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Gier

Gier

Titel: Gier
Autoren: Garry Disher
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Pistole unter Sugarfoots Gürtel hervor und bohrte sie in Sugarfoots Magengrube. »Fahr weiter«, sagte er. Als sie den Kreisel passiert hatten und sich auf der Brücke befanden, sagte er: »Wir fangen noch mal an. Was hast du mit der Frau gemacht?«
    Sugarfoot jammerte vor Schmerz: »Nichts, was meinst du?«
    Wyatt drückte wieder zu. »Sie ist tot. Du hast sie umgebracht.«
    Sugarfoot schluckte und schüttelte den Kopf. »Nein, Kumpel. Ich war’s nicht.«
    »Du hast ihr Angst eingejagt«, sagte Wyatt. »Das hat sie umgebracht. Jeder, der mit gestohlenem Zeug aus diesem Haus erwischt wird, steht unter Mordverdacht.«
    »Ich habe sie kaum angefaßt«, sagte Sugarfoot und zuckte unruhig mit den Achseln. »Es war die Art, wie sie mich angesehen hat. Du weißt schon.«
    Wyatt lehnte sich zurück, drehte sein bleiches Gesicht zum Fenster. Sugarfoot bog links ab und folgte der Abfahrt zum South Eastern Freeway. Die Funkstimme der Taxizentrale wurde je nach Lage des Senders schwächer oder stärker. Das Taxameter klickte: Fünfunddreißig Dollar, sechsunddreißig Dollar, siebenunddreißig.
    Es war Freitagabend, viel Verkehr. Sugarfoot klopfte Sprüche, als wäre nichts geschehen: »Sieh mal, wie dieses Arschloch fährt … besorg dir ’ne Brille … mach’s mir, Süße.«
    Wieder überquerten sie den Fluß und folgten ihm zu den Zufahrtsstraßen des Westgate Freeway. Wyatt sah hinaus in die Nacht. Vor ihnen erhob sich die beleuchtete Brücke in einem Rechtsbogen, in der Dunkelheit wirkte sie fremd auf ihn, wie eine Brücke in einer anderen Stadt.
    Während der langen Abfahrt nach Footscray verfiel Sugarfoot in Schweigen. Als er wieder sprach, klang er selbstbewußt, als suchte er nach Anerkennung. »Dieses Bild«, sagte er, »war ein Tom Roberts, ein Vermögen wert. Letztes Jahr hat Ivan einen vertickt.«
    Wyatt beachtete ihn nicht. Er hatte Aerobic-Trainer und Klempner getroffen, die jetzt Galerien betrieben, deswegen überraschte ihn nicht, daß die Youngers sich mit Kunst auskannten. Schließlich sagte er: »Es war nicht auf Ivans Liste, das bedeutet, es war nicht versichert. Es wäre sinnlos gewesen, wenn wir es mitgenommen hätten.«
    »Dämliche Liste«, sagte Sugarfoot.
    Er verringerte die Geschwindigkeit des Taxis. Sie befanden sich jetzt in der Nähe von Bargain City, dem Second-Hand-Trödelladen seines Bruders, in einer flachen, windigen Seitenstraße abseits der Williamstown Road. Auf der einen Seite ein St. Vincent de Paul Geschäft, auf der anderen eine Videothek. Autos parkten in zweiter Reihe auf der Straße, ihre Fahrer brachten Videos zurück oder liehen sich welche aus.
    »Fahr von hinten ran«, sagte Wyatt.
    Sugarfoot steuerte in eine Gasse und parkte vor der Hintertür von Ivans Lagerraum, hinter einem weißen Statesman. Ein Lichtstreifen schimmerte unter der Tür. »Warte hier«, sagte Wyatt. Er stieg aus, klopfte an die Tür des Lagerraums und wartete.
    Eine hohe, gepreßte Stimme sagte: »Ja?«
    »Wir sind’s«, sagte Wyatt. Ein Schüssel wurde umgedreht, ein Riegel glitt zurück. Die Tür öffnete sich und Ivan Younger fragte: »Alles gutgegangen?«
    Wyatt antwortete nicht. Er machte eine Kopfbewegung Richtung Taxi: »Kümmert sich jemand drum?«
    »Der Fahrer der Tagesschicht holt’s morgen früh ab, wie üblich«, sagte Ivan. Er ging zum Wagen und beugte sich in das Fahrerfenster. »Stell ihn vorne ab, Sugar, dann komm von hinten herein.«
    Wyatt folgte Ivan durch die Hintertür. Der Lagerraum war groß, grau und düster, Betonblöcke und Stahlträger. Metallregale reihten sich an den Wänden. Neben aufgerissenen Lehnstühlen, verzogenen Tischplatten und verkratzten Hi-FiSchränken waren Kartons auf dem Boden gestapelt. Das einzige Licht kam von einer Neonröhre an der Decke.
    »So«, sagte Ivan Younger. »Alles glattgegangen?«
    Wyatt betrachtete ihn düster. Er hatte schon mal mit Ivan Younger gearbeitet. Ivan glaubte an die Vielfalt. Für Geld beschaffte er gefälschte Papiere, Sprengstoff, Gewehre, einen Schönheitschirurgen, Grundrisse, Chipkarten für Sicherheitssysteme, einen ›legitimen‹ Satz Reifen. Er hatte Kontakt zur Telekom, die ihm Telefonschaltungen in seine illegalen Clubs beschaffte. Heiße TV-Geräte und PCs kaufte er für zwanzig Cents pro Dollar an. Im Versicherungsbetrug war er eine Art Mittelsmann, handelte mit dem Geschädigten einen Anteil am Finderlohn oder an der Erstattung aus, so wie bei dem Job heute nacht. Er schmierte Versicherungsangestellte und Polizisten
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