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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6
Autoren: Arkady Strugatsky
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persönlichen und unermüdlichen Sorge des Herrn Präsidenten jährlich mehr als hunderttausend Kinder aus der Hauptstadt ins Ferienlager fahren, dass laut Rang liste Beamte vom Hofrat abwärts nicht das Recht haben, Unterschriften für Petitionen zu sammeln …
    Da ging plötzlich das Licht aus. »He!«, rief Viktor. Dann brannte die Lampe wieder, allerdings nur mit halber Kraft. »Was soll das?«, ärgerte er sich, aber es wurde nicht heller. Viktor wartete eine Weile und rief dann beim Portier an. Dort meldete sich niemand. Ich könnte das Elektrizitätswerk anrufen, aber dazu bräuchte ich das Telefonbuch. Aber was soll ich jetzt danach suchen? Es ist Zeit, ins Bett zu gehen. Aber erst muss ich etwas trinken. Viktor stand auf und hörte plötzlich ein Geräusch, als taste jemand mit den Händen über die Tür. Dann klopfte es.
    »Wer ist da?«, fragte Viktor, erhielt aber keine Antwort. Jemand klopfte schnaufend. Es war gespenstisch. Die in ein rötliches Licht getauchten Wände kamen ihm auf einmal fremd und ungewöhnlich vor, in den Ecken lauerten Schatten, und an seiner Tür rüttelte ein großes, plumpes Unge heuer. Na warte!, dachte Viktor und sah sich nach einer Waffe um, da aber ertönte hinter der Tür ein heiseres Flüstern: »Banew, he, Banew, bist du da?«
    Viktor murmelte halblaut: »Idiot«, ging in den Vorraum und drehte den Schlüssel um.
    Dr. Quadriga stolperte ins Zimmer. Er trug einen Bademantel, sein Haar war zerzaust, die Augen irrten rastlos umher.
    »Gott sei Dank bist wenigstens du da«, stieß er hastig hervor. »Ich habe so schreckliche Angst. Hör zu, Banew, wir müssen hier weg. Gehen wir, ja? Gehen wir weg von hier, Banew.«
    Er packte Viktor am Hemd und zerrte ihn in den Korridor. »Gehen wir, wir dürfen nicht länger warten.«
    »Bist du verrückt geworden?« Viktor riss sich los. »Geh schlafen, du Blödmann. Es ist drei Uhr nachts.«
    Quadriga aber klammerte sich wieder an sein Hemd, und Viktor stellte erstaunt fest, dass der Doktor honoris causa vollkommen nüchtern war, nicht einmal eine Fahne hatte er.
    »Wir dürfen jetzt nicht schlafen«, erklärte Quadriga. »Wir müssen dieses verfluchte Haus verlassen. Siehst du nicht, dass das Licht ausgeht? Wenn wir hierbleiben, sind wir verloren. Überhaupt müssen wir aus der Stadt. Bei meiner Villa steht ein Wagen. Gehen wir. Ich würde auch allein fahren, aber ich trau mich nicht hinaus.«
    »Lass mich los. Beruhige dich erst mal.«
    Er zog Quadriga ins Zimmer, drückte ihn in einen Sessel und ging ins Bad, um ein Glas Wasser zu holen. Quadriga aber sprang auf und folgte ihm.
    »Wir beide sind die einzigen Menschen hier im Haus«, sagte er. »Kein Golem, kein Pförtner, kein Direktor …«
    Viktor drehte den Hahn auf. In den Rohren gurgelte es, das Wasser tröpfelte.
    »Was ist?«, erkundigte sich Quadriga. »Brauchst du Wasser? Komm mit, in meinem Zimmer steht eine ganze Flasche. Aber beeil dich. Und geh nicht ohne mich.«
    Viktor rüttelte am Wasserhahn. Es kamen noch ein paar Tropfen, und dann hörte das Gurgeln auf.
    »Was ist los?«, fragte Viktor, starr vor Schreck. »Krieg?«
    Quadriga winkte ab.
    »Ach was – Krieg … Wir müssen hier weg, bevor’s zu spät ist, und er denkt an Krieg …«
    »Warum müssen wir weg?«
    »Darum«, erwiderte Quadriga mit idiotischem Kichern.
    Viktor schob ihn mit dem Ellbogen zur Seite, verließ das Zimmer und ging hinunter, zum Portier. Quadriga trippelte hinterher.
    »Hör zu«, murmelte er. »Gehen wir durch die Hintertür. Erst mal raus hier, dann holen wir den Wagen. Ich habe schon vollgetankt und gepackt. Als hätte ich’s geahnt. Wir trinken rasch einen Schluck, und dann fahren wir, hier gibt’s nämlich keinen Tropfen mehr.«
    Die Deckenleuchten im Korridor blinkten wie rote Zwerge, auf der Treppe brannte kein Licht, und auch die Hotelhalle war dunkel; nur über dem Pult des Portiers glomm eine Lampe. Dort saß jemand – aber nicht der Portier.
    »Komm, gehen wir«, flüsterte Quadriga und zog Viktor zum Ausgang. »Geh nicht dorthin, das bringt doch nichts …«
    Viktor riss sich los und trat ans Pult.
    »Was ist hier los …«, setzte er an und verstummte wieder.
    Hinter dem Pult saß Sursmansor.
    Sursmansor saß auf dem Platz des Portiers und schrieb etwas in ein dickes Heft.
    »Banew«, sagte er, ohne den Kopf zu heben. »Das wär’s dann, Banew. Leben Sie wohl. Und vergessen Sie unser Gespräch nicht.«
    »Ich reise nicht ab«, widersprach Viktor. Seine Stimme überschlug
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