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Gepeinigt

Titel: Gepeinigt
Autoren: Theresa Saunders
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erbarmungslos auf sie herabbrannte. Sie rollte sich in einer Embryonalstellung zusammen. Ihr war heiß, sie hatte schrecklichen Durst, fühlte sich vollkommen ausgetrocknet. Und mit jeder anrollenden Übelkeitswelle bohrten sich Schmerzen wie ein Dolchstoß in ihren Schädel.
    Eine unbestimmte Zeit verstrich.
    Beim ersten Mal war es ihre Angst gewesen, verbunden mit einem Adrenalinstoß, die sie ins Hier und Jetzt zurückgerissen hatte. Diesmal jedoch empfand sie eine überwältigende Hoffnungslosigkeit. Sie wusste nicht viel, aber eins war sicher. Sie hatte große Angst, und mehr Grund dazu als jemals zuvor. Aber solche Gedanken halfen ihr im Moment nicht weiter. Zuerst einmal mussten Schmerzen und Übelkeit ein wenig abklingen.
    Als sie zum zweiten Mal erwachte, ging es ihr ein wenig besser. Ihr Körper fühlte sich zwar an, als hätte man ihn durch den Fleischwolf gedreht, aber immerhin hatte die Übelkeit ein wenig nachgelassen. Vorsichtig schlug sie die Augen auf. Nichts zu sehen, außer Schwärze. Lag sie etwa noch immer in dem Lieferwagen? Sie drehte ihre Handgelenke, sie waren noch immer gefesselt. Auf einmal spürte sie das fremde, seltsame Gewicht an ihren schmerzenden Fußgelenken. Sie musste all ihre Kraft aufbieten, um sich überhaupt bewegen zu können, aber es gelang. Eine Kette klirrte. Der Mistkerl hatte sie abermals am Boden festgebunden,
diesmal jedoch hing sie an einer Kette. Behutsam tastete sie sich ab, sie wollte feststellen, wo sie überall verletzt war. Ihr Fuß war geschwollen, sowohl ihre Fußsohlen als auch ihre Fuß- und Handgelenke und ihre Finger waren blutig und zerkratzt. Sie hatte Schürfungen an den Schienbeinen, und ihre Rippen fühlten sich an, als hätte sie dort, ebenso wie an ihrer Schläfe, einen mächtigen Bluterguss. Ihre Nase war geschwollen. Aber immerhin schien nichts gebrochen zu sein.
    Sie merkte, dass ihr das Paketklebeband noch immer wie eine makabere Kette um den Hals hing und hinten an ihren Haaren festklebte. Außerdem hatte man ihr aus irgendeinem Grund die Hose heruntergezogen, die ihr jetzt auf den Oberschenkeln hing. Ihre Unterwäsche hatte sie noch an. Was hatte das zu bedeuten? Hatte er sie betatscht? Oder war es im Handgemenge passiert? O Gott, nein, dachte sie schluchzend. Zornig riss sie die Hose wieder hoch, ihre blutigen Finger mühten sich mit dem Knopf ab. Wichtig war, sich jetzt bloß nicht von ihren Ängsten überwältigen zu lassen. Sie schob sie beiseite, verschloss sie fest in einer kleinen Kiste. Der Gedanke, er könne sie begrapscht haben, war so schrecklich, dass sie ihn gar nicht zu Ende zu denken wagte. Stattdessen konzentrierte sie sich auf ihre Umgebung. Die vollkommene Dunkelheit zwang sie, all ihre Sinne zu schärfen. Sie tastete unter sich. Eine dünne Matratze auf einem Betonboden. Links ebenfalls Beton. Die Wände hinter ihr und zu ihrer Rechten waren zu weit weg. Es roch feucht und moderig. Und es herrschte absolute Stille.
    Sie fragte sich, wie lange sie schon auf der Matratze gelegen hatte, wie viel Zeit seit ihrer Entführung vergangen war. Möglicherweise Tage. Ihren Wagen hatte man wohl inzwischen gefunden. Ihre Kollegen waren vermutlich an dem Fall dran und würden versuchen, herauszufinden, wohin
man sie verschleppt hatte. Sie war wütend auf sich selbst. Wie hatte sie nur so blöd, so nachlässig sein können! Ihre Blödheit hatte ihr diesen Schlamassel eingebrockt. Doch jetzt war Köpfchen gefragt. Sie musste rauskriegen, wer dieser Bastard war, und, schlimmer noch, was er von ihr wollte. Auch wenn es noch so widerlich sein mochte.
    Warum ausgerechnet sie? Er kannte ihren Namen, ihren Beruf – sogar ihren Dienstgrad. Ein Racheakt? Oder ein irrer Stalker? Jemand, den sie derzeit in Verdacht hatten? Wusste ich’s doch, dass du eine ganz Clevere bist. Das klang nicht nach einer spontanen Entführung. Eins aber war sicher: Nur ihre eigene Unvorsichtigkeit hatte sie in diese Lage gebracht. Sie war zu nachlässig geworden, zu arrogant, zu selbstsicher.
    Und das war das Resultat.
    Einen Moment lang fühlte sie sich vollkommen hilflos, so wie damals als kleines Mädchen unter der Knute ihres übermächtigen griechischen Vaters.
    Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn sie nicht gegen ihr extrem konservatives und restriktives Elternhaus rebelliert hätte, wenn sie Grundschullehrerin geworden wäre anstatt
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