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Gemordet wird immer

Gemordet wird immer

Titel: Gemordet wird immer
Autoren: T Korber
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Fenster trat. Hedwig seufzte. »Sie würde mich umbringen, wenn sie wüsste, dass ich es dir verraten habe.«
    »Oh, sie ahnt es möglicherweise«, meinte ihr Mann, ohne sich umzudrehen.
    »Möchtest du ein Baiser?«, fragte Hedwig ihren Neffen.
    »Ich will einen neuen Kopf.« Er stöhnte. »Ist das ein Krankenhaus?«
    »Die Klinik am Stadtpark«, bestätigte seine Tante.
    »He, hab ich euch schon erzählt, dass ich in Toronto mal vier Monate auf Station gearbeitet habe?«
    Sein Onkel hob die Hände. »Bitte, verschone uns«, knurrte er. »Das glaubt doch ohnehin kein Mensch.«
    »Im Ernst, ich weiß alles über multiresistente Keime.«
    »Multiresistente Keime?« Hedwig riss entsetzt die Augen auf. Ihm fiel auf, dass sie ihre Schürze nicht anhatte. Irgendwie verstärkte das sein Gefühl, dass eine Ausnahmesituation vorlag.
    »Klar«, sagte er, »die lauern überall. Sogar in der Cola.« Plötzlich fiel ihm etwas ein. Er schaute sich um. »Wo ist Tobias? Ist er …«
    Seine Tante bemühte sich um eine milde Stimme. »Tobias geht es gut«, sagte sie und strich über sein Haar.
    »Dein Verdienst ist das nicht.« Die Stimme seines Onkels klang ärgerlich. »Wie konntest du nur …«
    »Wolfgang, bitte, er ringt doch praktisch noch mit dem Tode.«
    »Er ringt mit der Realität«, blaffte ihr Mann. »Und zwar Zeit seines Lebens.« Noch einmal hob er die Hände, fand aber nicht die richtigen Worte. Schließlich schnaubte er und ging hinaus.
    »Im Moment steht es zwei zu eins für mich«, rief Viktor ihm nach.
    »Das halte ich für eine optimistische Schätzung«, meinte Karoline Schneid, die in der Tür beinahe mit Wolfgang Anders zusammengestoßen wäre.
    Viktor fuhr sich mit den Händen durch die Haare und versuchte, sich aufzurichten.
    Seine Tante kam ihm zuvor. »Frau Schneid«, säuselte sie und ergriff beide Hände der Kommissarin. »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll. Sie sind so rücksichtsvoll mit Tobias umgegangen, so einfühlsam. Wenn Sie nicht gewesen wären, dann weiß ich nicht …«
    Karoline Schneid lächelte ein wenig gequält. »Schon gut«, sagte sie knapp.
    »Rücksichtsvoll?«, erkundigte Viktor sich. »Einfühlsam? Redet sie von Ihnen?«
    »Viktor!«, rief seine Tante empört. »Du hättest sie sehen sollen. Wie sie Tobi an der Hand ins Haus geführt hat.«
    Karoline Schneid zeigte ihre perfekten Zähne. »Nun ja.«
    »Tobias?«, fragte Viktor. »Tobias durfte Ihre Hand halten?«
    Karoline Schneid schaute ihn an. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie ihm von ihrer Schwester erzählen sollte. Von den endlosen Nächten voller Geschrei und Gewalt, dem Hämmern der Nachbarn an die Decke, den demütigenden Besuchen des Jugendamts. Von den Kämpfen mit den Heimen, aus denen sie ihre Schwester immer wieder herausgeholt hatte. Bis auch ihre Kräfte versagten.
    Viktor bemerkte etwas in ihrem Blick und lächelte. »Wenn ich gewusst hätte, dass Sie auf die Sorte Männer stehen, hätte ich das Projektil selber abgeleckt.«
    »Viktor!« Seine Tante schwankte zwischen Verlegenheit und Zorn.
    »Und habe ich Ihnen schon erzählt, dass ich unter Alpträumen leide? Und schlafen kann ich nur, wenn ich mein Kissen dreimal umgedreht habe. So etwas nennt man einen Tick, jawohl!«
    Karoline Schneid schloss die Lippen und betrachtete sein hoffnungsvolles Gesicht. Mit einem Mal fasste sie Vertrauen zu dem Kranken dort im Bett. Aber nein, ihre Geschichte ging niemanden hier – niemanden irgendwo – auch nur das Allergeringste an.
    Viktor sah den Schimmer in ihren Augen schwinden und öffnete schon den Mund, doch seine Tante mischte sich bereits wieder in die Unterhaltung ein. »Möchten Sie ein Baiser, Frau Kommissarin?« Hedwig Anders streckte nervös die Schüssel zwischen sie. »Und vielen Dank auch, dass Sie Viktor zu Hilfe gekommen sind. Ohne Sie wäre er jetzt vielleicht tot.« Sie warf ihrem Neffen einen vielsagenden Blick zu. So macht man das, besagte der.
    Karoline Schneid machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nachdem die beiden nicht in der Logopädie angekommen sind, hatte ich ja fast schon so etwas wie eine Ahnung. Ich wäre so oder so bei den Bulhaupts und Brückner vorbeigefahren, um sicherzugehen, dass Ihr Neffe nicht wieder einen investigativen Drahtseilakt vollführt. Mit Hund und Autist.«
    »Ach Gott.« Tante Hedwig schlug die Hände an die Wangen.
    »Als dann die Nachricht über Funk kam, dass dort ganz in der Nähe eine Person in einem Brunnen randaliert, die sich auf den Kopf schlägt und
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