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Gewagt - Gewonnen

Gewagt - Gewonnen

Titel: Gewagt - Gewonnen
Autoren: Berte Bratt
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bei Tierarzt Mostvedt…“

Was sollte ich wohl ohne Sie machen?
     
     
    „Fachsimpelei!“ sagte Hein und reckte die Hand nach der Kartoffelschüssel.
    „Fach… Meinst du mich? Fachsimple ich?“
    „Natürlich. Glaubst du, ich meinte Mutti? Was würdest du wohl sagen, wenn ich anfangen wollte, von Goldschmelzen und Silberhämmern zu erzählen?“
    „Hein!“ sagte Frau Liberg streng. „Vergiß bitte nicht, daß ich Astrid gebeten habe zu erzählen. Ich höre ihr gern zu.“ Aber Astrid wurde feuerrot.
    Pah! Da hatte sie nun jeden Tag beim Mittagessen alles mögliche von der Arbeit des Tages erzählt: von den kranken Katzen und Hunden, von geängstigten und scheuen Tieren und von merkwürdigen und dummen und komischen Menschen, die mit ihren vierbeinigen Lieblingen angezogen kamen; sie hatte von Behandlungen erzählt und von Operationen und… nun ja, von allem möglichen, und jetzt mußte sie hören, daß sie fachsimpelte. Sie blickte auf ihren Teller und biß sich auf die Lippe.
    Frau Liberg sandte Hein einen strafenden Blick, aber er sah es nicht.
    Astrid war immer empfindlich gewesen, und dieses Neue – ihre Arbeit, die Lob und Anerkennung fand – war noch so frisch und ungewohnt, ihre Freude war so rührend und ihre Vertrauensseligkeit, mit der sie die unbedeutendsten Kleinigkeiten nicht minder eifrig erzählte als die wesentlichen Begebenheiten, so grenzenlos das Leuchten ihrer Augen, die Glut in ihren Wangen so überzeugend, daß die Mutter ihre Freude daran hatte. Und nun mußte dieser gedankenlose Junge mit einer so taktlosen Bemerkung kommen!
    Astrid wußte, was die Mutter dachte. Und sie wußte auch, daß sie sich bei der ersten Gelegenheit Hein unter vier Augen vornehmen würde. „Du sollst dich wirklich schämen, Hein! Wie konntest du ihr nur ihre ganze Freude verderben… jetzt, wo sie endlich eine ihr zusagende Arbeit gefunden hat! Du solltest nett zu deiner Schwester sein und Verständnis für sie haben, denn im Grunde kann sie einem doch leid tun, die Ärmste…“ Ja, so etwa würde sie sprechen!
    Die Ärmste… Leid tun… Ha! Wie sie diese Worte haßte! Sie wollte keine „Ärmste“ sein, sie wollte nicht bedauert werden, und Hein konnte lange warten, wenn er glaubte, sie würde beim Mittagessen je wieder den Mund aufmachen! Jedenfalls die Wörter „Hund“, „Katze“ oder „Tierarzt“ sollten nie mehr über ihre Lippen kommen!
    Sie hatte richtig geraten. Einige Zeit nach dem Mittagessen ging Frau Libert – wie zufällig – in Heins Zimmer.
    Ha! Jetzt wurde über Astrid diskutiert! Jetzt wurde sie bedauert!
    Wenn es doch erst morgen wäre und sie ins Büro gehen könnte! Wenn Tierarzt Mostvedts Sprechstunde doch doppelt so lange und noch länger dauern würde.
    Sie war am nächsten Tage frühzeitig an ihrer Arbeitsstätte, so frühzeitig, daß sie tatsächlich eine halbe Stunde untätig dasaß und darauf wartete, daß Mostvedt kam. Aber kurz vor dem Beginn der Sprechstunde klopfte es an die Tür, und eine junge Dame trat ein.
    „Ist der Tierarzt zu sprechen?“
    „Noch nicht. Die Sprechstunde beginnt erst in etwa zehn Minuten.“
    „So? Hören Sie! Wollen Sie ihn bitten, sich diese Kaninchenleber hier anzusehen? Ich habe gestern geschlachtet und dabei die Entdeckung gemacht, daß zwei von den Tieren krank sein müssen. Entweder haben sie die Kaninchenpest oder Pseudotuberkulose – wenn ich das Buch über Kaninchen richtig verstanden habe. Wenn das ansteckend ist – was ich fürchte –, dann muß Herr Mostvedt so freundlich sein, so bald wie möglich zu mir herauszukommen.“
    Astrid notierte.
    „Haben Sie einen großen Bestand?“
    „Vorläufig nicht. Nur sechsunddreißig Tiere. Aber es sind große Chinchillakaninchen, und die sind schwer zu bekommen. Ich habe im Sinn, eine Pelztierfarm einzurichten, und es wäre eine Katastrophe für mich, wenn mir die Tiere eingingen, bevor ich auch nur einen einzigen Pelzkragen bekommen habe.“
    „Ihr Name, bitte?“
    „Gerda Harder. Herr Mostvedt kennt meinen Vater gut. Aber ich muß jetzt gehen. Ich habe meinen Wagen unvorschriftsmäßig geparkt. Ich komme kurz vor eins wieder. Vielen Dank, Fräulein.“
    Astrid lächelte vor sich hin. Ein flottes Mädchen – Fräulein Harder! Klar im Ausdruck und geschäftsmäßig. Ihr vom Wetter gebräuntes Gesicht war ganz natürlich, ohne jede Aufmachung. Astrid waren auch ihre Hände aufgefallen. Es waren starke, von der Sonne gebräunte, richtige Arbeitshände. Schade, wenn die
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