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Gewagt - Gewonnen

Gewagt - Gewonnen

Titel: Gewagt - Gewonnen
Autoren: Berte Bratt
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in das Sprechzimmer.
    „Das hätten Sie gleich tun sollen“, brummte der Tierarzt, „statt das Dienstmädchen zu schicken und… Wie heißt der Hund eigentlich?“
    „Das weiß ich nicht“, sagte Astrid.
    „Das wissen Sie nicht?!“ Jetzt erst sah der Tierarzt Astrid richtig an.
    „Ich habe ihn nie in meinem Leben gesehen. Aber ich kann ihn gut halten.“
    „Sie müssen entschuldigen!“ Der Tierarzt wurde rot. „Sehen Sie, es ist nur eine Kleinigkeit. Eine Wolfsklaue muß beschnitten werden. Aber der Hund ist so nervös, und ich möchte nicht gern Gewalt anwenden, denn dann bekommt er nur Angst.“
    Astrid strich immer wieder über das struppige Fell.
    „Ist es diese Pfote?… Natürlich!… Da haben wir es ja!“ Immer wieder streichelte sie den Hund, und schließlich barg er seinen Kopf unter ihrem Arm.
    Mit schneller und geübter Hand beschnitt der Tierarzt die Wolfsklaue und zog die Spitze heraus, die sich in die Pfote gebohrt hatte und im Begriff war, eine Entzündung zu verursachen. Der Hund jaulte laut auf und wollte sich losreißen.
    „So… so!“ sagte Astrid. Sie hielt das Tier fest, redete aber sanft und freundlich mit ihm. „Etwas mußt du noch stillhalten, kleiner Bursche. Siehst du! Es ist ja schon alles überstanden!“
    Der Hund beruhigte sich und ließ es sich gefallen, daß die Wunde gewaschen und mit einem kleinen Verband versehen wurde.
    „Fertig!“ sagte der Tierarzt.
    Sie setzte den Hund auf den Fußboden. Er beschnupperte sie, setzte sich vor sie hin und legte seinen Kopf auf ihren Schoß. „Vielen Dank für die Hilfe!“ sagte Tierarzt Mostvedt. „Ich bitte tausendmal um Entschuldigung. – Und was kann ich für Sie tun?“
    Das kleine Zwischenspiel mit dem Hund hatte Astrid gerade soviel Mut verliehen, wie sie benötigte. Sie dachte daher nicht daran, erst noch lange Umschweife zu machen.
    „Ich komme wegen der freien Stelle“, sagte sie.
    Per Mostvedt nahm die Brille ab und betrachtete sie. Dann lächelte er.
    „Es klingt natürlich etwas dumm, wenn ich Sie jetzt nach Ihren Fähigkeiten frage“, sagte er. „Aber… verstehen Sie etwas von Büroarbeit?“
    „Maschinenschreiben und Buchführung“, sagte Astrid.
    „Und sind Sie…?“
    „Sauber… und so ordentlich, daß es schon beinahe langweilig ist“, sagte Astrid, indem sie, ohne es selber zu merken, einen Ausdruck gebrauchte, den ihr Bruder Hein gern verwandte, wenn von ihr die Rede war.
    Mostvedt lachte.
    „Name? – Alter?“
    Astrid machte ihre Angaben.
    „Und weshalb bewerben Sie sich gerade um diese Stelle?“
    „Weil ich Tiere gern habe und mich gut mit ihnen verstehe.“
    „Aber sind Sie sich auch klar darüber, daß so eine Wolfsklaue eine Bagatelle ist? Sie sagen, Sie haben Tiere gern. Können Sie aber auch ruhig zusehen und mir helfen, wenn wir einem Tier einmal wirklich weh tun müssen? Es ist nun einmal so, daß sich das nicht immer vermeiden läßt. Können Sie bei einer Operation assistieren? Und was sagen Sie, wenn Sie einen bösartigen Hund vor sich haben, der so groß ist wie ein Kalb?“
    Astrid lachte. Sie hatte sich nie so froh und frei gefühlt.
    „Nur her damit!“ sagte sie. „Und was Ihre übrigen Fragen angeht, so glaube ich schon, daß ich das kann. Ich falle nicht in Ohnmacht, wenn ich Blut sehe. Und ich weiß ja, daß Schmerzen sich nicht immer vermeiden lassen. Aber dürfte ich Sie fragen… haben Sie immer nur Hunde zu behandeln?“
    „Hier in meiner Sprechstunde werden nur Hunde und Katzen behandelt. Selbstverständlich habe ich aber auch eine große Praxis außerhalb der Stadt. Doch damit bekommen Sie nichts zu tun, Fräulein Liberg. Wollen wir einen Versuch machen? Sagen wir: einen Monat auf Probe?“
    „Furchtbar gern“, sagte Astrid, und ihr Herz klopfte wild vor Freude.
    Nun führte Mostvedt sie in seinem blanken, vor Sauberkeit glänzenden Sprechzimmer herum. Er zeigte ihr, wie die Instrumente ausgekocht würden, und klärte sie über die Bedeutung all der Flaschen und Näpfe auf, die in dem großen gläsernen Eckschrank standen. Sie wurden einen Augenblick unterbrochen, als der kleine graue Hund abgeholt wurde. Dann nahm die Unterweisung ihren Fortgang. „Sie übernehmen diese Kartothek. Ich führe natürlich über all meine vierbeinigen Patienten Buch und…“
    Es wurde an die Tür geklopft. Ein junges Mädchen kam etwas zaghaft herein.
    „Entschuldigen Sie! Ich komme wegen der freien Stelle…“
    „Bedaure“, sagte Mostvedt. „Ist schon
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