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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo
Autoren: Giovannino Guareschi
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hatte, den Kopf, schaute den Genossen Curullu an und
breitete verzweifelt die Arme aus.
    Diesmal war Nadia nicht zum
Übersetzen gezwungen.
    Das Gespräch hörte damit auf;
der Genosse Oregow machte sich wieder an seine Berichterstattung, und die
andern redeten von anderen Dingen.
    Der Saal war voller Rauch, und
Don Camillo verspürte das Verlangen nach etwas frischer Luft. Er begab sich
hinaus, und Peppone folgte ihm. Der Wind hatte sich gelegt. Sie gingen Seite an
Seite hin und her. Sie schwiegen, bis Peppone auf einmal stehenblieb.
    »Fünfunddreißigtausend Priester !« brüllte er. »Nach einer Revolution, die Ströme von Blut
gekostet hat, und nach zweiunddreißig Jahren entsetzlicher Opfer!«
    »Erzürne dich nicht, Genosse«,
beruhigte ihn Don Camillo.
    »Versteife dich nicht auf die
Anzahl der Priester! Es sind keine Priester in unserem Sinne, sondern
sowjetische Funktionäre, die vom Papst wie von einem Feind des Friedens
sprechen. Ihr früheres Oberhaupt, dem das heutige genau entspricht, war jener
Patriarch Alexius, der Stalin ›bògom dànnyj ‹, den Gottgesandten, nannte. Auf dem
Felde der Religion hat der Kommunismus den Krieg verloren, jedoch nicht den
gegen die Priester. Er hat den Krieg gegen Gott verloren. Der Kommunismus kann
die Priester entfernen oder, noch schlimmer, sie kontrollieren, aber er kann
Gott nicht entfernen oder kontrollieren. Drei wichtige Kriege hat das
sowjetische Regime verloren: den gegen Gott, den gegen die Bauern und den gegen
das Bürgertum. Nach zweiunddreißig Jahren blutiger Kämpfe hat das Sowjetregime
den Mond und den atomischen Weltrekord erobert. Es hat mit der
wissenschaftlichen Erklärung jeder natürlichen und übernatürlichen Erscheinung
den Aberglauben zermürbt. Es ist unbeschränkter Herrscher Rußlands, der Russen
und ich weiß nicht wie vieler Satellitenländer geworden. Es hat das Bürgertum
ausgerottet.
    Aber heute suchen die Russen
Gott und opfern ihre mühsam verdienten Rubel, um Kirchen zu öffnen und Priester
zu bezahlen. Die Landwirtschaft war noch nicht imstande, die Produktio n vor
der Reform zu erreichen, und um die Bauern zum Arbeiten zu bringen, mußte man
ihnen ein Stück privaten Bodens und den freien Markt für die Erzeugnisse dieses
Bodens überlassen. Ein neues Bürgertum übernimmt den Platz des alten und wird
immer umfassender und mächtiger. Erzürne dich nicht, Genosse Proletarier. Mit
deinem prächtigen blauen Doppelreiher und deinem doppelten Lohn als Senator und
Funktionär der Partei bist du doch auch ein Bürger, mit einem Konto auf der
Bank und einem blitzenden ›1800 ‹ !«
    »Was ›1800‹ !« wehrte sich Peppone. »Ein gewöhnlicher ›1100‹ aus zweiter Hand.«
    Don Camillo schüttelte den
Kopf.
    »Genosse«, sagte er streng,
»was hier zählt, sind nicht die Zylinder, sondern das Prinzip .«
    An diesem Punkte angekommen,
zog Peppone ein ledernes Etui aus der Tasche und entnahm ihm eine wundervolle
toskanische Zigarre.
    Don Camillo, der seit zwei
Tagen mit offenen Augen von einer toskanischen Zigarre träumte, riß die Augen
auf und rief, nachdem er einen Seufzer, der einem Tornado glich, ausgestoßen
hatte, voll Bitterkeit:
    »Und während das Bürgertum
praßt, leidet das Volk !«
    Peppone brach wütend die
Zigarre entzwei und streckte eine Hälfte aufgebracht Don Camillo hin.
    »Fünfunddreißigtausend Pfaffen
sind nicht genug !« murrte er.
    »Auch Euch brauchte es noch !«
    Man hörte die Sirene des
Schiffes.
     
    Das Schiff hieß »Partisan«. Es
war ein modernes und kräftiges Schiff, doch leicht gebaut, weil nur für
Küstenfahrten bestimmt.
    Dieser Aufgabe wurde es
herrlich Meister, und die erste Stunde Fahrt verging auf die denkbar beste Art.
    Unglücklicherweise mischte sich
der Teufel drein, denn plötzlich verdunkelte sich der Himmel und der Wind wurde
zum Sturm. Immer größere Wogen begannen das Meer aufzuwühlen.
    Die Geschichte sah böse aus. Um
der Gefahr, daß eine Grundwelle das Schiff packte und auf die Küste warf, zu
entgehen, fuhr der Kapitän aufs offene Meer hinaus und suchte besseres Wasser.
    Er fand keines, und da die
Heftigkeit des Sturmes sich steigerte, gehorchte das Schiff bald dem Steuer
nicht mehr. Es war eine Angelegenheit von Minuten. Die Passagiere befanden sich
unter Deck, und auf einmal erschien ein Matrose mit einem Armvoll Sachen, die
er auf den Boden warf, wobei er irgend etwas schrie.
    »Der Kapitän befiehlt, die
Rettungswesten anzuziehen und an Deck zu kommen«, übersetzte die
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