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Das Götter-Opfer

Das Götter-Opfer

Titel: Das Götter-Opfer
Autoren: Jason Dark
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Der Anruf erreichte mich, bevor ich ins Büro fuhr. Eine sanfte Frauenstimme sprach, die auch meine letzte Müdigkeit verdrängte. »Denk an die Frau mit den goldenen Augen. Wenn du sie siehst, erinnere dich an meine Worte und beschütze sie vor dem Bösen.«
    Mehr sagte die unbekannte Anruferin nicht. Sie hatte direkt nach dem letzten Wort aufgelegt…
    ***
    Ein knappes zuschnappendes »Husch« war zu hören, dann hatte der Tunnel die U-Bahn verschluckt, und die Helligkeit des Bahnsteigs war nur Erinnerung.
    Nicht so die beiden Männer, die an der letzten Station eingestiegen waren. Sie hatten sich durch die Wagenlänge gekämpft, als wären sie Fighter in einer wilden Gegend voller Gefahren. Es war kein Sitzplatz mehr frei, doch die Blicke der Männer glitten über jeden Platz hinweg. Immer für kurze Zeit saugten sie sich an den Gesichtern der Fahrgäste fest, die oft gar nicht hinschauten, sondern teilnahmslos ins Leere blickten und sich selbst den schaukelnden Bewegungen des Zugs überließen.
    Blicke aus lauernden Augen. Die beiden suchten jemand, aber sie blieben nie stehen, denn sie hatten nichts gefunden. Schiebend und drängelnd setzten sie ihren Weg fort. Niemand protestierte, selbst die Jugendlichen nicht, denn ein Blick in die Gesichter der beiden machte ihnen klar, daß mit den Männern nicht gut Kirschen essen war.
    Am Ende des Wagens blieben sie stehen und flüsterten sich etwas zu. Einer von ihnen nickte. Ihre Hände hatten sie in die Halteschlaufen geklemmt. Es waren nur die linken, denn die rechten wollten sie auf jeden Fall frei haben.
    Noch immer waren die Augen auf der Suche. Regelrechte Falkenaugen. Scharfe Blicke, die es gewohnt waren, eine bestimmte Umgebung regelrecht zu sezieren, um das Ziel nur ja nicht zu verpassen.
    Sie entdeckten nichts.
    Dann hielt der Zug an einer Station. Beide Männer stiegen aus. Sie blieben nahe des Zugs stehen, schauten weiter zu, registrierten, wer ein- und wer ausstieg, und huschten im letzten Moment wieder in den Zug hinein, bevor sich die Türen abermals schlossen.
    Das gleiche Spiel begann von vorn. Der Wagen jetzt war nicht so gefüllt. Zwar gab es keine freien Sitzplätze mehr, aber es standen auch nicht zu viele Fahrgäste im Weg.
    Diesmal hatten sie Glück.
    Noch vor dem nächsten Halt hatten sie gefunden, was sie suchten. Kaum merklich nickten sie sich zu. In ihrem Lächeln schwang der Tod mit als ein düsteres Versprechen…
    ***
    Der Anruf vom Morgen war mir auch am Tag nicht aus dem Kopf gegangen. Ich hatte während der folgenden Stunden immer wieder darüber nachdenken müssen, und es war mir unmöglich gewesen, mich auf den Vortrag des Professors zu konzentrieren, der seine theoretische Kiste geöffnet hatte und uns etwas von Kriminalstatistiken erzählte, um schließlich auf eine gewisse Vorbeugung zu kommen.
    Eingeschlafen war ich nicht, aber ich hörte auch nicht, was da alles erzählt wurde. Suko erging es ähnlich. Er saß neben mir, aber er zeigte zumindest ein Gesicht, in dem sich ein gewisses Interesse widerspiegelte, auch wenn es nur gespielt war.
    In meiner Umgebung stöhnten die Kollegen ebenfalls. Das war Langeweile pur, zu der wir verpflichtet worden waren. Doch einen Lichtblick gab es. Am Mittag sollte der Vortrag beendet sein, dann gab es ein Essen, und danach war Feierabend.
    Unbequeme Stühle, zu wenig Beinfreiheit für große Menschen wie ich. Das paßte mir alles nicht in den Kram. Die Pause war auch nur sehr kurz. Sie reichte kaum aus, um ein Mineralwasser zu trinken.
    »Halten Sie durch?« fragte mich jemand.
    »Nur schwer.«
    »Und man kann sich nicht verdrücken.«
    »Eben.«
    »In diesen Momenten wünscht man sich, unsichtbar sein zu können.« Der Kollege lachte und ging davon.
    Ich nahm wieder meinen Platz ein und hörte mir den zweiten Teil des Vortrags an. Er war ebenso langweilig wie der erste, doch der Professor, ein geschniegelter Typ mit korrekt gescheitelten Haaren, redete sich in regelrechte Ekstase hinein. Das war ein Zahlenmensch, der den ganzen Kram auswendig gelernt hatte.
    Wie dem auch sei. Es ging vorbei. Es gibt eben keine endlose Folter, das erlebten wir auch hier wieder. Der Beifall hielt sich in Grenzen, die meisten Zuhörer waren froh, den Worten entwischen zu können, und ich war nicht der einzige, der gähnte.
    Suko fragte nach dem Essen.
    »Willst du denn?«
    »Klar.«
    Ich überlegte noch.
    »Es gibt Sushi. Das haut den Magen nicht so voll. Das stopft nicht, ist gut verträglich und…«
    »Sushi«,
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