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Gier

Gier

Titel: Gier
Autoren: Garry Disher
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sein, doch Wyatt zog erneut die Pistole. »Meine Fünftausend.«
    »Fick dich.«
    Da standen sie und starrten einander an. Wyatt dachte nach. Stillstand. Verschwendete Zeit. Er wollte keine Feindschaft, und je länger er hier herumhing, desto gefährlicher wurde es. Die Pistole noch immer im Anschlag, bückte er sich, nahm das kleine Bild hoch und warf es in ein tiefes Waschbecken.
    Ivan rief: »Was machst du denn da, verdammt?«
    Wyatt reagierte nicht darauf. Er zerschmetterte das Glas mit dem Pistolenkolben, zerbrach den Holzrahmen und ließ das Bild ins Becken fallen.
    »Mein Gott, Wyatt!« Ivan beobachtete dumpf, wie Wyatt das Bild mit Methylalkohol übergoß und es in Brand setzte.
    »Es ist ein Whiteley«, sagte Ivan. »Weißt du, was einer von ihnen wert ist?«
    Wyatt kannte Whiteleys. Wenn er wollte, konnte er jede Menge Whiteleys in jedem zweiten Haus in Toorak stehlen. Er beobachtete, wie das Bild zu Asche wurde, sagte: »Bleib mir vom Leib« und schlug die Tür hinter sich zu.

Drei
    Ivan war froh, daß Wyatt weg war, dennoch war er nicht zufrieden. Zwar hatte er ihn um seine fünftausend Dollar gebracht, aber es war ein hohler Sieg. Denn Wyatt gehörte nicht zu der Sorte, der man mal eben so in die Quere kam. Er redete sich ein, daß er es wegen Wyatts Arroganz getan hatte, wegen der Art, wie er Sugarfoot zusammengefaltet hatte.
    Er bückte sich und zog seinem Bruder am Ohr: »Steh auf.«
    Sugarfoot kam langsam zu sich.
    »Steh auf. Ich will wissen, was heute abend passiert ist.«
    Sugarfoot verlagerte sein Gewicht auf die Hände, dann auf die Knie und schließlich stand er. Er schwankte, betastete sein Gesicht und sah seine Hände an. Sie waren blutverschmiert.
    »Schau, was die Fotze mir angetan hat.«
    »Ich werde noch einen drauflegen, wenn du mir nicht sofort erzählst, was passiert ist.«
    Sugarfoot zuckte mit den Achseln, sein schlaffes, aufgedunsenes Gesicht wirkte zunehmend verdrossener. »Die Haushälterin, was wohl sonst? In der einen Minute geht’s ihr gut, in der nächsten macht sie schlapp.«
    »Mein Gott.«
    »Sie muß was am Herz gehabt haben.«
    Ivan starrte seinen Bruder an. »Du hast nicht zufällig etwas nachgeholfen?«
    »Nein, ich schwöre –«
    »Ach, verpiss dich. Ich will nichts mehr davon hören.«
    Ivan lehnte sich gegen die Werkbank und versuchte, sich zu konzentrieren. Wyatt würde nichts ausplaudern. Aber der Sachbearbeiter der Versicherung würde geschmiert werden müssen, sollte er plötzlich eine Art Gewissen entwickeln.
    Dieser dämliche Sugar. Ein Superschwachkopf. Dieses Whiteley-Bild hätte sie alle nach Pentridge befördern können.
    Er sagte scharf: »Hör zu – hast du irgend etwas anderes mitgehen lassen?«
    »Nichts«, sagte Sugarfoot. »Hör zu, es tut mir leid, okay?«
    Ivan betrachtete seinen Bruder mürrisch. Sugarfoot: Ein Witz von einem Namen, und dieser Schwachkopf war auch noch stolz darauf. Mit zwölf war er zum ersten Mal verhaftet worden. Darauf folgten zehn Haftstrafen, die von vier Tagen bis zu achtzehn Monaten reichten: Körperverletzung, Erpressung, Sozialhilfebetrug, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz.
    Er packte Sugarfoots Kopf mit einem Klammergriff. Die Augen sahen normal aus. Wann immer Sugar auf Koks, Angel Dust oder sonst was war, verkleinerten sich seine Pupillen.
    Sugarfoot schüttelte ihn ab. »Laß mich los.«
    »Ich hatte dich gebeten, dein Hirn zu benutzen«, sagte Ivan. »Und was passiert? Ich werde dich wieder zum Schulden eintreiben schicken müssen.«
    Sugarfoot betupfte sein Gesicht mit einem Taschentuch. Er fröstelte in der kühlen Luft des Lagerraumes. »Ich werde mich verändern. Ich mache mich selbständig.«
    »Ach, tatsächlich. Und womit? Alte Damen überfallen?«
    Sugarfoot wurde rot: »Wyatt bereitet irgend etwas vor. Ich werde –«
    Ivan packte ihn am Hemd. »Wenn das so ist und er dich herumlungern sieht, wird er dich allemachen, ohne eine Frage zu stellen. Geh ihm aus dem Weg.«
    Sugarfoot sah hinunter auf die Hand seines Bruders. Mit einem überheblichen Gesichtsausdruck packte er sie und betrachtete befriedigt, wie Ivans Hand zurückzuckte. »Siehst du mein Gesicht? Vermutlich soll ich ihn damit davonkommen lassen?«
    »Er spielt in einer anderen Liga«, sagte Ivan. »Weißt du was? Nimm dir das Wochenende frei. Wir werden sehen, was wir nächste Woche für dich finden.«
    Allzuviel ändern würde sich nicht, dachte Ivan. Ihr bestehendes Arrangement funktionierte doch recht nett. Sugar arbeitete mit den
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