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Gier

Gier

Titel: Gier
Autoren: Garry Disher
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kaugummikauenden Walter Matthau, und nicht zu vergessen Joe Don Baker, der ihm als fieser Mafia Hit Man Molly an den Fersen klebt. Die Thematik des Films – kleiner Ganove kommt unbeabsichtigt der Mafia in die Quere – taucht in den Wyatt-Romanen immer wieder auf. Wyatt ist aber trotz der offensichtlichen Gemeinsamkeiten mit den Vorbildern keine Kopie. Im Vergleich zu der emotionslos und eiskalt vorgehenden Richard-Stark-Figur Parker verleiht Disher seinem Helden durchaus menschliche Züge. Wyatt ist zwar wie Parker nahezu Small-Talk unfähig, weiß aber um die harmonisierende Wirkung auf seine Mitmenschen in Streßsituationen. Um seine geheime Identität nicht zu gefährden, trifft er normalerweise eine Frau nie zweimal. Gefühle zu einer Frau scheinen Wyatt zu verwirren. Er macht sich Gedanken ums Älterwerden, sogar ums Aussteigen, das Alleinsein geht ihm allmählich auf den Sack und nagt an ihm.
    Garry Disher hat sich kein einfaches Genre ausgesucht. Zumal internationaler Erfolg viel mit der Wahl des Handlungsortes zu tun zu haben scheint. Der Engländer Ted Lewis beispielsweise, der in den 70ern mit seiner sehr überzeugenden Jack Carter-Figur ein britisches Pendant zu Richard Starks Parker zu Papier brachte, verschwand nach erfolgreichem Start mehr oder weniger in der Versenkung, während amerikanische Autoren das Genre für sich gepachtet zu haben schienen. Australien als literarischer Handlungsort ist zwar ungewöhnlich, aber gewiß nichts Neues. Bedienten sich die bisher international erfolgreichen Romane eher historischer Ereignisse, und der einzigartigen Natur und Idylle, die auf Australien projektiert wird, so geben gerade die Städte des einstigen Sträflingskontinents eine sehr gute Kulisse für Crime Fiction ab. Beispielsweise war Melbourne durch Bombenanschläge, Massenmord und Gewalttätigkeit des öfteren ungewollt in den Schlagzeilen, von denen sich nicht etwa nur Garry Disher inspirieren läßt. Das Ausmaß und die Vielfältigkeit der Melbourner Unterweltaktivitäten nahm vor ein paar Jahren bereits der Age Journalist Tom Noble zum Anlaß für die Dokumentation Untold Violence. Die Praktik des Unterdrucksetzens von Bauherren, auf die sich der Rechtsanwalt Finn im hier vorliegenden ersten Wyatt-Roman spezialisiert hat, wurde beispielsweise Ende der achtziger in Melbourne aufgedeckt, machte Schlagzeilen und wurde vom State Parliament als eine Art legaler Erpressung bezeichnet. Auch gesellschaftlichen Zündstoff gibt es wahrlich genug. Mehr als zweihundert Jahre nach dem Beginn der weißen Besiedlung des fünften Kontinents spricht man derzeit 120 Sprachen, ein Großteil stammt aus Asien. Der südafrikanische Killer Bauer, ein Rassist par excellence, mit dem Wyatt sich in diesem Buch herumplagen muß, hat jedenfalls so seine eigenen Vorstellungen von Multikultur.
     
    *
     
    Auch auf die Gefahr hin, daß Garry Dishers Wyatt-Romane vielleicht einen Tick zu speziell und momentan nicht trendy genug für den Mainstream-Markt sind, hoffen wir doch, daß er bei Pulp Master seinen Status als Geheimtip weiter vorantreiben kann, und freuen uns jetzt schon auf seinen nächsten Coup aus Down Under!

Eins
    Ein Ruck ging durch Wyatt. In der Auffahrt der Fromes war ein silberner BMW aufgetaucht. Die Scheinwerfer senkten sich, kamen wieder auf die richtige Höhe, als der Wagen auf die Lansell Road fuhr. Wyatt zählte die Köpfe. Frome am Steuer, seine Frau neben sich, die Kinder hinten. Er überprüfte die Zeit – 20.00 Uhr – und sah den BMW Richtung Toorak Road verschwinden.
    »Los geht’s«, sagte Sugarfoot Younger.
    Er griff nach dem Schlüssel im Zündschloß, aber bevor er ihn umdrehen konnte, umschlossen Wyatts Finger sein Handgelenk wie eine Stahlklaue. Sugarfoot sah sich um. In Wyatts schmalem Gesicht saßen die Augen eng und entschlossen.
    »Wir warten«, sagte Wyatt.
    Sugerfoot riß seine Hand los. »Verdammt, worauf denn?«
    »Die Leute vergessen Sachen, Sugar. Sie fangen an zu frieren und kommen zurück, um ihre Mäntel zu holen. Wir warten.«
    »Aha«, sagte Sugarfoot Younger verächtlich.
    Er zündete sich eine Zigarette an. Das Streichholz flammte auf, beleuchtete sein klotziges Gesicht, seinen Ekel vor der Welt, Wyatt und dem ganzen Mist drum herum. Er warf das Streichholz aus dem Fenster und fing an, an seinen Haaren zu zupfen, die zu einem kurzen Pferdeschwanz an seinem Hinterkopf zusammengefaßt waren. »Erste Lektion«, sagte er, und blies einen Rauchring gegen die Windschutzscheibe, um
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