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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6
Autoren: Arkady Strugatsky
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»Genau in die Leber. Mit seiner Kiste.«
    Kreuz und quer auf den Gehsteigen standen Autos, Kühlschränke, Büfetts und Kübelpflanzen. Quadriga verlief sich in einem offenen Spiegelschrank und verfing sich anschließend in einem Fahrrad. Viktor wurde die Sache allmählich zu bunt. An einer Ecke stoppte man sie mit einer Taschenlampe, nasse Soldatenhelme blitzten, und eine grobe Stimme mit südlichem Akzent verkündete: »Militärpatrouille. Weisen Sie sich aus.«
    Quadriga hatte natürlich keinen Ausweis bei sich und begann sofort zu schreien, er sei Doktor, Preisträger und ein persönlicher Bekannter von …
    Die grobe Stimme sagte verächtlich: »Zivilistenpack. Durch lassen.«
    Sie überquerten den Stadtplatz. Vor der Polizeidirektion standen ein paar Autos mit eingeschalteten Scheinwerfern. Goldhemden mit kupfern blinkenden Feuerwehrhelmen rann ten durcheinander, unverständliche Kommandos schallten über den Platz. Das Zentrum der Panik befand sich offensichtlich hier. Eine Zeit lang erhellten die Lichtreflexe der Scheinwerfer den Weg, dann wurde es wieder dunkel.
    Quadriga sagte nun nichts mehr; er keuchte und stöhnte nur noch. Ein paarmal strauchelte er und riss Viktor mit zu Boden, sie waren schmutzig wie zwei Ferkel. Viktor stumpfte so ab, dass er nicht einmal mehr fluchte, Apathie befiel ihn und lähmte sein Denken; er musste gehen, immer nur gehen, heute und morgen, unsichtbare Passanten wegstoßen und Quadriga wieder und wieder am Kragen seines aufgequollenen Bademantels hochzerren, er durfte nicht stehen bleiben und auf gar keinen Fall zurückgehen. Ihm kam eine dunkle Erinnerung an etwas längst Vergangenes, Schändliches, Bitteres, ganz und gar Unglaubliches, nur dass damals ein lodernder Feuerschein am Himmel und Menschentrauben auf den Straßen gewesen waren und es in der Ferne gedonnert und gekracht hatte; sie waren vor dem Grauen geflohen und hatten ringsum nur verlassene Häuser mit über kreuz zugeklebten Fenstern gesehen. Der Wind hatte ihnen Asche und den Geruch verbrannten Papiers ins Gesicht getrieben, und auf die Freitreppe einer schönen Villa mit einer riesigen Nationalflagge war ein hochgewachsener Oberst in der präch tigen Uniform der Leibhusaren getreten, hatte die Mütze abgenommen und sich erschossen. Wir aber, obwohl in Husarenuniform, waren schon längst keine Husaren mehr gewesen, sondern fast schon Deserteure, abgerissene, blutige, ergebene und verratene Gestalten, wir pfiffen, grölten und johlten, und einer rammte dem toten Oberst den abgebrochenen Säbel in den Leib …
    »Halt, stehen bleiben!«, flüsterte jemand aus dem Dunkel und stieß Viktor einen nur zu bekannten Gegenstand in die Brust. Viktor hob mechanisch die Hände.
    »Wie können Sie es wagen?«, kreischte Dr. Quadriga hinter ihm.
    »Ruhig«, verlangte die Stimme.
    »Hilfe!«, brüllte Quadriga.
    »Halt den Mund, du Dummkopf«, zischte Viktor. »Ich ergebe mich«, sagte er in das Dunkel, aus dem der Lauf der MPi gegen seine Brust drückte und ein Keuchen zu hören war.
    »Ich schieße!«, warnte die Stimme erschrocken.
    »Nicht nötig«, erwiderte Viktor. »Wir ergeben uns ja schon.« Sein Mund war plötzlich ganz trocken.
    »Los, ausziehen!«, kommandierte die Stimme.
    »Wie bitte?«
    »Zieh die Schuhe aus, den Regenmantel, die Hosen …«
    »Wieso?«
    »Los, schnell!«, zischte die Stimme.
    Viktor spähte angestrengt ins Dunkel, ließ die Arme sinken, trat beiseite, packte die MPi und riss den Lauf nach oben. Der Räuber krächzte erschrocken auf und riss an der MPi, schoss aber nicht. Beide ächzten und versuchten einander die Waffe abzuringen.
    »Banew! Wo bist du?«, heulte Quadriga verzweifelt.
    Der Mann mit der MPi fühlte sich an wie ein Soldat und roch auch so. Er zog und zerrte noch eine Weile, aber Viktor war stärker als er.
    »Schluss jetzt«, stieß Viktor durch die Zähne hervor. »Schluss. Lass los, sonst kriegst du eins in die Fresse.«
    »Lassen Sie doch los!«, zischte der Soldat, der kaum noch Widerstand leistete.
    »Was willst du mit meinen Hosen? Wer bist du überhaupt?«
    Der Soldat keuchte.
    »Viktor!«, heulte Quadriga irgendwo in der Ferne. »Ah …« Da bog ein Fahrzeug um die Ecke, entriss dem Dunkel für einen Augenblick ein bekanntes sommersprossiges Gesicht und vor Angst große Augen unter einem Helm und brauste davon.
    »Dich kenne ich doch«, rief Viktor. »Was raubst du hier die Leute aus? Gib die MPi her.«
    Mühsam zerrte der Soldat den Riemen über den Helm.
    »Also, was
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