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Gemordet wird immer

Gemordet wird immer

Titel: Gemordet wird immer
Autoren: T Korber
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Mittelstrahl, der auf seinen Kopf einprasselte. Es tat weh, aber wenigstens spürte er sich auf diese Weise noch. Und das Wasser umhüllte ihn wie ein schützender Vorhang, wie ein Schleier vor der Menge, die ihn bedrohte.
    Viktor versuchte den Kopf zu wenden, aber der Druck des Laufs verstärkte sich und sagte ihm, dass er das besser bleiben ließ. Steif wiederholte er: »Das wird nicht funktionieren.«
    Als Antwort kam nur ein Schnauben.
    »Ich erkenne Ihre Stimme«, versuchte er es. Es war eine Lüge. Und sie zeigte keine Wirkung.
    »Am Arsch«, sagte der Mann, der ihn bedrohte. »Aber damit du beruhigt bist, es wird folgendermaßen laufen: Du bist hier einfach eingedrungen. Wäre ja nicht das erste Mal«, fügte er hinzu, »nicht wahr? Die Alte hat dich gehört, dich in ihrer senilen Verwirrtheit für einen Einbrecher oder sonst jemanden gehalten. Vielleicht sogar für den Mörder ihres Sohnes, was meinst du? Aber wie auch immer: Sie überrascht dich hier oben an der Treppe, schießt auf dich, du bist getroffen, tödlich, wie ich hinzufügen möchte, du stürzt, reißt sie mit dir.« Er hielt inne, um dem Körper der alten Frau einen Tritt zu geben, der sie zum Rand der Treppe kullern ließ.
    Unwillkürlich zuckte Viktor zusammen. Er hörte, wie die Waffe an seinem Hals entsichert wurde.
    »Und da liegt ihr dann«, fuhr sein Peiniger seelenruhig fort, »bedauerlicherweise beide tot.« Er räusperte sich. »Dorota«, sagte er. »Nimm ihre Hand mit der Waffe.«
    Sie gehorchte. Die Hand der Greisin in der ihren, kauerte sie vor Viktor und richtete die Pistole auf ihn.
    »Bitte nicht«, flehte Viktor.
    »Nun komm schon«, erklang das Kommando hinter ihm. »Du hast das doch schon mal gemacht.«
    »Da war ich wütend«, flüsterte sie. Tränen schossen ihr in die Augen. »Ich war doch nur so wütend. Weil, weil …«
    »Er war ein Arsch und hat dich hingehalten, hat dich hintergangen, dir keinen Cent geben wollen.«
    Sie weinte jetzt. »Er hat gesagt, nicht regelmäßig, damit seine Frau nicht merkt. Immer nur bar, immer bitte, danke. Immer hab ich gebettelt. Und als er dann in Polen war, wollte er sie nicht einmal sehen. Nicht ein einziges Mal.«
    »Aber ihr Foto hat er bei sich getragen«, warf Viktor ein. Er wusste selbst nicht, warum er das sagte.
    Sie schaute ihn an, die Mündung der Waffe zeigte noch immer auf ihn. »Er hat mir gesagt an dem Tag, dass er nichts mehr will wissen. Hat verlangt Gentest, hat gesagt, ich sei …« Sie verstummte. »Gewehr lag noch da. Ich hab einfach nur …« Sie schluchzte auf. »Ich war so wütend.«
    »Du hast ihn umgebracht«, rief der Mann und gab Viktor einen Tritt. »Also was willst du. Jetzt bring es zu Ende, und dann kannst du das Häuschen haben. Dein eigenes Chalet. Und ich leg noch was drauf.«
    »Ich kenne Ihre Stimme«, wiederholte Viktor. Diesmal meinte er es ernst. Mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, wandte er sich um. »Herr Mertens.«
    »Was bildet der Typ sich ein!«
    »Ein Schläger!«
    »Rücksichtslos!«
    »Total besoffen!«
    »He, du Spasti, komm raus da.«
    Aus allen Richtungen flogen Beschimpfungen hinüber zu Tobias, der mit blauen Lippen im Brunnen kauerte.
    »Die Polizei müsste man rufen!«
    »Die Feuerwehr!«
    »Der Kerl hat eine Abreibung verdient!«
    Einige applaudierten, als ein paar junge Männer sich die Turnschuhe aufschnürten und Anstalten machten, in den Brunnen zu springen. Die Menge der Schaulustigen war auf einige Dutzend angewachsen. Obwohl der Ruf nach den Ordnungshütern schon mehrfach laut geworden war, kam eine gewisse Enttäuschung auf, als im selben Moment das Martinshorn der Einsatzwagen hörbar wurde. Dennoch wich niemand von seinem Platz. Man wollte sehen, wie die kräftigen Beamten, die aus dem Auto sprangen, den Psychopathen überwältigten und abführten.
    Der Verletzte mit der blutenden Nase drängte sich vor, umgeben von Zeugen, die fuchtelnd zu Protokoll geben wollten, was sie gesehen hatten. Die Worte »gewalttätig«, »Drogen«, »psychopathisch« flogen durch die Luft. »Der ist einfach so auf die Leute losgegangen.«
    »Am Ende ist der bewaffnet.«
    Kaum jemand achtete auf die junge Frau im Kostüm, die aus einem der Wagen stieg. Karoline Schneid blieb einen Moment stehen, um die Szene zu betrachten. Sie hatte sich denken können, was passiert war, als sie im Wagen die Nachricht an die Kollegen von der Schutzpolizei mitangehört hatte. Nach all den Jahren hab ich wohl langsam Übung darin, einen Autisten in der
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