »Nun ja, so genau läßt sich das nicht mehr feststellen. Es kann vor zwei, drei Tagen angefangen haben. Melissas Furcht war ja nicht sofort voll da. Die Sache wuchs langsam in ihr, wurde allmählich so groß, daß sie sie nicht mehr verdrängen konnte, und heute machte sie mir die Eröffnung, sie wolle nach England zurückkehren. Natürlich hatten wir einen heftigen Streit deswegen. Ich sagte ihr, sie könne mich doch jetzt nicht einfach hier sitzenlassen. In meinem Vertrag ist die Klausel, daß auf allen Bildern auch Melissa drauf sein muß. Das heißt – ganz simpel ausgedrückt –, wenn meine Freundin jetzt die Koffer packt, kann ich meine Kamera in den Mülleimer werfen. Ohne sie bringe ich die Reportage nicht zustande, aber das will sie nicht einsehen. Nein, nein, nein, sie will nach Hause, zetert sie ununterbrochen.«
    »Welche Mausoleen haben Sie fotografiert, als das mit Melissas Angst anfing?« wollte Rodensky wissen.
    »Kann ich nicht so genau sagen…« Snow zählte ein paar Namen auf.
    »Welche Beziehung hat Ihr Mädchen zum Tod?«
    Snow schluckte verwirrt. »Mann, das ist aber eine reichlich komische Frage.«
    »Fürchtet sich Melissa zum Beispiel auf einem Friedhof?«
    »Nicht im geringsten. Sie würde da sogar mitten in der Nacht durchgehen. Ohne zu laufen.«
    »Hier aber fürchtet sie sich plötzlich vor einem Mausoleum.«
    Snow schüttelte den Kopf und hob eine Hand. »Moment, das hab’ ich nicht gesagt. Sie kann auch vor ganz etwas anderem Angst haben.«
    »Kann sein. Aber nehmen wir mal an, der Grund ihrer Furcht ist ein Mausoleum…«
    Snow seufzte. »Na schön, nehmen wir’s mal an. Was weiter?«
    Rodensky fragte daraufhin etwas, das nach Snows Meinung überhaupt nicht zum Thema paßte: »Haben Sie schon mal von der Bande des geflügelten Stiers gehört?«
    »Mann«, grinste der Fotograf, »sind Sie aber sprunghaft.«
    »Wissen Sie, was es mit dieser geheimnisvollen Bande auf sich hat, Mr. Snow?«
    »Anspielungen auf diese Bande begegnet man in dieser Stadt auf Schritt und Tritt. Die Leute reden nicht gern darüber.«
    »Warum nicht?« fragte Rodensky.
    »Weiß ich nicht. Vielleicht, weil sie Angst haben.«
    Vladek Rodensky nickte eifrig. »Da haben wir sie wieder – die Angst!«
    Snows Augen weiteten sich. »Meinen Sie, daß es dieselbe Angst ist, von der meine Freundin jetzt befallen ist?«
    »Wäre dieser Gedanke denn so abwegig?« antwortete Rodensky mit einer Gegenfrage.
    Snows Brauen zogen sich zusammen. Eine steile Falte kerbte sich in seine Stirn. »Von dieser Warte aus habe ich die Sache ehrlich gesagt noch nicht betrachtet«, sagte er leise.
    »Was halten Sie im allgemeinen von Dämonen, Mr. Snow?«
    »Ich bin davon überzeugt, daß es welche gibt.«
    »Einer von ihnen ist der geflügelte Stier«, sagte Rodensky bestimmt. »Und sein Knecht
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