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Gestern fängt das Leben an

Gestern fängt das Leben an

Titel: Gestern fängt das Leben an
Autoren: Allison Winn Scotch
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Anderen gegeben. Und ich habe es mir auch nie wirklich gewünscht. Ich bin eine treue Ehefrau, und Phantasien über Sex mit dem Masseur   … nein, danke. Derartige Phantasien liegen eindeutig außerhalb meiner Vorstellungskraft. Nein, ich begleite Henry stets auf die Cocktailpartys seiner Firma. Ich wasche jeden Samstag unsere elfenbeinfarbene Damastbettwäsche. Und ich bügle Katies karierte Kleidchen.
    Während Garlands massierende Finger auf meinem Körper wahre Wunder wirken, frage ich mich dennoch, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn diese Finger die Grenzen überschritten, die in der Theorie gelehrt werden. Ich höre, wie er sich etwas Eukalyptusöl auf die Handflächen spritzt und meinen Rücken bearbeitet. Die Nerven entlang meiner Wirbelsäule explodieren förmlich, als er sie darübergleiten lässt.
    Ich gebe es zu: Mrs.   Kwon liegt mit ihrer Vermutung nicht völlig daneben. Zwischen Henry und mir ist es in letzter Zeit etwas schal geworden. Die Luft in unserer Ehe droht wie bei einer versehentlich offengelassenen Keksdose den Inhalt langsam aber sicher auszutrocknen.
    Wann hatten wir eigentlich zum letzten Mal Sex?,
frage ich mich und vergesse dabei Garlands Hände. Ich durchwühle mein Gedächtnis und lande schließlich bei einer Hochzeit in den Berkshires vor über zwei Monaten.
    «Wir müssen es einfach tun!», hatte ich zu Henry gesagt, als wir auf den ordentlich gestärkten Laken im Hotelbett lagen und beide viel lieber einfach eingeschlummert wären. «Im Ernst, Hen, ich habe erst neulich einen Artikel darüber gelesen. Es heißt, Ehepartner, die Sex haben, stehensich viel näher und haben bessere Chancen, verheiratet zu bleiben.»
    «Und was ist mit Ehepaaren, die lieber schlafen würden?» Er schaute mich an und grinste. «Sind die dem Untergang geweiht?»
    «Wer weiß», antwortete ich knapp und drehte mich weg.
    «War doch nur Spaß, Jill, wirklich!» Ich hörte die Laken rascheln, als er sich von hinten an mich schmiegte und anfing, mein Hemd aufzuknöpfen   …
    Okay, das war also vor zwei Monaten. Ist doch gar nicht so übel
, sage ich mir und rücke mein Gesicht auf dem Kissen zurecht. Angesichts der Tatsache, dass Henry ständig weg ist, ist es sogar ganz schön gut. Seine Abwesenheit muss man in die Rechnung schließlich mit einbeziehen.
    Es ist natürlich nicht immer so gewesen. Als wir uns kennenlernten, sind wir ständig übereinander hergefallen. Vielleicht nicht gerade wie wilde Tiere, aber doch ganz gewiss mit einem leidenschaftlichen Feuer, das eine neue Beziehung mit sich bringt. Und auch wenn der Sex vielleicht nicht ganz so heiß war wie in meiner vorherigen Beziehung mit Jack, passten Henry und ich doch in vielen Punkten gleich sehr gut zusammen. Er, der aufstrebende Finanzguru mit der Schwimmerfigur und dem messerscharfen Verstand, und ich, die kreative Werbefrau, die den wichtigsten Jingle des Jahres erfunden hatte: «Coke – zischt und erfrischt!» Na ja, zugegeben, so originell war der Spruch auch nicht.
    Es war Instinkt. Als würde die Beziehung zu Henry die Schwächen und Unzulänglichkeiten all meiner Exfreunde ans Licht bringen. Denn als wir uns in dieser zwielichtigen Bar im East Village kennenlernten, steckte ich in einer unglücklichenBeziehung mit Jack fest, die garantiert den Bach runtergegangen wäre.
    Doch wie sollen Henry und ich wieder zurück in die Spur kommen?
, frage ich mich, als Enya im Hintergrund verklingt und kurz darauf die nächste New-Age-Sängerin aus den Lautsprechern säuselt. Die Frauenzeitschriften haben immer unzählige Artikel zu diesem Thema parat, aber nicht einen einzigen, der mir bisher weiterhelfen konnte.
    Wann genau haben wir uns verrannt? War es ein bestimmter Moment? Oder viele einzelne, die lawinenartig zu etwas immer Größerem wurden, zu etwas, das inzwischen so viel Schwung aufgenommen hat, dass wir es nicht mehr stoppen können?
    Vor lauter Grübeleien wird mir ganz schwindelig. Worüber ich allerdings nicht nachdenke – und worüber ich mir sogar verbiete, nachzudenken   –, ist die bevorstehende Hochzeit von Jack. Meine Freundin Ainsley hat eine Einladung bekommen. Wir kennen uns seit der Uni. Inzwischen wohnt sie in einem Haus in der gleichen Sackgasse wie wir und betreibt in ihrer Garage einen geradezu lächerlich erfolgreichen eBay-Shop für Babysachen.
    Aber mir ist völlig unverständlich, wieso
sie
eine Einladung kriegt und ich nicht.
    Sicher, Jack und ich haben uns vor inzwischen sieben Jahren getrennt, und
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