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Geisterstunde

Geisterstunde

Titel: Geisterstunde
Autoren: Glen Cook
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sagen, woran es lag, aber er war einer der häßlichsten Männer, die ich jemals gesehen habe. Er sah ziemlich fit aus, aber er war einer dieser Menschen, die immer so aussehen, selbst wenn sie ewig leben. Er stand stocksteif da, als hätte er einen Besen verschluckt.
    »Mir geht es gut«, erklärte er und schüttelte feierlich meine Hand. Mit seinen kleinen, runden, glänzenden Augen musterte er mich, als könnte er durch mich hindurchsehen. Diesen Dreh hatte er schon immer draufgehabt. »Sie haben ein paar Pfund zugelegt.«
    »Was ich da hinzugewonnen habe, ist mir hier oben verlorengegangen.« Ich tippte auf mein Haar. Bis jetzt bemerkte nur ich, daß es lichter wurde. »Kommen Sie rein. Was treibt Sie nach TunFaire?«
    »Ich habe mich zur Ruhe gesetzt. Hab das Corps verlassen. Man hört so einiges von Ihnen. Ziemlich aufregende Geschichten. Ich war gerade in der Nähe und dachte, ich komme mal vorbei. Wenn Sie nicht zu beschäftigt sind.«
    »Bin ich nicht. Wollen Sie ein Bier? Kommen Sie mit in die Küche.« Ich ging voran in Deans Reich. Der alte Knabe war nicht da, konnte es also nicht verteidigen. »Wann haben Sie Ihren Abschied genommen?«
    »Ich bin schon seit drei Jahren draußen, Garrett.«
    »Ehrlich? Ich hatte gedacht, Sie würden mit hundertfünfzig in vollem Harnisch den Löffel abgeben.«
    Er hieß Blake Peters. Die Jungs in der Kompanie nannten ihn den Schwarzen Peter. Er war unser kommandierender Sergeant, der Spieß, und von allem, was wir kannten, kam er Gott oder dem Teufel am nächsten. Er war die Art Berufssoldat, die aus einem Kleiderständer einen richtigen Kerl machte. Ich konnte ihn mir nicht als Zivilisten vorstellen. Seit drei Jahren ausgemustert? Er wirkte wie ein verkleideter Marine-Sergeant.
    »Wir verändern uns alle. Ich habe angefangen, zuviel nachzudenken, statt einfach nur zu tun, was man mir befohlen hat. Kein schlechtes Bier, übrigens.«
    Es war hervorragender Stoff. Weider, der Besitzer der Brauerei, hatte mir ein Faß aus seinem besonderen Vorrat geschickt. Damit zeigte er sich für einige Gefallen erkenntlich, die ich ihm in der Vergangenheit erwiesen hatte. Gleichzeitig erinnerte er mich daran, daß ich noch auf seiner Gehaltsliste stand. Ich hatte mich schon eine ganze Weile nicht mehr bei ihm blicken lassen, und er fürchtete offenbar, seine Angestellten könnten wieder auf die Idee kommen, nebenberuflich Bier zu verkaufen.
    »Also, was machen Sie so?« Mir war unbehaglich, fast so, als würde ich aufgeklärt. Ich hatte zwar nie selbst die Erfahrung machen können – mein Vater ist im Cantard gefallen, als ich vier Jahre alt war –, aber die Jungs haben es mir beschrieben. Sie haben sich auch unbehaglich gefühlt, als sie das erste Mal mit ihren Vätern von Mann zu Mann sprachen. Der Schwarze Peter war nie mein Freund gewesen, er war der Spieß. Er mochte es jetzt nicht mehr sein, doch ich kannte ihn nur so.
    »Ich arbeite für General Stantnor. Ich war in seinem Stab. Als er ausgeschieden ist, hat er mich gefragt, ob ich mitkommen wollte. Das habe ich gemacht.«
    Ich grunzte zustimmend. Stantnor war zu meiner Zeit noch Oberst gewesen. Er war der Befehlshaber der Marines, die von Full Harbour aus operierten, etwa zweitausend Mann. Ich habe ihn nie persönlich zu Gesicht bekommen, aber ich hätte während meiner Wehrdienstzeit einiges über ihn erzählen können. Wenig Schmeichelhaftes. Etwa zu der Zeit, als ich meine fünf Jahre abgeleistet hatte, wurde er Kommandant des ganzen Corps und war nach Leifmold versetzt worden. Dort liegen die Hauptquartiere der Navy und der Marines von Karenta.
    »Der Job ist fast derselbe wie früher, nur die Bezahlung ist besser geworden«, erzählte Peters. »Sie sehen so aus, als kämen Sie zurecht. Haben sogar ein eigenes Haus, wie man sagt.«
    Das war der Moment, von dem an ich mißtrauisch wurde. Es war nur eine winzig kleine Stimme in meinem Kopf, ein Wispern. Anscheinend hatte er seine Hausaufgaben gemacht, bevor er auftauchte. Das hier war kein einfacher Höflichkeitsbesuch um der alten Zeiten willen.
    »Ich nage nicht am Hungertuch«, gab ich zu. »Aber ich mache mir Sorgen um die Zukunft. Wie lange die Reflexe noch schnell bleiben und der Verstand funktioniert. Die Beine sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.«
    »Sie brauchen mehr Bewegung. Sie halten sich nicht in Form, das sieht man.«
    Ich schnaubte verächtlich. Morpheus Ahrm reichte mir. »Halten Sie mir bloß keinen Vortrag über Kaninchenfraß und totes Fleisch.
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