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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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einfach zu sicher
und deshalb so freundlich, freiwillig Vergleichsfingerabdrücke abzugeben. Und
die Fingerabdrücke auf dem Papiertuchspender in meinem Badezimmer stimmen
überein. Ihr linker kleiner Finger war der Bösewicht, vermute ich. Wollen Sie
nicht auch über den Einbruch einen Ihrer geistreichen Kommentare schreiben? Sie
können ja dann das Bild des kommentierenden Redakteurs neben das Bild des
Täters stellen.« Er verzog seine Gesichtszüge zu einer seltenen Grimasse, die
wohl so etwas wie Grinsen ausdrücken sollte.

35. ABSCHIED
    Je älter er wurde, desto mehr neigte Hubertus zur
Sentimentalität. Das fiel ihm auch bei seiner Abschlussrunde durch die Flure
der Tannenklinik auf. Obgleich er gerade mal eine gute Woche in dem Gebäude
gelebt hatte und der vorzeitige Abbruch der Reha seine eigene Entscheidung
gewesen war, fiel ihm dieser letzte Gang schwer. Die Erinnerungen stiegen in
ihm auf – Erinnerungen nicht zuletzt an »Narben-Dietrich«.
    »Alles gutt?«, fragte Schwester Svetlana, der auffiel, wie unfroh
Hummel wirkte.
    »Alles supärr«, murmelte Hubertus routiniert. Er hatte beschlossen,
sich bei den Menschen zu verabschieden, die er vermissen würde. Und Svetlana
gehörte ebenso dazu wie Dr. Auberle.
    »Ich habe doch gewusst, dass Sie das hier nicht durchziehen«,
erklärte der ihm gewohnt deutlich. »Aber dennoch muss ich mich wohl bei Ihnen
bedanken!«
    »Warum?« fragte Hummel verdutzt.
    »Weil Sie ja offenbar dazu beigetragen haben, dass Krieg bis auf
Weiteres auf Eis gelegt ist.« Er nahm die aktuelle Ausgabe des Kurier zur Hand,
die auf dem Schreibtisch lag. »Zumindest, wenn man dem Artikel dieses ganz
schön dick auftragenden Journalisten glauben darf.« Auberle suchte die richtige
Stelle und zitierte: »›Ich habe mich meines Lebens nicht mehr sicher gefühlt‹,
sagte Patient Hubertus Hummel (47), der sich zur Reduzierung seines
Übergewichts in der Tannenklinik aufhielt. Hummel hatte sich wegen der Vorgänge
an unsere Zeitung gewandt. ›Und dem Schwarzwälder Kurier möchte ich nun ganz
herzlich für die Hilfe danken‹, so Hummel überaus erleichtert.«
    Wegen Übergewichts in der Klinik? Er hatte Herzprobleme, verdammt
noch mal. Und was den Dank an Klaus betraf: von wegen!
    Die Nennung seines Namens in dem Artikel hätte ihn wahrscheinlich
endgültig auf die Abschussliste des einen oder anderen Klinikbediensteten
katapultiert. Ein weiterer Grund, sich von hier zu verabschieden.
    Typisch Klaus, das Ganze! Der strotzte wohl gerade vor
Selbstbewusstsein, denn er hatte entgegen der ursprünglichen Weisung des
Chefredakteurs nun doch wieder über die Vorgänge in der Tannenklinik schreiben
dürfen – immerhin hatte er dem Kurier damit tatsächlich zu einer wichtigen
Exklusivgeschichte verholfen. Der Artikel ging ja auch nicht mehr gegen die
Klinik, sondern speziell gegen Professor Krieg. Er war auf einem Foto zu sehen,
wie er in Handschellen vor der Tannenklinik stand. Die Bildunterschrift
lautete: »Das hässliche Gesicht der Medizin«. Ob sich Krieg das bieten lassen
würde? Riesles Selbstbewusstsein würde spätestens wieder erschüttert sein, wenn
er wegen des unrechtmäßigen Eindringens bei Thomsen wirklich vor Gericht käme.
Wie war denn die Sachlage, wenn man mit einem Nachschlüssel in eine Wohnung
eingedrungen war, aber dort gar nichts entwendet hatte?
    »Wissen Sie übrigens, wer nun kommissarischer ärztlicher Leiter der
Klinik ist?«, fragte Auberle, während er Hummel ein letztes Mal auf die Waage
nötigte.
    »Sie?«
    »Guter Witz! Nein, Dr. Hilbert«, sagte Auberle. »Vielen Dank, Sie
Hornochse. Das dürfte bedeuten, dass nicht nur die Krawattenpflicht für die
Ärzte erhalten bleibt, sondern wir uns wahrscheinlich bald noch in einen Frack
oder etwas Ähnliches zwängen müssen, um unseren Status zu unterstreichen. Außerdem
wird Hilbert keine einzige Unterschrift unter ein Dokument setzen, ohne es vorher
mit Krieg abzuklären. Ob der nun im Gefängnis sitzt oder wo auch immer.«
    »Wahrscheinlich kommt der eh bald wieder«, meinte Hummel resigniert.
»Wird sich mithilfe seiner Rechtsverdreher rauswinden.«
    »Ein unfähiger Arzt und unangenehmer Mensch, aber ein begabter
Krimineller.« Auberle nickte anerkennend. »Jemanden indirekt umzubringen, indem
man die Leber des Spenders zersetzt … Kein schlechter Plan.«
    »Nur mit dieser Erpressungsgeschichte wegen des Kurschattens
bin ich nicht weitergekommen«, bedauerte Hummel. »Können Sie mir denn nicht
wenigstens
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