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Geteiltes Geheimnis

Geteiltes Geheimnis

Titel: Geteiltes Geheimnis
Autoren: L. Marie Adeline
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Kündige nicht. Bitte. Ich brauche dich. Ich meine, als Mitarbeiterin. Dell ist … schon eine ältere Frau, und Tracina wird schon bald keine große Hilfe mehr sein. Bitte. Wenn du gehst, bin ich geliefert.« Bittend faltete er die Hände unter dem Kinn. Wie konnte ich diesen Mann verlassen, der so in der Klemme saß? Er hatte mir schließlich damals auch aus einer Notsituation geholfen, indem er mich angestellt hatte.
    »Okay, aber es muss Grenzen geben. Wir können nicht so wie jetzt im Flur herumstehen und miteinander flüstern«, antwortete ich.
    Er stemmte die Hände in die Hüften, wartete einen Augenblick, um diese Bedingung zu überdenken, dann nickte er, den Blick zu Boden gerichtet.
    Die Hormone, die der Sex mit ihm freigesetzt hatte, pulsierten noch immer durch meinen Körper. Wir brauchten klare Regeln, bis sie verebbten.
    Vielleicht war Will zuerst gar nicht glücklich über das Baby, vielleicht hatte es ihn tatsächlich völlig überrascht, und er war über unsere vereitelte Beziehung ebenso enttäuscht wie ich. Sollte dem so sein, hatte man es ihm in d en vergangenen anderthalb Monaten zumindest nicht angemerkt. Am Anfang hatte seine Fürsorge für Tracina noc h etwas sehr Verkniffenes. Aber sehr bald schon mutierte er zum Vorzeige-Superpartner, der nie einen Arzttermin verpasste, sogar die Bücher las, die sonst nur schwangere Frauen mit Eselsohren versehen, und der Tracina immer aus seinem Truck hinaus und wieder hinein half. Dadurch wurde auch Tracina deutlich umgänglicher. Letztlich bewirkte ihre Freundlichkeit allerdings, dass ihr eigenes Leben leichter und das ihrer Umgebung etwas schwerer wurde.
    Kurz vor Ende meiner Schicht half ich Dell noch, eine Gesellschaft von sechs Leuten zu bedienen. Ich hatte bereits die Kasse gemacht, füllte die Gewürzfläschchen nach und wischte die Tische ab. Ich wollte heute Abend zunächst laufen und anschließend früh zu Bett gehen. In diesem Augenblick kam Tracina die Treppe herunter und rieb sich den Nacken. Sie sah blass aus, sodass wir nicht überrascht waren, als sie verkündete, dass sie heute früher gehen wollte. »Mir ist total schlecht. Ich habe das Gefühl, dass ich mich gleich übergeben muss. Will hat gesagt, ich soll nach Hause gehen. Tut mir leid, Mädels. Kann nur besser werden.«
    Dell konnte unmöglich das Abendessen allein servieren. Ich gab vor, verärgert zu sein, aber in Wirklichkeit wollte ich bleiben. Ich brauchte das Geld und hatte nichts Besseres zu tun. Außerdem bestand jetzt die einmalige, schreckliche und schmerzhafte Chance, zufällig allein mit Will zu sein – etwas, nach dem ich mich trotz der aufrichtigen Bemühung, es zu vermeiden, sehnte.
    Und so kam es, dass eine Stunde später, nachdem die meisten Gäste gegangen waren und erneut ein paar Minuten gehämmert worden war, seine schwermütige Stimme von oben rief. »Könnte mal eben bitte jemand kommen? Ich brauche eine helfende Hand. Cassie? Bist du da?«
    Statt nach oben zu eilen, wartete ich darauf, dass Dell die letzten Teller für unsere restlichen Kunden garnierte.
    »Bitte! Es dauert auch nicht lang!«
    »Hörst du den Mann da oben? Oder kann nur ich ihn hören?«, murmelte Dell und gab mir die scharfen Spezial-Truthahnsandwiches.
    »Ich habe ihn gehört.«
    »Gut, denn ich heiße nicht Cassie.«
    »Ich komme!«, rief ich über die Schulter hinweg und dachte im gleichen Moment: Das sollte jetzt kein Wortspiel sein . Na, immerhin hatte ich mir meinen Sinn für Humor bewahrt.
    Ich stellte die Teller wieder ab und stieg die Treppenstufen hinauf. Ich erinnerte mich plötzlich an den gespielten Sturz von Kit DeMarco, der mir vor besagten sechs Wochen meinen Platz neben Angela Rejean in der Burlesque-Show eingebracht hatte. Damals hatte ich keine Ahnung gehabt, dass die beiden ebenfalls zu S.E.C.R.E.T. gehörten.
    Auf der Treppe holten mich weitere Erinnerungen ein: Wills Gesicht über mir, voller Ekstase, die Straßenlaternen, die seine Züge beleuchteten. »Das wünsche ich mir seit dem Tag, an dem wir uns kennengelernt haben«, hatte er geflüstert, als ich unter ihm lag. Ich wollte dich auch, Will. Mir war nur nicht klar, wie sehr . Wann wird das je aufhören? Wann tun Erinnerungen nicht mehr so weh?
    Wenn er jetzt noch mal sagen würde, dass wir reden müssten, würde ich antworten: Nein, das müssen wir nicht, Will . Und würde hinzufügen: Ich habe dir doch gesagt, dass wir uns nicht mehr allein sehen sollten . Und währenddessen würde ich mir mein T-Shirt über den
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