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Drachenfutter

Drachenfutter

Titel: Drachenfutter
Autoren: Robert Asprin
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Das Leben besteht aus ständigem rüden Erwachen.
R. V. WINKLE
    Von allen unerfreulichen Arten, aus einem gesunden Schlaf gerissen zu werden, ist der Lärm, den ein Drache und ein Einhorn beim Fangen spielen veranstalten, eine der schlimmsten.
    Ich öffnete vorsichtig ein Auge und versuchte trüben Blicks, mich im Zimmer zu orientieren. Ein Stuhl fiel polternd zu Boden und überzeugte mich, daß die verschwommenen Bilder, die in meinem Gehirn angelangten, zumindest soweit stimmten, daß unregelmäßige Erschütterungen Boden und Wände erzittern ließen. Jemand ohne mein hart erworbenes und schmerzlich gehütetes Schatzkästlein an Erfahrungen wäre vielleicht geneigt gewesen, das Inferno einem Erdbeben anzulasten. Ich hingegen nicht. Die hinter dieser Entscheidung stehende Logik ist recht simpel. Erdbeben waren in dieser Gegend außergewöhnlich selten. Ein Drache und ein Einhorn beim Fangen spielen dagegen nicht.
    Der Tag begann ganz normal ... das heißt normal, wenn man ein Jungzauberer ist, der bei einem Dämonen in die Lehre geht.
    Wäre ich imstande gewesen, die Zukunft nur mit annähernder Wahrscheinlichkeit vorherzusagen und so zu sehen, welche Ereignisse mir bevorstanden, wäre ich vermutlich im Bett geblieben. Ich will sagen, kämpfen war noch nie meine Stärke, und die Vorstellung, es mit einer gesamten Armee aufzunehmen ... aber ich greife mir vorweg.
    Das Dröhnen, welches mich weckte, erschütterte das gesamte Gebäude und zog das Klirren verschiedener schmutziger Teller nach sich, die auf dem Boden zerschellten. Das darauf folgende Getöse war noch spektakulärer.
    Ich zog in Erwägung, etwas zu unternehmen, erwog auch weiterzuschlafen. Dann fiel mir der Zustand meines Lehrers ein, als dieser am Abend zuvor ins Bett gegangen war.
    Das machte mich schnell hellwach. Es gibt nur eines, das unerquicklicher ist als ein Dämon von Perv, nämlich ein Dämon von Perv mit einem Kater.
    Schon war ich auf den Beinen und schoß wie ein Pfeil zur Tür. (Meine Behändigkeit war eher Frucht meiner Angst als angeborenes Talent.) Ich zog die Tür auf, streckte den Kopf hinaus und sondierte das Terrain. Das Gelände um den Gasthof wirkte normal. Das Unkraut war völlig außer Kontrolle geraten und stand an manchen Stellen brusthoch. Eines Tages würde damit irgend etwas geschehen müssen, doch mein Lehrer schien sich an ihrem ungezügelten Wachstum wenig zu stören, und da ich der logische Kandidat für's Jäten wäre, wenn ich das Thema anspräche, beschloß ich wieder einmal, in dieser Angelegenheit Stillschweigen zu bewahren.
    Statt dessen besah ich mir die verschiedenen niedergewalzten Stellen und frischen Trampelpfade zwischen den Pflanzen und versuchte zumindest die Richtung auszumachen, in welcher meine Beute zu suchen war. Ich war schon fast überzeugt, daß die Stille zumindest halbwegs von Dauer sein sollte, als der Boden wieder zu beben begann. Ich seufzte, richtete mich taumelnd zu voller Höhe auf, was nicht besonders hoch war, und bereitete mich darauf vor, dem Angriff entgegenzutreten.
    Als erstes kam das Einhorn in Sicht. Seine Hufe warfen riesige Erdklumpen auf, und es schoß hinter der rechten Ecke des Gasthofes hervor.
    »Butterblume!« rief ich so gebieterisch ich konnte.
    Den Bruchteil einer Sekunde später mußte ich in die Deckung der offenen Tür rennen, um von dem rasenden Tier nicht niedergetrampelt zu werden. Wenn ich auch ein wenig ärgerlich war über seinen Ungehorsam, so konnte ich ihm doch keinen Vorwurf machen. Es wurde von einem Drachen verfolgt, und Drachen sind nicht gerade berühmt für ihre Gewandtheit, wenn es zum plötzlichen Halt kommt.
    Als habe er nur auf mein Stichwort gewartet, erschien nun der Drache auf der Szene. Um genau zu sein, er erschien nicht, sondern polterte heran und ließ den Gasthof erbeben, als er gegen die Ecke prallte. Wie ich schon sagte, sind Drachen nicht gerade besonders gewandt.
    »Gliep!« rief ich. »Hört sofort damit auf!«
    Er tat einen Satz zurück und antwortete mit einem herzlichen Schlag seines Schwanzes. Glücklicherweise verfehlte diese Geste weit ihr Ziel und traf den Gasthof mit einem weiteren donnernden Dröhnen.
    Soweit also der Erfolg meines gebieterischen Auftretens. Wenn unsere beiden Schützlinge auch nur ein bißchen gehorsamer wären, müßte ich von Glück sagen, wenn ich mit dem Leben davonkäme. Aber ich mußte sie trotzdem dazu bringen, mit ihrem Spiel aufzuhören. Wer immer das unsterbliche Sprichwort in die Welt gesetzt hat,
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