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Geisterstunde

Geisterstunde

Titel: Geisterstunde
Autoren: Glen Cook
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auch ein ganzes Faß.«
    »So schlimm?«
    »Noch viel schlimmer. Bring mir auch einen Hammer.« Ich ging in mein Büro und sah mir die Stelle an, an der ich Eleanors Bild aufhängen wollte.
    Dean bewegte sich mit verblüffender Geschwindigkeit. Das würde ich mir merken, wenn er das nächste Mal wieder in seinem üblichen Schneckentempo herumkroch. Er kam in weniger als einer Minute mit einem Bier, einem Hammer und Nägeln zurück. Ich leerte den Humpen in einem Zug. »Mehr.«
    »Ich habe auch eine Mahlzeit vorbereitet. Sie sehen aus, als könnten Sie eine brauchen.«
    Der alte Leisetreter. Er wollte, daß ich erst etwas Warmes in den Bauch bekam, bevor ich ernsthaft anfing zu saufen.
    »Ich habe deine Kochkunst vermißt.« Ich schlug einen Nagel in die Wand, und Dean brachte frisches Bier, bevor ich Eleanor auspackte. Diesmal hatte er neben dem Humpen auch gleich den Krug mitgebracht.
    Ich wickelte die Lady aus, hängte sie auf und trat zurück.
    Es war nicht mehr dasselbe Gemälde.
    Na ja, irgendwie schon. Aber es hatte sich etwas verändert. Die Intensität, die Wut und das Entsetzen waren nicht mehr da. Trotzdem sah das Bild genauso aus. Nur schien Eleanor zu lächeln. Sie schien auf etwas zuzulaufen, statt vor etwas weg.
    Nein. Es mußte dasselbe Bild sein. Ich war es, der sich verändert hatte. Ich drehte ihm den Rücken zu. So ein begnadeter Maler war Schleicher Bradon nun auch wieder nicht gewesen.
    Ich warf einen Blick über die Schulter zurück. Eleanor lächelte mich an.
    Ich trank noch einen Humpen auf ex. Dean ging eilig in die Küche, um das Essen fertig zu kochen, bevor ich mich besinnungslos betrunken hatte.
     
    Der Tote Mann zerrte mich beinah gegen meinen Willen in sein Zimmer und zog mir die Geschichte aus der Nase. Er krittelte nicht an mir herum, was ungewöhnlich war. Nicht einmal ein kleiner Streit war drin, obwohl ich mein Bestes gab, einen vom Zaun zu brechen. Statt mir triumphierend meine Fehler um die Ohren zu schlagen, mich zu tadeln, weil ich nicht eher erkannt hatte, daß Jennifer eine verrückte Mörderin gewesen war, versenkte er nur rücksichtsvolle Kommentare in meinen Kopf. Als ich fertig war, gab er mir einen ausführlichen Bericht der neuesten Nachrichten aus dem Cantard.
    Trotz meiner Stimmung interessierte es mich.
    Glanz Großmond hatte Full Harbour angegriffen. Er hatte zuviel gedroht und posiert. Jetzt mußte er beweisen, daß er nicht nur heiße Luft von sich gab. Er hatte alles versucht, nächtliche Attacken von See und aus der Luft geführt, und dabei die Lebewesen aus dem Cantard eingesetzt. Er hatte versucht, die Stadttore zu erobern, damit seine Truppen in die Stadt gelangen konnten. Und man hatte ihm den Hintern versohlt. Wie ich es vorausgesagt hatte.
    »Da geht er hin, der Nimbus der Unbesiegbarkeit«, sagte ich dem Toten Mann.
    Er antwortete mit einem dröhnenden, mentalen Gelächter. Ganz und gar nicht. Sie werden ihn verfolgen, um ihn vollkommen zu vernichten. Und zwar in seinem eigenen Land.
    »Oh.«
    Ach so. Wenn er sie dort draußen besiegte, dann gab es nicht mehr genug Verteidiger, um die Stadt vor dem nächsten Angriff zu schützen. Vielleicht. Und unsere Jungs würden ihn jagen. In einem ungeordneten Haufen. Wir hatten nicht genug fähige Kommandeure. Unser letzter kompetenter General hatte sich vor drei Jahren zur Ruhe gesetzt.
    Ich bin neugierig, Garrett. Warum sollte dir die Frau im Quartier des Sergeant den Schädel einschlagen? Du hast dich doch geschützt, indem du sie mit deinem jugendlichen Charme geradezu überhäuft hast. Er konnte es einfach nicht lassen, ab und zu eine kleine Stichelei anzubringen.
    »Ich glaube nicht, daß sie mich töten wollte. Sie wollte nur das Testament, bevor ich es finden konnte.«
    Warum?
    Ich hatte das Gefühl, daß er es schon wußte und nur herausfinden wollte, ob ich selbst darauf kam. »Aus einem ganz anderen Grund, als ich zu dieser Zeit annahm. Sie wollte es vernichten. Wenn sie die Abschriften zerstörte, hätte sie niemanden mehr töten müssen. Ohne Testament gab es keine anderen Erben mehr. Laut Gesetz würde der Besitz an sie fallen. Keine Zerstückelung, kein Grund für sie, auszuziehen.«
    Und woher wußte sie, wo sie die Abschrift suchen mußte?
    »Ich nehme an, daß sie hinter der Mauer gelauert hat, als ich mit Peters gesprochen habe. Sie ist sicher oft in den Geheimgängen umhergeschlichen und hat die Leute belauscht, während alle annahmen, sie sei in ihrem Zimmer. Ich möchte eigentlich lieber nicht
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