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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo
Autoren: Giovannino Guareschi
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Bord. Zwei Stunden später hatte
jeder sein Alltagsgesicht zurückgewonnen.
    Schließlich war nichts
Außergewöhnliches geschehen. Ein etwas erzürntes Meer, ein paar Wassergüsse,
ein zertrümmerter Lukendeckel, zwei verlorene Rettungsboote – alles Dinge, die jedem Seefahrer zustoßen können.

    Der Genosse Oregow war
vergessen worden. Er kehrte allen ins Gedächtnis zurück, als das Schiff im
Hafen von O. anlegte, und es war die Genossin Nadia, die die andern an ihn erinnerte.
    Der Landungssteg war an Bord
geschoben worden, und Peppone, gefolgt von den Genossen, war im Begriff, an
Land zu gehen, als sich die Genossin Nadia vor ihm aufpflanzte.
    »Man wird den Genossen Oregow
abwarten müssen«, erklärte sie.
    Sie war bleich, und Furcht
zitterte in ihrer Stimme.
    Der Kapitän kam dazu, sprach
mit Nadia und ging mit ihr in seine Kajüte.
    Sie kehrten nach wenigen
Minuten zurück, und der Kapitän verabschiedete sich lächelnd von Peppone und
den anderen
    »Erkürten«.
    » Kak trevòga, tak do Bòga « , sagte
er zu Don Camillo, während er ihm die Hand drückte.
    »Wir können aussteigen«,
erklärte die Genossin Nadia.
    »Leider hat eine Welle den
Genossen Oregow noch ganz zuletzt ins Meer gerissen, während wir uns unter Deck
befanden. Die Partei hat einen treuen und gescheiten Funktionär verloren,
Rußland einen wertvollen Soldaten .«
    Sie stiegen aus, und als sie an
Land waren, wandte sich Don Camillo dem Meere zu, indem er auf den noch
stürmischen Wogen und im finstern und bedrohlichen Himmel die Seele des
Genossen Oregow suchte.
    »Daß Gott auch deine Sünden
vergebe !« flüsterte er, und Angst umschnürte sein
Herz. Er versuchte verzweifelt, sich zu überzeugen, daß man dem Genossen
Kapitän glauben müsse.
    Wenn der Kapitän ins Bordbuch
geschrieben hatte, der Sturm hätte zwei Boote und den Genossen Oregow
fortgerissen, gab es keinen Grund, dem Genossen Kapitän zu mißtrauen.
     
    Der Sturm hatte den Start des
Flugzeugs für Berlin verzögert, und im Autobus, der sie zum Flughafen brachte,
saß Don Camillo dem Genossen Scamoggia gegenüber.
    »Also, Genosse«, sagte er,
»jetzt heißt es voneinander Abschied nehmen. Wir reisen ab und du bleibst .«
    »Nein«, antwortete Scamoggia.
»Auch ich reise ab .«
    »Ist es der Genossin Nadia
nicht gelungen, dich zum Bleiben zu bewegen ?«
    »Ich habe mit ihr darüber nicht
einmal gesprochen«, erklärte Scamoggia. »Ich habe mir überlegt, daß die
Kommunistische Partei Italiens mich noch nötig hat .«
    »Bravo, Genosse«, drückte Don
Camillo sein Wohlgefallen aus. »Wer sein Herz zum Schweigen bringt, um auf die
Stimme der Pflicht zu hören, ist ein guter Soldat der Sache .«
    Der Genosse Scamoggia seufzte
und begann, zum Fenster hinauszublicken.
    Der Flugplatz!
    Der Autobus hielt vor dem
Gitter, und alle stiegen aus. Die Genossin Nadia betrat das Büro zusammen mit
dem Genossen Peppone und wies die Reisepapiere vor. Der Kommandant der
Grenzpolizei prüfte die Papiere; dann gab er das Verzeichnis der
    »Erkürten« einem
Übersetzer-Unteroffizier, der mit lauter Stimme die Litanei begann:
    »Bacciga Pietro...«
    Bacciga trat ein.
    Der Offizier schaute Peppone
an, der durch Kopfnicken bejahte; dann sagte die Genossin Nadia: »Stimmt !«
    »Capece Salvatore.«
    »Ja.«
    »Stimmt .«
    Die Geschichte wiederholte
sich, als die Genossen Gibetti, Friddi Li, Peratto dran waren.
    »Rondella Walter.«
    Der in Gedanken versunkene
Peppone erinnerte sich nicht, daß der Genosse Rondella mit einer amtlichen
Bescheinigung zur Basis zurückbefördert worden war. Als er sich daran
erinnerte, war es zu spät. Der verdammte Neapolitaner-Rumäne, den er in der
Kolchose Tifiz getroffen hatte, stand vor ihm mit einem außergewöhnlich frechen
Gesicht.
    Und schon hatte Peppone mit dem
Kopf bejaht.
    »Stimmt«, sagte ohne zu zögern
die Genossin Nadia.
    Als die Reihe an den Genossen
Tarocci kam, hatte Peppone verrückt Lust, »Nein« zu sagen, aber das dauerte nur
eine Sekunde.
    »Zehn angekommen, zehn
ausgereist«, rief lachend der Übersetzer aus und reichte Peppone die Papiere.
    Während sie sich zum Flugzeug
begaben, näherte sich Don Camillo der Nadia Petrowna und fragte sie, was die
Abschiedsworte des Kapitäns bedeuteten.
    »Du hast es mit eigenen Augen
gesehen, Genosse: ›Wenn man in Gefahr schwebt, erinnert man sich an Gott.‹«
    »Alte Sprichwörter überholter
Zeiten«, brummte Don Camillo.
    Dann war es Zeit, an Bord zu
gehen, und die Genossin Nadia drückte den
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