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Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Titel: Gillian Shields - Der Zauber der Steine
Autoren: Band 3
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weiße Messer unter ihren schwarzen Umhängen hervor und kamen auf uns zu. Doch hinter ihnen sah ich, wie Schatten über den Boden krochen, geschmeidig und lautlos wie Katzen.
    »Kundar!«, rief ich. »Steh uns zur Seite!«
    Die Kinsfolkkrieger stürzten sich auf die völlig überraschten Frauen, schlugen ihnen die Waffen aus der Hand und stießen sie zu Boden. Einige verteidigten sich, und man hörte das Klirren von Metall, das Bersten von Holz und schreckliche Kampfschreie. Die Dunklen Schwestern versuchten, uns trotzdem zu packen, aber die Kinsfolk bildeten einen Schutzwall um uns und wehrten die Attacken mit ihren langen Speeren ab. Blindwütig und zu allem bereit warfen sich die Frauen gegen die Speere. Überall herrschten Chaos und Verwirrung. Helen lag verletzt am Boden, Cal schwang eine Kampfaxt, die er einem Kinsfolkkrieger entrissen hatte. Evie und ich versuchten, uns durch das Schlachtgetümmel zu Helen durchzukämpfen. Alle drei klatschten wir in die Hände, murmelten Schutzbeschwörungen gegen die Angriffe und kauerten uns eng zusammen. Die Wucht der wütenden Attacken ließ langsam nach, zu groß war die Überlegenheit von Kundars kampferprobten Kriegern. Immer wieder wurden die Priesterinnen zurückgedrängt, verwundet von den scharf geschliffenen Speeren der Kinsfolk.
    Schon bald waren die meisten Frauen tot oder auf der Flucht, trotz Mrs Hartles wütender Kommandos. Nur die sechs tapfersten blieben übrig, bereit das eigene Leben für das ihrer Herrin zu opfern. Ich glaubte Miss Dalrymple unter ihnen zu erkennen. Kundar und seine Männer holten zum entscheidenden Schlag aus.
    »Halt!«, rief ich und rappelte mich wieder auf, »halt ein, Kundar. Wir wollen kein weiteres Blutvergießen.« Ich wandte mich an Mrs Hartle. »Wir werden niemals aufgeben, aber wir wollen auch nicht sinnlos weiterkämpfen und töten. Beenden Sie den Kampf! Geben Sie den Befehl, und lassen Sie uns in Frieden leben.«
    Eine unbehagliche Stille folgte. Die Dunklen Schwestern sahen ihre Herrin an und warteten auf ihre Entscheidung.
    »Erdfrau!«, zischte sie. »Geschaffen aus Schlamm und Stein und Staub! Du wirst mir nicht sagen, was ich zu tun habe! Ich kann dich mit einer Hand zerquetschen!« Sie war wie von Sinnen. Dann reckte sie die Arme in die Luft, fletschte die Zähne und murmelte: »Mein Herr und Gebieter … Allmächtiger Führer … sende mir deine dunkle Macht … sende mir die bittere unsterbliche Asche des Todes.«
    Der Himmel, der sich inzwischen aufgehellt hatte, verdunkelte sich wieder. Die Sterne erloschen. Beklemmende Schwärze verhüllte das Firmament und nahm mir die Luft zum Atmen. Die Kinsfolk stöhnten und wanden sich wimmernd am Boden, auch meine Freunde um mich herum bekamen kaum noch Luft. Mrs Hartle rief mit grausamer Stimme: » ES GESCHEHE NACH MEINEM WILLEN !« Sie zeigte auf uns, und Feuerblitze schossen aus ihren Fingern, die sich in abscheuliche Riesenschlangen verwandelten und uns zu ersticken drohten. Cal versuchte nach mir zu fassen, aber meine Arme waren wie gelähmt. Die letzte Luft wurde aus meinen Lungen gedrückt. Wieder einmal stand ich an der Schwelle des Todes. Sie würde gewinnen, die Priesterin würde gewinnen, und das Licht würde der Finsternis weichen. Aber das durfte nicht passieren, ich würde das nicht …
    Hab keine Angst. Aus irgendeinem Grund musste ich an Miss Scrattons Worte denken. Hab keine Angst vor dem, was du siehst. Es sind nur Träume und Visionen. Denk daran. Hab keine Angst.
    Und trotz allem, was geschehen war, glaubte ich ihr. Ich vertraute Miss Scratton immer noch.
    »Das alles existiert nur in unserer Fantasie!«, rief ich. »Es sind nur unsere Ängste! Fürchtet euch nicht, sie kann uns nichts tun.« Schon fühlte ich, wie die Schlangen von mir abfielen und die Dunkelheit sich aufhellte. Im nächsten Moment wurde ich von einem Lichtstrahl geblendet, der an der Ostseite des Steinkreises aufblitzte. Wahrscheinlich die Morgensonne, dachte ich verwirrt. Aber aus dem Lichtstrahl sprach eine Stimme zu mir. »Du hast ein gutes Gedächtnis.«
    Ich kannte die Stimme. Ich kniff die Augen zusammen und erkannte eine Frau in einem grauen Gewand, die auf einem weißen Pferd saß. Das Licht ging von ihr aus.
    »Miss … Miss Scratton?«
    Sie lachte. »Das ist nicht mein richtiger Name. Ich hoffe, eines Tages werde ich ihn dir verraten können. Aber zuerst gibt es noch etwas zu erledigen.«
    Dann verblasste das Licht, und Miss Scratton sah aus wie immer, obwohl sie dunkle
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