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Geteiltes Geheimnis

Geteiltes Geheimnis

Titel: Geteiltes Geheimnis
Autoren: L. Marie Adeline
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ukunft zu, was immer diese für mich bereithalten mochte.

ZWEI
    Dauphine
    An diesem Morgen stand ich auf der anderen Straßenseite gegenüber von meinem Laden auf der Magazine Street Ecke Ninth Street und beobachtete meine Mitarbeiterin Elizabeth, die wieder einmal eine ihrer spektakulären Schaufensterdekorationen gestaltete. Ich hatte sie unserem Hauptrivalen abgeworben, der ebenfalls Kleidung im Retro-Stil verkaufte, denn sie hatte wirklich ein Händchen dafür. So etwas ist angeboren, das kann man nicht lernen. Dennoch, ich war nun mal ein Kontroll-Freak und deshalb nie sicher, ob mir die Richtung gefiel, die Elizabeth mit ihrer Auslage einschlug. Ich sah BH s und Körbe und jede Menge gelbe Streifen aus zerknittertem Papier. Sie bekam meistens die Krise, wenn ich ihr nicht von der Seite wich, immer versuchte, alles zu bestimmen, hier und da sogar noch etwas zurechtzupfte – mit anderen Worten: wenn ich alles selbst erledigte, was ich anderen nicht zutraute. Aber so führte ich mein Geschäft. Und bis jetzt hatte es doch funktioniert, nicht wahr?
    Als meine beste Freundin Charlotte und ich vor mehr als zehn Jahren das Funky Monkey kauften, hatte ich dafür plädiert, den ursprünglichen Namen und einen Großteil des Inventars zu behalten und die Dinge zu katalogisieren, die wir nicht verkaufen konnten. Ich mochte keine Veränderung. Wie alle Südstaatler stand ich allem Neuen skeptisch und abergläubisch gegenüber. Als Charlotte vorschlug, auch Vinylplatten und kundenspezifische DJ -Bags zu verkaufen, um sowohl Männer als auch Frauen anzulocken, erklärte ich mich zögerlich dazu bereit. Doch dann bestand sie darauf, auch andere spezielle Produkte ins Sortiment aufzunehmen: Karnevalskostüme, Perücken un d sehr formelle Kleidung für Kunden, die etwas wirklich Ungewöhnliches suchten. Das war mir zu viel. Ich weigerte mich. Und gab dann doch nach. Ich muss zugeben, dass die Ideen insgesamt ganz gut waren und uns über magere Zeiten hinweghalfen. Also überließ ich ihr die Vermarktung, während ich mich im Hintergrund hielt, eine Rolle, die mir schon immer gelegen hatte. Glücklicherweise hatte ich eine Begabung dafür, andere ins rechte Licht zu rücken. Nun tat ich das mit diesem Geschäft. Und dabei konnte ich stets auf die Schatzkammer des Ladens zurückgreifen.
    Mein Exfreund Luke war ein waschechter New Orleanser, geboren und aufgewachsen im Garden District. Er erzählte mir, dass das Gebäude, in dem das Funky Monkey untergebracht war, schon ein Schuhgeschäft, einen Laden für Farben, eine Fahrrad-Reparaturwerkstatt und eine chemische Reinigung beherbergt hatte. Während ich also jetzt Elisabeth zusah, wie sie in das leere Schaufenster glitt, bewaffnet mit einem Korb pastellfarbener BH s ( Okay, jetzt weiß ich, worauf du hinauswillst ), ging mir auf, dass dieses Haus sich fortwährend neu erfunden hatte, während ich immer die Gleiche geblieben war. Veränderung – das war Charlottes Stärke. Das machte sie zu einer großartigen Geschäftspartnerin. Bis sie an einem einzigen Tag durch eine egoistische Aktion das Geschäft und unsere Freundschaft zerstörte.
    Aber es war eigentlich Lukes Verrat, über den ich nicht hinwegkam.
    Ich lernte ihn im Musikunterricht am College kennen, und am Ende des ersten Jahres bat er mich, mit ihm auszugehen. Ich studierte Bildende Kunst, Hauptfach Design, Nebenfach Musiktheorie. Nie hatte ich ein Instrument gespielt oder gesungen. Ich hatte auch keine Lust dazu. Aber ich liebte es, der Musik zu lauschen und alles darüber zu erfahren, und zwar über sämtliche Stilrichtungen – Jazz, Klassik, Alternative, egal. Luke hatte eigentlich kein sonderliches Interesse an Musik, sondern hatte den Kurs nur belegt, um leichter an sein Studiendarlehen zu kommen. Er begeisterte sich für Literatur. Als er bereits im zweiten Studienjahr sein erstes Buch veröffentlichte, einen Bildungsroman über das Erwachsenwerden in New Orleans, war ich ungeheuer stolz auf ihn. Er begann, ein paar Literaturgroupies um sich zu scharen, aber sie waren von der ernsthaften und respektvollen Fraktion, weshalb ich nur selten eifersüchtig war. Im Rückblick erkenne ich, wie naiv ich gewesen war. Als er Einladungen zu Lesungen und Festivals bekam, begann unsere Beziehung langsam zu bröckeln. Ich begleitete ihn zwar zu den Veranstaltungen in der Umgebung, aber ich konnte mich einfach nicht überwinden, in einen Flieger zu steigen. Als ich acht gewesen war, war ein Onkel von mir mit dem Flugzeug
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