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Geisterstunde

Geisterstunde

Titel: Geisterstunde
Autoren: Glen Cook
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kniff drohend die Augen zusammen. Er wollte etwas sagen, aber er äußerte nie etwas unüberlegt.
    Er grunzte. »Das dürfte klappen. Den Namen habe ich schon früher erwähnt. Ich werde ihnen erklären, wie wir uns kennengelernt haben. Meines Wissens habe ich niemandem erzählt, daß er tot ist.«
    Natürlich nicht. Peters pflegte nicht mit seinen Fehlern zu prahlen, nicht mal vor sich selbst. Ich wette, er wartete immer noch darauf, daß Sexton zum Rapport erschien.
    »Hab ich mir gedacht.«
    Er leerte seinen Humpen. »Sie nehmen an?«
    »Das wußten Sie doch schon, bevor Sie anklopften. Habe ich eine Wahl?«
    Er lächelte, was auf seiner häßlichen Fratze fehl am Platz wirkte. »Ich war nicht hundertprozentig sicher. Sie waren ein ziemlich halsstarriger Bursche.« Er zog einen mitgenommenen Leinenbeutel heraus, es war derselbe wie damals, nur praller. Und zählte fünfzig Taler ab. In Silber. Was einiges erklärte. Der Preis von Silber ist stetig gestiegen, seit Glanz Großmond alle und jeden aufs Kreuz gelegt und den Cantard zur selbständigen Republik ausgerufen hat. Weder Karentiner noch Venageti noch sonstwer waren erwünscht.
    Ohne Silber keine Zauberei. Sowohl Karenta als auch Venageti tanzen nach der Pfeife ganzer Horden von Zauberern. Die größten und ergiebigsten Silberminen unserer Welt liegen im Cantard. Das ist auch der Grund, warum die Herrschenden der beiden Königreiche sich schon bekriegten, als meine Großmutter noch Zöpfe trug und am Daumen lutschte. Bis der ehemalige Söldner Glanz Großmond seine Schau abzog.
    Bis jetzt hält er durch. Aber es würde mich überraschen, wenn er es schafft. Er hat allen ans Bein gepinkelt und sich dann mitten in die Pfütze gesetzt.
    Es wird nicht lange dauern, bis wieder der normale Krieg im Kessel herrscht.
    Ich wollte Peters sagen, daß er mich nicht bezahlen mußte. Schließlich stand ich in seiner Schuld. Dann wurde mir klar, daß er es machen mußte. Er forderte zwar eine Schuld ein, aber nicht für lau. Ich sollte nicht unentgeltlich arbeiten, sondern nur den Job übernehmen. Vielleicht zahlte er ja eine Schuld an den General ab, wenn er die Rechnung übernahm.
    »Acht Taler am Tag plus Spesen«, erklärte ich. »Das ist Freundschaftspreis. Ich zahle den Rest zurück, wenn es billiger wird, oder stelle eine Rechnung aus, wenn ich mehr brauche.«
    Ich brachte die fünfzig Taler im Zimmer des Toten Mannes in Sicherheit. Der Tote Mann tat das, was er am besten konnte: Schlafen. Über vierhundert Pfund Totes Fleisch im Tiefschlaf. Er war schon so lange weggetreten, daß ich seine Gesellschaft allmählich vermißte.
    Dieser Gedanke brachte mich darauf, daß es allerhöchste Zeit wurde, wieder einen Job anzunehmen. Die Gesellschaft des Toten Mannes war ungefähr so angenehm wie die Gegenwart eines Großinquisitors.
    Peters wollte aufbrechen, als ich zurückkam. »Wir sehen uns also morgen?« Ich nahm eine Spur Verzweiflung in seiner Stimme wahr.
    »Ich komme. Garantiert.«
     
     

 
2. Kapitel
     
    Es war elf Uhr morgens. Der Himmel war mit Bleiplatten vernagelt. Ich ging zu Fuß, obwohl das Anwesen des Generals vier Meilen vor dem Südtor lag. Aber Pferde und ich – das ist eine Geschichte für sich.
    Ich bedauerte schnell, daß ich es nicht trotzdem riskiert hatte. Meine Knochen signalisierten mir nach kurzer Zeit unmißverständlich, daß ich zu lange auf der faulen Haut gelegen hatte. Dann klatschten dicke Regentropfen aufs Pflaster. Ich würde verdammt naß werden, wenn der alte Mann und ich uns nicht einigen konnten.
    Ich schulterte meine Reisetasche und versuchte, mich zu beeilen. Das nützte soviel wie immer: nämlich gar nichts.
    Ich hatte gebadet, mich rasiert und sogar gekämmt. Außerdem trug ich meine vornehmsten Klamotten, in die ich mich nur für Verabredungen mit ›reichen‹ Leuten zwängte. Ich spekulierte darauf, daß sie mir den Versuch zugute hielten und mich nicht wegjagten, bevor sie überhaupt nach meinem Namen fragten. Hoffentlich war der Schwarze Peter auf dem Posten gewesen und hatte die Pförtner entsprechend instruiert.
    Die Villa Stantnors war mehr als eine Hütte, die den Regen abhielt. Hier waren für mindestens eine Million Taler Ziegel, Stein und Holz aufgetürmt worden, und auf dem ausgedehnten Grundstück hätte man ohne weiteres sämtliche Toten des Krieges verscharren können.
    Wenigstens brauchte ich keine Karte, um das Haus zu finden. Der General war glücklicherweise so nett gewesen, eine gepflasterte Straße
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