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Gemordet wird immer

Gemordet wird immer

Titel: Gemordet wird immer
Autoren: T Korber
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raus«, verlangte er. »Nein, Lisa-Mia, du nicht.«
    »Unmöglich«, mokierten sich ein paar Damen mit Blick auf Tobias’ feucht gewordene Unterhosen.
    »Sehen wir aus, als würde so ein Freak zu uns gehören?«, meinte ein Junge mit neonblauer Bürste. Seine Freundin kicherte. Sie wog die leere Dose in ihrer Hand, holte aus und warf. Sie traf Tobias überraschend genau an der Stirn, der blieb stehen und hielt sich mit beiden Händen das Gesicht. Sein schrilles Geschrei erschreckte alle Beteiligten.
    »Nimm es weg«, kreischte er. »Nimm es weg.«
    »Hat ’se der nicht alle?«, fragte der Junge mitleidlos.
    »Der is’ ja komisch.« Es flog eine zweite Dose, und noch eine.
    Tobias bekam kaum mit, wie sie rechts und links von ihm ins Wasser klatschten. Eine weitere streifte ihn an der Schulter. Er riss seine blauen Augen auf, verstand nicht. Nur, dass hier etwas Böses war. »Ich versteck mich in der Uhr«, kreischte er.
    »Tick, tack«, kommentierte jemand und machte eine entsprechende Geste an seiner Schläfe. »Der ist doch komplett irre.«
    Die nächste Dose traf wieder ihr Ziel.
    Als Viktor erwachte, starrte er direkt in das tote Gesicht von Frau Bulhaupt senior.
    Er blinzelte und versuchte sich aufzurichten. Der Schmerz stach in seinen Hinterkopf und ließ ihn stöhnen. Ihm wurde schwarz vor Augen. Als er langsam wieder zu sich kam, sah er, dass die alte Dame auf dem Boden des Flurs lag, lang ausgestreckt auf dem Rücken.
    Wieso war sie aufgestanden? Was hatte sie hier draußen zu suchen? Und warum hielt sie in ihrer Hand eine kleine, perlmuttfarben eingelegte Pistole? Neben ihr auf dem Boden saß Dorota.
    »Dorota?«, versuchte Viktor zu sagen. Aber er musste husten. Erst beim zweiten Mal brachte er den Namen heraus. »Warum haben Sie das gemacht?«, fragte er. Er versuchte zu denken. »Ging es um das Geld?«
    Sie lachte und schlug sich dann die Hand vor den Mund. Er sah, dass ihre Finger zitterten.
    »Das wird nicht funktionieren«, sagte er, während er sich langsam zum Geländer schob, um sich aufzurichten. Ihm wurde schlecht, und das Schwindelgefühl ließ ihn wünschen, er könnte sich einfach ebenso ausstrecken wie Amalie Bulhaupt. Aber er hatte noch keine Lust zu sterben.
    Dorota stand einfach da und starrte ihn mit großen Augen an.
    »Sie wissen doch«, sagte er schwer atmend, »dass das nicht funktioniert.« Aus den Augenwinkeln sah er eine Bewegung. Im nächsten Moment drückte sich ein Pistolenlauf gegen seinen Hals. Und eine männliche Stimme sagte: »Ich glaube aber doch.«
    »Schluss jetzt mit dem Kasperletheater«, sagte der Vater von Lisa-Mia, stellte seine Tochter ab und stieg kurz entschlossen in das Becken. Mit grimmigem Gesicht pflügte er auf Tobias zu, der dazu übergegangen war, sich auf den Kopf zu schlagen, während er unaufhörlich Märchenzeilen zitierte.
    »Du kommst jetzt sofort da raus. Wo kommen wir denn da hin.« Er streckte die Arme aus, um Tobias zu packen, der hysterisch kreischend auswich. Zum großen Gelächter des Publikums.
    Der Mann sah rot. »Reiß dich gefälligst zusammen«, rief er, »du verdammter Idiot.«
    Tobias war außer sich. »Böses Wort, böses Wort« rief er, neigte sich vor und schrie so laut, wie es ihm nur möglich war, brüllte all seine Wut und seine Hilflosigkeit heraus.
    »Wirst du wohl«, sagte der Mann. Fest packte er Tobias dünnen, vom Wasser kalt und glitschig gewordenen Oberarm. Er lächelte triumphierend »Hab ich dich!«
    Da holte Tobias mit seinem fuchtelnden Arm aus und schlug dem Mann mit voller Wucht ins Gesicht. Ein Knacken war zu hören.
    Der Mann ließ von Tobias ab und hielt sich die Hände vor das Gesicht. Zwischen seinen Fingern tropfte es rot. »Er hat mir die Nase gebrochen.« Schnell überschritt seine Stimme die Grenze zur Hysterie. »Der Dreckskerl hat mir die Nase gebrochen.«
    Jemand griff zu seinem Handy und wählte die Nummer der Polizei.
    Tobias bibberte und bebte. Der Lärm, die Feindseligkeit und die wogenden Bilder um ihn herum verschmolzen zu einem einzigen Wirbel, der ihn zu überwältigen drohte. Er begann zu spüren, wie seine Haut kribbelte und sich aufzulösen begann. Bald würde er die Grenzen seiner Gestalt nicht mehr spüren, dann würde er von der Rotation verschluckt werden, in tausend Stücke zerspringen und für immer verloren sein.
    Wie ein verwundetes Tier wimmernd, nicht einmal schreien konnte er mehr, zog er sich Schritt für Schritt zurück ins Zentrum des Brunnens und stellte sich in den kräftigen
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