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GK198 - Der Stierdämon

GK198 - Der Stierdämon

Titel: GK198 - Der Stierdämon
Autoren: A.F.Morland
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ich dort beginnen, wo Götzinger gearbeitet hat: in der Weberei.
    Vladek winkte den Barkeeper zu sich. »Wo kann ich hier einen Stadtplan bekommen?« fragte er auf englisch.
    Der blonde Mann neben Rodensky hob den Kopf. »Sie können meinen haben«, sagte er mit schwerer Zunge.
    »Brauchen Sie ihn nicht mehr?« fragte Vladek.
    Der Blonde grinste verdrossen. »Ich brauche nur noch eines: Whisky.«
    Der Keeper zog sich zurück, als Rodenskys Nachbar den zerknitterten Stadtplan aus der Jacke holte. »Hier«, sagte der Blonde. »Sie können ihn behalten.«
    »Hören Sie, ich möchte den Plan nicht geschenkt haben«, entgegnete Rodensky.
    »Na schön, dann spendieren Sie mir eben einen Whisky dafür. Meinen Sie, daß Ihnen Ihr Gewissen dann Ruhe läßt?«
    »Ich denke schon«, sagte Rodensky, schnippte mit dem Finger, bestellte für sich Bourbon und für seinen Nachbarn Johnnie Walker.
    »Hank Snow ist mein Name.«
    »Vladek Rodensky.«
    »Tscheche? Pole?«
    »Österreicher.«
    Snow grinste. »Hört sich aber gar nicht danach an.«
    »Möchten Sie meinen Paß sehen?«
    »Nein, nein. Nicht nötig. Was treiben Sie so, Mr. Rodensky?«
    »Ich besitze eine Fabrik, die Brillen herstellt. Und was machen Sie?«
    »Fotoreporter. Einer von denen, die bis an ihr Lebensende auf den Durchbruch warten, ohne daß er jemals kommt.«
    »Trinken Sie deshalb so viel?«
    »Nein. Das hat einen anderen Grund.«
    »Eine Frau?«
    Snow blickte Rodensky erstaunt an. »Sie können wohl hellsehen, was?«
    »Männer trinken zumeist aus zwei Gründen: Entweder weil sie im Berufsleben nicht den gewünschten Erfolg haben. Oder weil eine Frau sie geärgert hat.«
    »Das zweite trifft genau auf mich zu!« knurrte Snow und trank die Hälfte von seinem Whisky. Dann kam er in Fahrt. »Stellen Sie sich vor, ich mache die weite Reise von London hierher, weil ich von einer englischen Illustrierten den Auftrag bekommen habe, hier eine nette kleine Reportage zu schießen. Nichts Aufregendes, verstehen Sie? Bloß so viele Mausoleen wie möglich fotografieren. Die schönsten Aufnahmen sollen dann in Farbe auf acht Seiten gebracht werden. War verdammt schwierig, diesen Auftrag zu bekommen, und wenn ich nicht meine diversen Beziehungen hätte spielen lassen, wäre aus der Sache wohl kaum was geworden. Endlich habe ich die Chance, aus der Masse der anonymen Fotografen rauszukommen. Man würde endlich begreifen, daß ein Hank Snow zu schade für die Jobs ist, die er bisher bekommen hat: Hier demonstrierende Studenten fotografieren. Da einen Verbrecher im Gerichtssaal. Dort ein Autowrack. Es hat mich langsam angekotzt, Bilder zu machen, die jeder Affe zustande bringt, wenn man ihm einen Fotoapparat in die Hand drückt. Ich wollte endlich mal beweisen, daß Fotografieren eine Kunst ist, und daß Hank Snow diese Kunst brillant beherrscht… Also: eine Chance, wie man sie nicht alle Tage bekommt. Und was passiert?«
    Rodensky hob die Schultern, sagte nichts…
    »Plötzlich kriegt es Melissa, meine Freundin, mit der Angst zu tun…«
    »Wovor hat sie Angst?« fragte Vladek erstaunt.
    »Weiß ich nicht. Und sie weiß es, glaube ich, auch nicht. Stellen Sie sich das mal vor. Melissa schlug zu Hause wegen dieses Auftrages geradezu Purzelbäume. Sie tanzte vor Begeisterung durch sämtliche Räume ihres Apartments, jubelte, war glücklich, denn der Redakteur wollte, daß sie auf allen Bildern, die ich mache, mit drauf ist. Ihr hübsches Gesicht, ihre tadellose Figur sollen die Fotos ein bißchen beleben, meinte der Zeitungsmann. Wir bekamen den Flug also beide bezahlt, und nun, wo wir unsere Arbeit in Angriff genommen haben, fängt das Mädchen plötzlich zu spinnen an. Wenn das nicht zum Ärgern ist…«
    »Wo ist Melissa im Augenblick?« fragte Rodensky.
    »Oben – auf unserem Zimmer. Wenn mich nicht alles täuscht, fängt sie demnächst mit Packen an. Wissen Sie, was sie zu mir gesagt hat?«
    »Was?«
    »Sie möchte dieses Land so schnell wie möglich verlassen. Sie könne hier nicht frei atmen. Eine undefinierbare Furcht schnüre ihr immerzu die Kehle ab.« Snow schüttelte grimmig den Kopf. »Wie ausgewechselt ist sie. Mein Gott, wenn ich nicht so gut erzogen wäre – ich weiß nicht, ob ich sie nicht verprügelt hätte…«
    »Gewalt wäre keine Lösung«, sagte Rodensky.
    »Anders kann man Melissa aber derzeit nicht Herr werden. Sie läßt keinen Einwand gelten, ist störrisch und hysterisch.«
    »Das alles kann sie doch unmöglich ohne Grund sein.«
    »Weit und breit
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