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Getäuscht - Thriller

Titel: Getäuscht - Thriller
Autoren: Bastei Lübbe
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Beleuchtung flackerte. Große Luftblasen stiegen aus der Tiefe des Beckens an die Oberfläche. Eine Alarmanlage heulte los. Jonathan rappelte sich schwankend auf und starrte wie hypnotisiert auf die blubbernden Luftblasen. Voller Entsetzen bemerkte er, dass der Wasserspiegel im Becken dramatisch sank. Tief unten im Becken entdeckte er ein klaffendes Loch in der Außenwand, durch das das Wasser mit beängstigender Geschwindigkeit aus dem Becken abfloss.
    Jonathan eilte zu Emma, die vergeblich versuchte, auf die Beine zu kommen. »Hoch mit dir«, sagte er und zog sie an den Armen. »Stopp den Timer der Bombe! Na los!«
    Emma versuchte, sich aus Jonathans Griff zu befreien. »Das kann ich nicht«, keuchte sie und stieß ihn von sich weg.
    »Kannst du nicht oder willst du nicht?«
    »Such es dir aus!«
    Jonathan starrte sie fassungslos an und erkannte zum ersten Mal ihr wahres Gesicht. »Was bist du für ein Ungeheuer.«
    Die Worte schienen von Emma abzuprallen. Es schien fast so, als hätte sie ihn gar nicht gehört. Nur ihre Mundwinkel zuckten leicht. »Verschwinde von hier. Dir bleibt immer noch genug Zeit. Hast du eine Ahnung, was passiert, wenn das Wasser die Brennstäbe nicht mehr kühlt? Sobald das Wasser aus dem Becken abgeflossen ist, wird sich das Uran in Sekundenschnelle erhitzen und hier alles verstrahlen. Dann wirst du binnen einer Minute geröstet wie eine Weihnachtsgans.«
    »Wozu brauchst du dann noch die zweite Bombe?«, fragte Jonathan und deutete auf das Kästchen neben Emmas Füßen.
    »Um hier alles in die Luft zu jagen. Die freigelegten Brennstäbe, das Gebäude ... einfach alles. Jetzt hau endlich ab!«
    Aber Jonathan machte keine Anstalten. Er starrte weiter auf seine Frau, die plötzlich zu einer Fremden geworden war. »Hilf mir, Emma. Nur du kannst den Timer der Bombe abstellen. So bist du doch gar nicht! Ich weiß, dass du so etwas wie das hier niemals tun würdest!«
    »Du hast keine Ahnung, wie ich wirklich bin«, sagte Emma, machte auf dem Absatz kehrt und rannte durch die nächste Tür aus dem Gebäude. Jonathan erhaschte einen letzten Blick auf ihre Gestalt im gleißenden Sonnenlicht. Dann war sie verschwunden, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
    Jonathan kauerte sich neben das schwarze Kästchen. Auf dem LED-Timer lief die Uhr rückwärts.
    1.26 ...
    1.25 ...
    1.24 ...
    Er tastete mit dem Finger die Seitenwände ab, fand aber keine Schrauben oder Scharniere. Seit seiner Flucht aus Paris hatte ihn niemand mehr durchsucht, und er trug immer noch das Schweizer Messer in der Hosentasche, das er schon seit zwanzig Jahren besaß. Er klappte die Klinge aus und versuchte, das LED-Panel mit Gewalt zu öffnen. Aber so sehr er sich auch bemühte, es gelang ihm nicht. Wütend stieß er mit dem Messer zu, sodass die Klinge tief unter das Panel glitt, und hämmerte mit der Faust auf das hintere Ende des Taschenmessers, doch die Scheibe ließ sich einfach nicht öffnen, und er kam nicht an das Bedienfeld heran. Stattdessen löste sich der komplette Timer aus der Halterung. Darunter kamen drei farbige Drähte zum Vorschein - ein roter, ein blauer, ein grüner.
    Vor etlichen Jahren hatte Jonathan ein UN-Team auf einer Minenräumaktion in Angola begleitet. Dabei hatte er genau beobachtet, wie die Experten die Minen aufspürten, säuberten und behutsam aufschraubten. Es waren russische Schützenminen gewesen. Die Experten hatten immer den gelben Draht durchgeschnitten, der das Druckkissen mit der Sprengkapsel verband, und die Minen auf diese Weise entschärft. Aber in Emmas Bombe gab es keinen gelben Draht, kein Druckkissen und keine Sprengkapsel ...
    Jonathans Blick schweifte zum Kühlbecken. Der Wasserspiegel war inzwischen um zwei Meter gesunken. Über den Brennstäben stand das Wasser höchstens noch einmal zwei Meter hoch. Das blaue Licht, das von den Brennstäben ausging, strahlte jetzt stärker und bedrohlicher als zuvor.
    Jonathans Blick richtete sich wieder auf die Bombe.
    Noch fünfundvierzig Sekunden.
    Jonathan zog die Schere aus dem Taschenmesser. Unsicher hielt er sie zunächst an den ersten, dann an den zweiten, schließlich an den dritten Draht. Was würde geschehen, wenn er einen von ihnen durchschnitt? Die Explosion wurde durch einen elektrischen Impuls an die Zündkapsel ausgelöst, die den Sprengstoff zündete. Also musste Jonathan den Draht durchtrennen, der den elektrischen Impuls an die Zündkapsel leitete. Aber er war sich nicht sicher, ob beim Durchtrennen des falschen Drahtes die
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