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Gesammelte Wanderabenteuer

Titel: Gesammelte Wanderabenteuer
Autoren: Manuel Andrack
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hinten. Unglaublich, ich hätte nicht für möglich gehalten, dass mich bei diesem Tempo überhaupt jemand überholen konnte, aber schon war er vorbei gerauscht und ich hatte einen weiteren Favoriten gesehen: den Speedy-Mann. Der erste Kontrollpunkt war eine Ansiedlung, wo sich eine kleine Gruppe versammelte: Jogging-Frau (die sich tatsächlich als Ehefrau von Jogging-Mann herausstellte), Parka-Mann und Graz-Mann. Mit ihnen ging ich im Wald zurück nach Schladming. Noch nicht einmal eine Stunde hatte ich für die 8-Kilometer-Runde benötigt. Auch wenn wir den Berg hinunter mehr gelaufen als gegangen waren, die Längenangabe für diese Runde konnte nicht stimmen. Das waren geschenkte acht Kilometer und ich sah erneut meine Chance. Von Jogging-Frau hatten wir inzwischen erfahren, dass ihr Mann vorhatte, erst die 25er-Runde zu joggen und dann die 30er-Runde zu wandern. Das wären zusammen 55 Kilometer.
    Inzwischen sind wir gute Freunde: zum vierten Mal am Kontrollpunkt 1.
    |431| Da konnte ich nur dagegen halten, indem ich nochmals acht Kilometer lief.
     
    Die zweite Wanderung
    Der Plan von Jogging-Mann hatte mir gezeigt, dass man bei einer Weltmeisterschaft nicht nur auf sich selbst achten darf. Um nicht überrascht zu werden, muss man auch die Taktik der anderen Teilnehmer kennen. Auf der zweiten Runde hatte ich erfahren, dass Parka-Mann und Jogging-Frau direkt die 30er-Strecke anschließen wollten. Ich nutzte erst einmal die Gelegenheit, beide am nächsten Kontrollpunkt abzuhängen. Ich trödelte so lange, bis sie sich zum 30-Kilometer-Weg aufgemacht hatten. So bekamen sie nicht mit, dass ich wieder kehrt machte und zurück zum WM-Büro ging, um mir die nächste 8er-Runde gutschreiben zu lassen. Den gleichen Plan verfolgte Graz-Mann, obwohl er sich nicht sicher war, ob man eine Strecke mehrmals gehen durfte. Auf dem Weg hinunter hatte er Angst, diese Strecke ganz umsonst zu gehen. An den Computern des WM-Büros erhielten wir Klarheit. Auch die zweite Runde wurde gewertet, wir waren nun zwei Stunden unterwegs und hatten schon 16 Kilometer auf unserem Konto. Ein Blitzstart in die WM!
     
    Die dritte Wanderung
    Und wieder ging ich mit Graz-Mann bergan und wir passierten zum dritten Mal die Kontrollstelle, wir bekamen zum dritten Mal einen Zangenabdruck und wir machten uns zum dritten Mal wieder auf den Weg hinunter nach Schladming. Diesmal trafen wir aber auf viele Langsamwanderer, die gerade auf ihren ersten acht Kilometern waren. WM-Exoten, ohne echte Chancen, die Vorrunde zu überstehen. Sie waren glücklich, überhaupt bei einer WM dabei sein zu dürfen und die prickelnde Atmosphäre zu schnuppern. Brasilianische |432| Sambawanderinnen mit knappen Oberteilen, die um ihre Wanderstöcke tänzelten, schwedische Wanderhünen und japanische Kamikazewanderer in ihren traditionellen Trekking-Kimonos. So was gab es nur bei einer WM!
    Um 11.45 Uhr hatte ich auch den dritten 8er hinter mich gebracht und konnte noch vor Ende der offiziellen Startzeit zur eigentlichen Wanderung aufbrechen.
     
    Die vierte Wanderung
    Am ersten Kontrollpunkt kehrte ich dieses Mal nicht wieder um, sondern ging weiter talwärts Richtung Riesachfälle, dem Wendepunkt der 30er-Strecke. Ich redete mir ein, eigentlich erst jetzt loszulaufen. Die drei kleinen Runden vorher waren Stadionrunden zum Aufwärmen gewesen, Dehnübungen, um locker zu werden. Ich versuchte es mir zumindest einzubilden. Außer mir war jetzt keiner mehr auf der Piste, da alle Titelkonkurrenten anscheinend schon losgelaufen waren und sich vor mir befanden. Acht Kilometer hinter Schladming kam ich an die zweite Kontrollstelle. Ab dort waren Hin- und Rückweg der 30er-Runde identisch, so dass mir viele gutgelaunte Wanderer entgegen kamen, die bereits am frühen Morgen zur längsten Wanderung aufgebrochen und nun schon auf dem Rückweg waren. Meine Laune wurde allerdings schlechter. Meinem Körper konnte ich nichts vormachen. Der wusste genau, was er bisher gewandert war. Aber Zeit für eine Pause blieb nicht, wenn ich um 17 Uhr im Ziel sein wollte. Wenn ich nicht das höchste Tempo ginge, würde ich es nicht schaffen. Immer wieder musste ich kleine und große Gatter öffnen und schließen, was lästig war und mich nur aufhielt. An jedem Gatter suchte ich erst einmal zehn Sekunden nach dem Schließprinzip (Kette, Schlaufe, Riegel, Feder), dann schloss ich das Gatter wieder, damit die friedlich grasenden und glotzenden Kühe nicht davonliefen.
     
    |433| Kurz vor den Riesachfällen kam
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