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Geraubte Herzen

Geraubte Herzen

Titel: Geraubte Herzen
Autoren: Christina Dodd
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Fahrerin hielt ihn für gefühlskalt.
    Griswald war weit gefährdeter, sich in der Kälte den Tod zu holen. Er war mindestens fünfundsiebzig, seine Augenbrauen waren buschig wie die von Mrs. Farrell, und sein kahler Kopf glänzte wie eine geölte Kidneybohne. Obwohl Griswald schon seit vierzig Jahren bei den Givens lebte und arbeitete, hatte sein feierlicher Bariton immer noch einen gepflegten britischen Akzent.
    Zack eilte ins Haus, schüttelte Hut, Handschuhe und Mantel aus und reichte sie in Griswalds kundige Hände weiter. Über ihm erhob sich, zwei Stockwerke hoch, die Eingangshalle; ein cremeweiß gestrichenes Glanzstück mit saphirblauen Akzenten. Der Teppich war chinesisch und antik in Pfirsich, Creme und Saphir. Eine Holztreppe schwang sich in den ersten Stock. Das Haus war für Festivitäten
erbaut worden, wovon seine Familie auch häufig und gekonnt Gebrauch machte.
    »Möchten Sie vor dem Dinner noch einen Drink nehmen?«, fragte Griswald.
    »Ja, aber ich kümmere mich selbst darum.« Sein Büro ging auf das Foyer hinaus, und Zack hielt an der Schwelle inne. »Ich muss meine Anrufe mit diesem neuen Auftragsdienst checken.«
    »Ja, Sir.« Griswalds eine Augenbraue wedelte wie ein Hundeschwanz. »Ich habe die Nummer auf den Knopf zwischen dem Notruf und Ihren Eltern gelegt.«
    »Das weiß ich, Griswald. Danke, Griswald«, antwortete Zack ungewöhnlich geduldig. Er warf den Aktenkoffer auf das braune Ledersofa und sann darüber nach, dass er immer alles unter Kontrolle hatte. Seit seinem vierzehnten Lebensjahr hatte er nichts mehr nicht unter Kontrolle gehabt. Er erinnerte sich kaum noch, wie es war, die Beherrschung zu verlieren, vor Wut oder Freude zu schreien, jemand anders als Zachariah Givens zu sein. Und er war froh darum. Er hatte den Verrücktheiten der Jugend gefrönt, aber nach jenem einen Sommer war er erwachsen geworden. Zwar war sein Leben ein permanenter Kreislauf aus Steuern zahlen, Zahnseide benutzen, ins Fitnesscenter gehen, Geschäftsbriefe schreiben und Kaffee trinken - aber wessen Leben war nicht manchmal eintönig? Es war jedenfalls besser als die Alternative - ein Leben voller unvermittelter Desaster und schamloser Gefühlswallungen, die nicht von Reichtum abgefedert wurden.
    Er goss sich einen Whisky über die Eiswürfel, schlenderte zu dem Telefon, das auf dem Kirschbaum-Schreibtisch stand, und nahm einen Schluck, während er über den nächsten Schachzug nachdachte. Seltsamerweise wollte er allein sein, wenn er dieser Frauenstimme lauschte.

    Hopes Stimme. Heute Nachmittag hatte sie sich warm und leidenschaftlich angehört, wie ein dufterfüllter Abend auf einer tropischen Insel, wie schimmernde Perlen auf einem zarten, blassen Hals … wie eine Frau in den Klauen der Lust. Als er diese Stimme gehört hatte, war ihm ein Schauer den Rücken hinuntergelaufen und …
    Idiotisch. Er halluzinierte von einer Unbekannten, die bei einem Auftragsdienst arbeitete. Er brauchte eine Frau. Später am Abend würde er Robyn Bennett anrufen. Robyn war schlank, gepflegt, schön und unkompliziert. Und wenn es ihn bereits nach einer Stimme am Telefon gelüstete, dann brauchte er offenkundig etwas Unkompliziertes. Ja, er würde Robyn anrufen. Aber zuerst …
    Er beugte sich vor und drückte die Nummer des Auftragsdienstes.
    »Sie sprechen mit Hope von Madam Naincis Auftragsdienst. Sie rufen an, um die Nachrichten für Mr. Givens abzufragen?«
    Was für eine Stimme! Freundlich, rau und so sexy. Er holte tief Luft, um das jähe Herzklopfen loszuwerden. Belustigt über sich selbst, über diese Vernarrtheit in eine fremde Frau, machte er sich ein Bild von ihr. Hope war vermutlich in Mrs. Farrells Alter. Sie war Kettenraucherin, roch nach Zigaretten und hatte kräftige, vom Kinderkriegen breit gewordene Hüften. Ihr langes Haar war weiß und zu einem Knoten gewunden. Wenn sie nicht gerade einen Anruf abwickelte, dann kochte sie Spaghetti für ihren Ehemann und ganze Heerscharen von Enkelkindern.
    Zack mochte dieses Bild von Hope. Sie gab seiner ansonsten völlig verrückten Obsession einen Anstrich von Vernunft. »Ja, ich rufe wegen Mr. Givens’ Nachrichten an.«
    »Bitte, bleiben Sie dran. Ich versuche es gerade bei Mrs.
Monahan, aber sie geht nicht ans Telefon. Ich fürchte, sie ist draußen und räumt Schnee.« Hopes Stimme war eindringlich, als müsse er wissen, wovon sie sprach, und etwas dagegen unternehmen.
    Er sank in den ledergepolsterten Sessel, der mit Dutzenden von Justierungsmöglichkeiten
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