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René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

Titel: René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus
Autoren: Wigbert Löer , Rainer Schã¤fer
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VORAB
    Sie lehnten ab, wollten nicht darüber reden. Einige empfanden bereits die Anfrage als unverschämt, sich an ihre Zeit mit René Schnitzler zu erinnern. Anwälte wurden alarmiert, sie schickten bedrohliche Schreiben. Andere erzählten nur unter der Bedingung, ihren Namen zu verschweigen. Es sei ja gut und richtig, das alles mal aufzuarbeiten, diese Schnitzler-Geschichte und überhaupt das ganze Pokern und Wetten im Profifußball. Aber man selbst wolle damit unter keinen Umständen in Verbindung gebracht werden. Das schade der Karriere.
    Kann es der Karriere schaden, über einen Fußballspieler zu sprechen? Wenn das so ist, was muss der dann verbrochen haben? Wie kann es so weit kommen?
    Wie konnte einer der begabtesten Spieler der letzten Jahre zum roten Tuch im deutschen Profifußball werden?
    René Schnitzler ist einer von denen, die es packen konnten, die genug mitbrachten, um es ganz nach oben zu schaffen. Er schoss Tore, als andere Kinder noch Gänseblümchen pflückten. Er setzte sich in den Jugendmannschaften von Borussia Mönchengladbach durch. Ein Mittelstürmer, wie ihn viele Vereine der Bundesliga nur im Ausland finden, groß, wuchtig, technisch geschult. Und torgefährlich.
    Er ging zu Bayer Leverkusen, zählte zu einem Kader mit lauter Nationalspielern, da war er gerade 20 Jahre alt. Als Schnitzler später beim FC St. Pauli unterschrieb, enthielt sein Vertrag eine Klausel, die besagte, dass er nach einer Saison zu einem Erstligisten wechseln dürfe.
    Hinter jenen Fußballspielern, die es in die Sportschau
schaffen, stehen viele, die auf der Strecke blieben. Bei einigen von ihnen reichte das Talent nicht, anderen fehlte der letzte Wille, um Fußballprofi zu werden. Manche Geschichten gescheiterter Hochbegabter sind tragisch. Die Geschichte René Schnitzlers ist mehr.
    Sie erzählt von einem Jungen, der kurz nach seinem 18. Geburtstag das Kasino Aachen besuchte und heute sagt, dass er seitdem kaum einen Tag nicht gezockt habe. Der süchtig wurde, Nächte in illegalen Zockerhöhlen verbrachte, mal mit großen Scheinen um sich warf und mal um Münzen betteln musste. Der mit Zuhältern pokerte, bis er von ihnen bedroht wurde, der Schulden auftürmte und sich schließlich mit der Wettmafia einließ. René Schnitzler ist heute ein Gesicht des Wettskandals, der die Bochumer Staatsanwaltschaft seit Jahren beschäftigt.
    Der Fußballer, geboren 1985 in Mönchengladbach, lebte ein Leben des Schneller und des Mehr. Ihm wurde selten schwindelig, doch ins Straucheln geriet er oft. Am Ende fiel er tief – bis auf die Pritsche einer Zelle im Bochumer Polizeirevier. Seine Geschichte erzählt, wie es hinter der glänzenden Fassade des Profifußballs aussieht und welchen Verführungen man erliegen kann. Wie wahnsinnig viel man falsch machen kann. Und wie gefährdet Leute wie René Schnitzler sind. Wie gefährdet junge Fußballer sind.
    »Fußballern wird eingeimpft, dass sie sich nie mit Niederlagen zufriedengeben dürfen«, sagt der Sportpsychologe Thomas Graw, der auch für den VfL Bochum und für die Spielergewerkschaft VDV arbeitet. »Wenn sie verloren haben, wollen sie Revanche.« Sie seien an das berauschende Gefühl hoher Adrenalin-Ausschüttung gewöhnt, ihre Psychogramme ließen auf hochgradige Suchtanfälligkeit schließen.

    Dem Glücksspiel verfallene Menschen berichten, dass sie nur noch am Spieltisch richtig fühlen. »Fußball ermöglicht ein emotionsreiches Leben, wie man es in kaum einem anderen gesellschaftlichen Bereich findet«, sagt Graw. »Es entstehen sehr starke Gefühle in kurzer Zeit. Das Gehirn entwickelt eine Sucht danach, gerade nach positiven Emotionen. « Es ist diese Sucht, der auch René Schnitzler verfiel.
     
    Helmut Schulte allerdings wiegelt ab. Grundsätzlich, sagt der Manager des FC St. Pauli, sei ein Fußballprofi durch das höhere Einkommen in jungen Jahren zwar gefährdeter als andere. »Dennoch haben 99 Prozent keine Probleme mit Spielsucht. So gesehen ist René ein bedauerlicher Einzelfall.«
    Schulte war mal Trainer von Schalke 04 und hat dann viele Jahre lang die Jugendabteilung dieses großen Klubs geleitet. Er kennt sich aus im Profi-Fußball. Natürlich musste er es besser wissen. René Schnitzler ist ein Extremfall. Doch er ist längst nicht der einzige Fußballprofi, der regelmäßig und über die Maßen pokert oder Roulette spielt oder in Wettbüros auf Sportereignisse setzt.
    Dass St. Paulis Manager im Januar 2011 auf die Enthüllung des Falles Schnitzler durch
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