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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo
Autoren: Giovannino Guareschi
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»Erkürten«, einem nach dem andern,
wie sie die Treppe betraten, die Hand. Sie drückte auch dem
Rumänen aus Neapel die Hand und platzte beinahe vor Lachen. Aber nach
ihm kam der Genosse Scamoggia, und das Lächeln gefror auf ihren Lippen.
    Der letzte, der einstieg, war
Don Camillo.
    »Addio, Genossin«, sagte Don
Camillo.
    »Bete für mich, Genosse«,
antwortete mit einem Hauch von Stimme die Genossin Nadia, während zwei große
Tränen aus ihren Augen sickerten.
    Eine Zeitlang sah Don Camillo
während des Fluges nur diese Augen voll verzweifelter Traurigkeit. Dann
erblickte er durch die Fensterluke die grenzenlosen, vom Nebel verschleierten
Felder und ihm kam ein russischer Satz in den Sinn, den er irgendwo gelesen und
im Büchlein mit »Lenins Maximen«
    notiert hatte:
    » Spasitjel mìra, spaì Rossìu ! – Retter der Welt, rette Rußland !«

Ende einer kleinen Geschichte, die nie endet
     
    » H err« – Don Camillo wandte sich an den
gekreuzigten Christus auf dem Hauptaltar – , »schon
seit zwei Wochen weile ich wieder im Schatten meines Glockenturms, und immer
noch spüre ich den Kummer, der mich auf meiner ganzen Reise begleitet hat, auf
dem Herzen lasten. Kummer, Herr, nicht Furcht. Es gab keinen Grund, Furcht zu
haben. Ich hatte nur Anlaß, mich meiner selbst zu schämen. Ich fühlte die
Demütigung des alten Soldaten, der, sonst an offenes Visier gewöhnt, die
Uniform des Feindes trägt und sich in seine Reihen schleicht, um seine
Bewegungen auszuspionieren oder Fallen zu stellen. Was für eine Qual: das
Kruzifix mit den faltbaren Armen, das im Füllfederhalter versteckt war, das als
›Maximen Lenins‹ getarnte Brevier, die heimlichen Messen, die ich vor dem
Tischchen meines Hotelzimmers gelesen habe. Was für eine Qual...!«
    »Don Camillo, quäle dich
nicht«, antwortete Christus sanft,
    »du hast nicht aus Feigheit so
gehandelt oder um deinen Nächsten hinterrücks zu überfallen, sondern um deinem
Nächsten zu helfen. Wenn dein Nächster vor Durst stirbt –
    verzichtest du dann vielleicht
darauf, ihm den Schluck Wasser, der ihm das Leben wiedergeben wird, zu reichen,
nur darum, weil du dein Wesen verleugnen und dich vor dir selber lächerlich
machen müßtest? Das Heldentum des Soldaten Christi ist die Demut, und sein
wahrer Feind ist der Stolz. Glücklich die Demütigen!«
    »Herr«, widersprach Don
Camillo, »Ihr redet von der Höhe dieses Kreuzes, das der stolzeste Thron des
Weltalls ist und das Ihr erobert habt, indem Ihr mit offenem Visier kämpftet.
Nie habt Ihr Euer Wesen verheimlicht. Nie habt Ihr Euch der Menge in den
Gewändern des Teufels gezeigt !«
    »Don Camillo, ist es vielleicht
nicht Demut für den Gottessohn, wie ein Mensch zu leben und ans Kreuz genagelt
zu sterben, zwischen zwei Schächern? Don Camillo, sieh deinen Gott! Sieh sein
armes, gemartertes, entblößtes Fleisch und die schändliche Dornenkrone, die er
auf seinem Haupte trägt. Ist das vielleicht nicht ein armer Christus ?«
    »Herr«, bestand Don Camillo auf
seinen Worten, indem er die Augen zum gekreuzigten Christus hob, »ich sehe
Euch, aber meine Augen sehen nur das göttliche Licht Eures erhabenen Opfers.
Hingegen erhellt kein Licht, nicht einmal das dünne Flämmchen eines
Zündhölzchens, die traurige Gestalt des
    ›Genossen Don Camillo‹.«
    Christus erwiderte:
    »Und die Flamme, die du in den
Augen der alten Frau von Grevinec entzündet hast? Und die andere, die du in den
Augen des verirrten Soldaten, seiner Frau und seiner Kinder angezündet hast?
Don Camillo – als der Sturm wütete und du auf dem
Schiff dein kleines Kruzifix hervorzogst und es den Unglücklichen zeigtest, die
sich schon an der Schwelle des Todes gla ubten, und du von Gott die Verzeihung
ihrer Sünden erflehtest – warum hat da keiner es
lächerlich gefunden, daß der Genosse Tarocci sich wie ein Diener Gottes
aufführte – warum sind alle niedergekniet und haben
sich bekreuzigt und diesen armen Christus mit den biegsamen Armen geküßt? Hast
du dich nie gefragt, wie das sich ereignen konnte ?«
    Don Camillo war verwirrt.
    »Ich«, stotterte er, »ich habe
mich aufgeführt, wie jeder andere Diener Gottes sich aufgeführt hätte .«
    »Ja, Don Camillo, doch wußte
außer Peppone niemand, daß du ein Diener Gottes bist. Für die andern warst du
nur der Genosse Tarocci. Also?«
    Don Camillo breitete die Arme
aus. Erst jetzt dachte er an diese seltsame Tatsache, und sie erschien ihm
unglaublich.
    »Also«, fuhr Christus sanft
fort,
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