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Gewagt - Gewonnen

Gewagt - Gewonnen

Titel: Gewagt - Gewonnen
Autoren: Berte Bratt
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Haar.
    Als sie vor dem Spiegel stand, erblickte sie in ihm Mostvedts Gesicht. Er stand hinter ihr und betrachtete ihr Spiegelbild.
    „Sie sind mächtig tüchtig“, sagte er nur.
    Astrids Wangen glühten. „Das höre ich sehr gern“, sagte sie. Mostvedt kam näher. Er sah jetzt sich selbst im Spiegel und zog den Taschenkamm durch sein schwarzes Haar.
    „Haben Sie wirklich keinerlei Vorkenntnisse auf diesem Gebiet mitgebracht?“ fragte er.
    „Ich habe an einem Kursus in Erster Hilfe teilgenommen“, antwortete sie. „Aber Sie wissen ja, ich habe Tiere sehr gern, und so…“
    „Tiere kann man auf verschiedene Weise gern haben“, sagte Mostvedt. „Ich habe genügend junge Damen kennengelernt, deren Tierliebe sich nur darin zeigte, daß sie ihrem Hund Zucker gaben und die Katze nachts bei sich im Bett schlafen ließen, die aber hysterisch wurden, wenn sie ein krankes Tier halten sollten, damit es untersucht werden könnte.“
    „Aber das muß doch sein“, sagte Astrid. „Und ich finde es einfach genug.“
    „Das finden Sie… ha!“
    Das Telefon meldete sich wieder.
    Aus irgendeinem Grunde klopfte Astrids Herz ungewöhnlich heftig, während sie mit einem Bauern sprach, der durchaus wollte, daß der Tierarzt seine besten Milchkühe ansähe.
    Am Schluß der Sprechstunde legte sie Mostvedt den Telefonblock zur Kenntnisnahme vor.
    „Kapseln von Silberfüchsen bei Guttorm Ospedal. Bestand von 30 Tieren. Würmer nicht nachgewiesen.“
    „Zwei Kühe bei Sigvald Stenfoss. Vermutlich Euterentzündung.“
    „Direktor Brandt-Jensen. Unerklärliche Lähmung bei vier Jahre alter Airedalehündin. Temperatur nicht gemessen. Tier zu nervös. Krank seit gestern.“
    „Frau Dr. Regstadt bestellt Impfstoff für drei Monate alten schottischen Terrier.“
    Mostvedt blickte von dem Telefonblock auf.
    „Impfstoffbestellungen brauchen Sie mir nicht vorzulegen“, sagte er. „Tragen Sie sie nur ein, und sorgen Sie von sich aus dafür, daß wir eine angemessene Zahl von Ampullen im Kühlschrank haben. Dasselbe gilt für Penicillin. Im übrigen sind Ihre Notizen erfreulich klar. – Und jetzt muß ich der Airedalehündin wohl einen Besuch abstatten. Die Silberfüchse können bis morgen warten.“
    Mostvedt verabschiedete sich mit ein paar freundlichen Worten und verschwand. Astrid begann aufzuräumen.
    Sie war unsagbar froh und zufrieden. Es war aber auch gar zu schön, daß der Tierarzt sie so gelobt hatte.
    Eigentlich geschah es zum ersten Male, daß sie ohne jede Einschränkung gelobt wurde. Gewiß, die Mutter hatte oft gesagt: „Du bist ein flinkes Mädchen, Astrid!“, und in der Schule war sie wegen ihrer Ordnungsliebe und Pflichterfüllung gelobt worden. Aber das hier war etwas ganz anderes. Hier handelte es sich nicht lediglich um Ordnungsliebe und Zuverlässigkeit; hier hatte sie noch etwas darüber hinaus geleistet, und das machte sie glücklich.
    Einen Monat Probezeit, hatte der Tierarzt gesagt. Nun ja. Sie konnte nicht behaupten, daß sie fürchtete, sie würde nach Ablauf dieser Probezeit an die Luft gesetzt werden. Aber der bloße Gedanke, ihre Arbeit hier könne einmal ein Ende finden, erfüllte sie mit einer solchen Angst, daß ihr dabei glühend heiß wurde. Bei dieser Arbeit gab sie ihr Bestes. Hier hatte sie eine Aufgabe gefunden, die ihr lag. Bisher hatte sie ja gar nicht gewußt, was Arbeitsfreude war. Was sollte sie anfangen, wenn alles dies eines Tages ein Ende hatte?
    Sie schaltete den Strom des Instrumentenkochers ab, fischte die Instrumente heraus und rieb sie mit einem Stück keimfreien Mulls blank, bevor sie sie in den Schrank legte. Die Injektionsnadeln wurden in den Sterilisator gesetzt, die gebrauchten Handtücher in den dazu bestimmten Korb geworfen und reine an den Haken aufgehängt. Das Staubwischen besorgte sie am Morgen.
    Nun war sie für heute fertig. Ach, der Arbeitstag war gar zu kurz! Sie hätte nichts dagegen gehabt, wenn der Tierarzt sie bei seinen Rundfahrten zu kranken Kühen und zu den Silberfüchsen hätte brauchen können. Aber sie war ja als Bürokraft angestellt – wenn auch immer mehr Tätigkeiten unter den Begriff „Büroarbeit“ fielen!
    Astrid verstand nicht und suchte auch gar nicht zu begreifen, weshalb eine so überströmende Freude ihr Herz erfüllte. Aber die Freude war da. Und als das Telefon wiederum läutete – nach Schluß der Bürozeit, aber das kam ja vor –, machte die Freude ihre Stimme hell und liebenswürdig, als sie die gewohnten Worte sprach:
    „Hier
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