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Gepeinigt

Titel: Gepeinigt
Autoren: Theresa Saunders
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Mary
    Mary schreckte aus ihren Gedanken hoch und schlug wütend aufs Lenkrad. Einkaufen! Das hatte sie ganz vergessen. Sie hatte praktisch nichts mehr im Haus, der Kühlschrank war gähnend leer. Und jetzt war sie bereits an all den Geschäften und Take-Aways vorbeigefahren, mit den Gedanken noch ganz bei der Arbeit, bei diesem kniffligen Kerrigan-Bericht, deswegen hatte sie extra Überstunden gemacht. Typisch. Sie starrte grimmig auf die abendlich beleuchteten Straßen. Ob sie umkehren sollte? Nein, warum auch. Die großen Supermärkte hatten ohnehin bald geschlossen. Blieb nur noch die Tanke, wenige Blocks von ihrer Wohnung entfernt. In dem kleinen 7-Eleven bekam sie zumindest das Nötigste. Der Großeinkauf musste eben noch warten, sie hatte sowieso keine Lust darauf.
    Nun gut. Wieder mal nur ein fades Mikrowellengericht. Sie ließ die Schultern hängen und konzentrierte sich auf den Straßenverkehr, der an diesem Samstagabend noch lebhafter war als gewöhnlich. Gerade noch konnte sie ihren Wagen auf die richtige Fahrbahn manövrieren und zum 7-Eleven abbiegen, dessen Eingang in einer Seitenstraße lag. Sie holperte über die Schlaglöcher und stellte ihr Auto auf dem fast leeren Parkplatz ab.
    Da sie auf einmal nichts mehr sehen konnte, öffnete sie die Fahrertür, und die Innenbeleuchtung ging an. Sie kramte
in ihrer schicken schwarzen Ledertasche, einem Geschenk ihres letzten Freundes – die Beziehung hatte nicht lange gehalten -, und fand schließlich ihren Geldbeutel. Bevor sie ausstieg, sah sie sich wie gewöhnlich noch einmal prüfend um. Sie wollte sichergehen, dass nichts herumlag, das unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte. Da war etwas Kleingeld, sie steckte es ein. Und ihr Handy lag noch in der Ladestation. Sie nahm es heraus, steckte es in die Handtasche und schob diese unter den Sitz.
    Sie hatte es eilig, wollte nur noch nach Hause, duschen, sich umziehen und was essen. Sie hatte eine anstrengende Woche hinter sich und war ohnehin stinksauer, weil es wieder einmal sie gewesen war, die einen Teil ihres Wochenendes hatte opfern müssen. Und das für einen Bericht, der ohnehin bloß in irgendeiner Schublade in der Chefetage verstauben würde. Daher achtete sie kaum auf ihre Umgebung, als sie den kleinen Supermarkt betrat, griff sich lediglich ein Currygericht aus dem Kühlregal – extra scharf -, eine Cola und Instantkaffee. Der pickelige Jüngling hinter der Kasse ließ sich Zeit, drehte jeden Artikel hin und her, bis er den Barcode fand. Auf Marys gereiztes Fingergetrommel reagierte er nicht. Als er ihr schließlich die Plastiktüte mit den Einkäufen aushändigte, stürmte sie genervt zum Ausgang und wäre fast mit einem hereinkommenden Kunden zusammengestoßen, weil sie noch damit beschäftigt war, ihr Wechselgeld in den Geldbeutel zu stopfen. Es gelang ihr jedoch, in letzter Sekunde auszuweichen, so dass sie ihn nur mit der Schulter streifte. Der Mann hatte eine Alkoholfahne und roch nach abgestandenen Zigaretten. Sie schüttelte sich. Ohne sich zu entschuldigen, ging sie hastig an ihm vorbei und in die schwüle Nacht hinaus.
    Fast sofort fiel ihr der weiße Lieferwagen auf, der dicht
neben ihrem Wagen geparkt hatte. Gehört wahrscheinlich dem Säufer, dachte sie. Würde jedenfalls erklären, warum er sich so schräg und unangenehm dicht neben ihren Wagen gestellt hatte.
    Â»Arschloch!«, schimpfte sie, während sie sich durch die Lücke zwängte. Den Geldbeutel unter den Arm geklemmt und die Tüte in der linken Hand, fischte sie mit der rechten ihren Wagenschlüssel aus ihrer Gesäßtasche. Hinter ihr ging plötzlich surrend die Schiebetür des Lieferwagens auf. Sie zuckte zusammen, drehte sich aber nicht um. Auf Höflichkeitsfloskeln hatte sie jetzt weiß Gott keine Lust.
    Daher traf sie der Faustschlag an die Schläfe vollkommen unvorbereitet. Sie hatte ein Gefühl, als hätte ihr jemand eine Ladung Pfefferspray verpasst, aber der Schmerz war an der falschen Stelle, eine scharfe Explosion, direkt hinter den Augen. Sie jaulte auf und klappte zusammen wie ein Regenschirm. Selbst ihre Lungen fühlten sich auf einmal luftleer an. Bevor sie jedoch auf dem Boden aufschlagen konnte, schlang sich ein starker Arm wie ein Stahlband um ihre Brust und schnürte ihr den Atem ab. Sie versuchte sich zu wehren, kam aber nicht los, wurde nach hinten in den
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