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Gestern fängt das Leben an

Gestern fängt das Leben an

Titel: Gestern fängt das Leben an
Autoren: Allison Winn Scotch
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finden!» Mittlerweile ist mein Tonfall hysterisch, und ich merke, wie mir die Tränen kommen.
    Garland ist meine einzige Chance
, denke ich.
Nur er kann alles wieder in Ordnung bringen.
Ich bin überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass er eventuell noch gar nicht da ist!
    «Okay, okay. Wir schauen mal ins Telefonbuch, ja?», sagt Ainsley sanft. Ich kenne diesen Tonfall. Er wird später für die wohlbekannten Tobsuchtsanfälle ihres Sohns reserviert sein.
    Sie steht auf und zieht aus einem Unterschrank die Gelben Seiten raus. Töpfe und Pfannen daneben klappern vernehmlich.
    «Also, wenn du eine Massage brauchst, kann es doch vielleicht auch jemand anderes machen, oder? Der Typ unten im Club soll wirklich gut sein, habe ich gehört.»
    «Nein.» Ich schüttle entschieden den Kopf und schluchze. «Ich brauche Garland!» Dicke, große Tränen laufen mir jetzt unaufhaltsam über das Gesicht.
    Ainsley hievt das Telefonbuch auf den Tisch, schlägt es in der Mitte auf und fährt mit dem Finger über die Spalten. «Maschinenbau, Maskenbildner   … Massagen. Hier!»
    «Und?», frage ich, als hinge davon mein Leben ab (was es in gewisser Weise ja auch tut).
    «Tja, einen Garland kann ich nicht finden, aber hier ist ein
G.   Stone
verzeichnet. Allerdings steht da keine Nummer, nur die Adresse. Ist er das vielleicht?» Sie sieht mich hoffnungsvoll an.
    «Vielleicht. Keine Ahnung. Ich versuch’s mal.» In einer einzigen schnellen Bewegung reiße ich die ganze Seite raus, schnappe mir Ainsleys Autoschlüssel und küsse sie auf die Stirn. «Ich bin gleich wieder da!»
    Dann rase ich wie der Blitz zur Tür hinaus.
    ***
    Die Adresse von G.   Stone liegt jenseits der Hauptstraße mitten im kleinen Zentrum des Vororts. Seine Praxis liegt irgendwo hinter dem kitschigen Café, wo ich mir zwischen Katies Verabredungen zum Spielen immer meinen Caffè Latte hole, und gleich in der Nähe von Mrs.   Kwons Reinigung.
    Ich würge den Motor ab und starre das leicht schäbige, schwarzgedeckte Haus an. Von der Holzverkleidung schält sich bereits die graue Farbe ab. Es war mir in den zwei Jahren, die ich hier verbracht habe, nie aufgefallen.
    Die Jalousien sind geschlossen, und das Haus wirkt vollkommen ausgestorben. Dennoch mache ich die Tür von Ainsleys Geländewagen auf.
    Ding. Ding. Ding. Ding. Ding. Ding.
    Als ich die Autotür zuschlage, registriere ich genau wie damals vor sechs Monaten (also vor sechs Monaten in sieben Jahren) diese ungemeine Stille. Heute finde ich esnicht beängstigend, und ich gehe die ersten Schritte auf die Haustür zu.
    Die Pflastersteine auf dem Weg zur Haustüre knirschen unter meinen Absätzen; Schnee steckt noch in den Ritzen.
    Als ich klingle, scheint die Glocke durchs ganze Haus zu schallen. Es ist irgendwie gespenstisch, wie in einem Horrorfilm, kurz bevor die Heldin auf den Sensenmann trifft.
    Dann sind Schritte zu hören, und die Haustür geht auf. Fast hätte ich einen spitzen Schrei von mir gegeben: Er ist es! Garland! Doch mein Mund ist so trocken, dass ich kein Wort herausbringe.
    «Kann ich Ihnen helfen?», fragt er.
    Wahrscheinlich habe ich ihn geweckt. Sein üppiger Haarschopf ist seitlich an den Kopf gedrückt, und der abgetragene, einst dunkelrote Bademantel ist halbherzig um die Hüften gegürtet.
    «Äh, ja», bringe ich schließlich hervor. «Ich   … Also, ich, äh   … Keine Ahnung, wie ich es erklären soll, aber   … Äh, also, ich glaube, Sie haben da etwas mit mir gemacht   …» Ich warte ab, ob er sich an irgendwas erinnern kann.
    Erkennst du mich nicht
?
, flehe ich.
Weißt du nicht, was du getan hast?
    Ich sehe ihn forschend an, versuche in seinem Gesicht zu lesen, so wie ein Wanderer, der sich verlaufen hat, die Karte liest. Aber sein Ausdruck ist blank wie weißes Papier.
    Weil er sich natürlich nicht erinnert
!
, denke ich plötzlich mutlos.
Wie sollte er auch? Das war sieben Jahre später, in deiner verdammten Zukunft!
    «Ich, also   … Ich brauche Ihre Hilfe», stottere ich erneut. «So lässt es sich wohl am einfachsten ausdrücken.»
    Er legt den Kopf schief und erinnert mich dabei an einen Cockerspaniel, der auf seine Belohnung wartet. Aber offensichtlich hält er mich nicht für verrückt und schickt mich weg. Vielmehr bittet er mich herein und hat vermutlich eher Mitleid mit mir.
    «Tee?», fragt er.
    «Nein, danke.» Ich schüttle den Kopf.
    Er winkt mich ins Wohnzimmer und verschwindet, um Wasser aufzusetzen. Kurz darauf kommt er mit einer dampfenden
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