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Gesammelte Wanderabenteuer

Titel: Gesammelte Wanderabenteuer
Autoren: Manuel Andrack
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gesehen. Sooo hübsch ist die Stadt nun auch wieder nicht. Und das Atomkraftwerk von Mülheim-Kärlich im Hintergrund trug auch nicht zur Schönheit der Landschaft bei. Dass dieses Ding nie ans Netz gegangen ist, müsste selbst den größten Atomkraftfan freuen. Denn wie viel Dummheit dazugehört, wenige Meter vom Rhein, einer bekannten und berüchtigten Erdbebenspalte, ein Atomkraftwerk zu bauen, ist kaum in Worte zu fassen.
    Ich ließ Lichter Kopf und Aussichtsturm hinter mir und ging bergab Richtung Koblenz. Hier läuft man mitten durch die Stadt zum Rhein und dann weiter am Ufer entlang. Das muss man sich mal vorstellen: Statt der Rheinsteig-typischen Achterbahn, geht man relaxed am Fluss aller Flüsse. Die Festung Ehrenbreitstein kam immer näher, und ich beschloss, mir den Aufstieg zu schenken – es war immer noch ein »Jour sans« – und ganz gemütlich mit dem Sessellift hoch zu fahren.
     
    Im Innenhof der preußischen Festung befindet sich ein wunderschöner Biergarten. Und von hier hatte ich nun wirklich eine tolle Aussicht auf Koblenz und das Deutsche Eck, wo Mosel und Rhein aufeinandertreffen. Daher stammt auch der Name der Stadt, denn aus der Bezeichnung »confluentes« für die beiden zusammenfließenden Flüsse wurde Coblenz. Coblenz, nicht Koblenz. Fast alle deutschen Städte, die heute mit »K« geschrieben werden, begannen vor hundert Jahren noch mit einem »C«: Cassel, Coblenz, Crefeld, Cleve, Cöln. Das »C« hat sich bei nur wenigen deutschen Städten durchgesetzt: Cottbus, Coburg und Colmar. Schade eigentlich. Ich habe mir nun angewöhnt, auf amtlichen Formularen und als Absender nur noch Cöln zu schreiben.
     
    |448| Ich sah mir noch einen fantastischen Sonnenuntergang über Coblenz an und fuhr dann mit dem Zug zurück nach Cöln. Auch während mehrtägiger Wanderungen auf dem Rheinsteig schlafe ich meist zu Hause. Das liegt an meinem Rheinbrohl-Trauma. Dorthin war ich auf dem Rheinsteig gewandert und suchte an einem Abend im Spätsommer, es dunkelte schon, nach einem Bett. In der ersten Gaststätte bedauerte man, das Schild mit den Gästezimmern noch nicht abgeschraubt zu haben. Das könnte irreführend sein, denn man habe jetzt keine Gästezimmer mehr. Ich solle es mal im Hubertushof versuchen. Schon auf dem Weg dorthin kamen mir wankende Gestalten mit weinlaubumkränzten Häuptern entgegen – anscheinend hatte man ein bacchantisches Lustspiel angeschaut. Im Hubertushof gab es kein Bett, aber tief empfundene Worte des Bedauerns: »Sie armer, armer Mensch, ob Sie noch etwas finden?« Ich versuchte es noch hier und dort, alles ohne Erfolg. Schließlich sah ich ein Etablissement in der dunkelsten Ecke des Marktplatzes von Rheinbrohl. Warum mir diese Schenke vorher nicht empfohlen worden war, sah ich beim Näherkommen – eine richtige Kaschemme, aber was solls, sie hatten Fremdenzimmer. Als ich hereinkam, kümmerte sich der Wirt minutenlang nicht um mich, weil er – ich kenne das nur aus Filmen – in einem unbeleuchteten Hinterzimmer irgendwelche wahrscheinlich hoch seriösen Geschäfte abwickelte. Ich wollte gar nicht wissen, um was es sich da handelte, ich wollte nur ein Fremdenzimmer, denn ich war fremd in Rheinbrohl: »Keine Chance«, kam es knapp zurück, »Kegelsaison im Nachbarort, alles voll.« Kegelsaison, so, so. Das war also ein »Jour sans«, ein Tag ohne Fremdenzimmer. Also hastete ich zum Bahnhof und bekam noch den letzten Zug zum Heimatzimmer. In Cöln am Rhein

Das Buch
    Der ultimative Wanderführer – der ganze Andrack in einem Band
    Ausführliche Recherche, exakte Schilderung der Wege, keine falschen Versprechen, absolut gerechte Bewertungen, aber vor allem echtes Abenteuer – das machte die Bücher von Manuel Andrack (
Du musst Wandern
, 2005 und
Wandern
, 2006) schnell zu Klassikern der Wanderliteratur und ihn selbst zu Deutschlands Wanderpapst.
     
    Jetzt gibt es alle Wandererlebnisse Manuel Andracks im rucksackpraktischen Doppelband
Gesammelte Wanderabenteuer
zum unschlagbaren Sonderpreis – inklusiver zweier ganz neuer Kapitel.

Der Autor
    Manuel Andrack , geboren 1965, war acht Jahre lang hinter den Kulissen der
Harald Schmidt Show
aktiv, wählte Gäste und Gags aus. Bekannt wurde er im August 2000, als er seinen Arbeitsplatz in das Studio verlegte. Als so genannter »Sidekick« unterhielt er sich von nun an mit Harald Schmidt über Gott und die Welt, am liebsten aber über Fu�ball und deutsche Biersorten. Dieses Engagement für deutsches Bier veranlasste
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