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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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jetzt sagen, wer dieser renitente Patient war und ob Sie einen
Zusammenhang vermuten?«
    »Sie würden den Mann ohnehin nicht kennen. Kommt irgendwo aus dem
tiefen Schwarzwald. Eben ein Querulant. Ich glaube auch nicht, dass der
jemanden erpresst hat. War eben ein ständig unzufriedener Charakter.«
    Hummel war ebenfalls unzufrieden, verabschiedete sich aber durchaus
herzlich vom Arzt.
    »Wollen Sie gar nicht wissen, wie viel Sie wiegen?«, fragte Auberle,
als Hummel die Klinke schon in der Hand hatte.
    »Nicht unbedingt«, murmelte der.
    Auberle sagte es ihm trotzdem: »120,2 Kilo. Und jetzt vergleichen
wir mal mit dem Wiegen bei der Aufnahme …«
    Hummel winkte ab.
    »Punktlandung: Genau gleich viel«, freute sich Auberle.
    »Na, dann: Danke für Nichts«, gab Hummel zurück.
    »Herr Hummel, zum Schluss noch was Ernstes: Sie müssen wirklich was
an Ihrem Lebensstil ändern …«
    Hummel nickte schuldbewusst und wollte gerade die Tür hinter sich
zuziehen.
    Doch ein älterer Mann schob sich dazwischen und ließ einen
Redeschwall auf den armen Dr. Auberle los. Als er dessen Dialekt hörte, wusste
Hubertus, wo er den Alten schon einmal gesehen hatte: in liegender Position –
und zwar im Schwarzwald-Baar-Klinikum. Im Dreibettzimmer mit dem Türken.
    »I han’s doch immer g’wisst«, schimpfte der Mann, der mehrere
Ausgaben des Schwarzwälder Kurier in der Hand hielt: »Kranke Mensche krankes
Esse serviere – des isch krank«, zitierte er. Hubertus konnte durch die
geöffnete Tür sehen, wie sein schwieliger Finger auf Auberle zeigte: »I han
Ihne immer g’sagt, dass des Esse hier en Fraß isch. Und dass i davon no kränker
worde bin. Und hier« – er deutete auf die Zeitung – »isch de Beweis. Des gibt e
saftige Klage!« Der Alte war nicht zu stoppen: »Und überhaupt: Hausverbot wollet
ihr mir hier erteile? I glaub, ihr ticket nimme richtig?«
    »Herr Hummel«, winkte Auberle Hubertus hilfesuchend wieder ins
Behandlungszimmer zurück. »Das hier ist Herr Burger aus Schönwald. Der
sympathische Herr, über den wir kurz sprachen. Sie hatten doch noch eine Frage
an ihn wegen einer … was war es doch gleich?«
    Erpressung, dachte Hummel, doch da ergriff der Alte schon wieder das
Wort. »Jo, verdammt nomol, Sie sin doch de Herzkatheter us em
Schwarzwald-Baar-Klinikum! I han Sie doch vor Kure g’warnt! Un dann au no do –
in sellem Giftmischerlade! Hän Sie au mit sellem Arzt« – er deutete hinter
sich, wo Auberle in einer Mischung aus Ratlosigkeit und Vergnügen stand – »zum
due g’hät? Wollet Sie jetzt au die Klinik verklage?«
    »Nein«, mischte sich Auberle ein. »Herr Hummel wollte Sie etwas
anderes fragen.«
    Hubertus wurde verlegen. Er konnte den Alten ja schlecht darauf
ansprechen, ob er ein Erpresser war – so cholerisch, wie der sich hier
aufführte. Also ranpirschen. Wenn er nicht Täter war, wusste er vielleicht
etwas anderes über das Thema.
    Auberle genoss die Situation sichtlich.
    »Hmmm«, zögerte Hummel sich in die Frage hinein. »Waren Sie … also …
Hatten Sie in der Zeit hier auch mal einen Kurschatten? Und … sind damit
erpresst worden?«
    Der Alte war fassungslos: »Was? I? En Kurschatte? Sag emol: Was
bisch denn du für en Hansel?«
    Hummel überhörte die Beschimpfung, verzichtete aber darauf, den
Alten auch noch zu fragen, ob er als Urheber dieser Erpressung infrage kam.
    Noch an der Pforte hörte er ihn schimpfen.
    Auf dem Parkplatz winkte Hubertus dem Sachsen zu, hörte
aber gar nicht mehr hin, was dieser ihm noch an guten Ratschlägen erteilen
wollte.
    Als er auf der Straße in Richtung Mönchweiler fuhr, merkte Hummel,
wie sehr ihn die Geschehnisse aufgewühlt hatten. Er dachte an Krieg, Hilbert,
Narben-Dietrich und dessen todkranken Bruder. Würde der außer wegen Erpressung
auch als Mitschuldiger bei der fahrlässigen Tötung der Krebspatientin vor
Gericht kommen, weil er die Durchführung nicht verweigert hatte? Hermann
Reinstetter hatte gesagt, dass ihm eventuelle juristische Konsequenzen völlig
egal seien. In seiner Situation verständlich.
    Und bestand wirklich die Gefahr, dass Krieg weitgehend ungeschoren
davonkam? Seinem abstoßenden Anwalt zufolge, der Winterhalter mit allem
Möglichen gedroht hatte, schien das sogar wahrscheinlich.
    Hubertus beschloss einen schnellen Themenwechsel, sonst übermannte
ihn hier noch unbändige Wut.
    Er musste sich jetzt dringend um seine privaten Belange kümmern.
Sicher war er noch eine Weile krankgeschrieben. Das gab ihm die
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