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Gehen oder bleiben? - Entscheidungshilfe für Paare

Gehen oder bleiben? - Entscheidungshilfe für Paare

Titel: Gehen oder bleiben? - Entscheidungshilfe für Paare
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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oder »Jetzt sind wir quitt«, durch ein Geschenk oder ein kleines Fest. Das macht ihre Versöhnung wahrnehmbarer und konkreter.
    Leider hat die Methode des Verzeihens und Ausgleichens einen Haken: Sie funktioniert nur, wenn sich beide darauf einlassen und wenn sie sich auch über die Art des Ausgleichs einig sind: Reicht eine ehrlich gemeinte Entschuldigung, oder ist sie an Bedingungen geknüpft, um glaubhaft gewährt zu werden? Wenn ja, an welche? Und wer entscheidet darüber? Billigt man so einfach dem anderen zu, über die Höhe des Ausgleichs zu bestimmen?
    Wenn – was in der Praxis immer wieder vorkommt – die Methode des Ausgleichs zu endlosen Diskussionen führt, weil jeder höchstpersönlich darüber entscheiden möchte, ob und was er dem anderen schuldig ist, ist es die falsche Methode.
    Stecken Sie mit Ihrem Partner in einer solchen Endlosschleife, hören Sie damit auf und wechseln Sie die Methode. Dies gilt auch dann, wenn Sie, nicht jedoch Ihr Partner, an einer Versöhnung interessiert sind.
Die Methode der Vergebung als autonomer Akt
    Bei der Vergebung geht es darum, dem Menschen zu vergeben und nicht dem, was er getan hat. Vergebung bedeutet, auf Rachegefühle und Ausgleich der verletzenden Person gegenüber zu verzichten und nicht grollend, strafend oder ähnlich auf erlittenes Unrecht zu reagieren. Sie ist erkennbar an einer Abnahme feindseliger Gefühle, Gedanken und Handlungsimpulse gegenüber einer verletzenden Person. Vergebung entschuldigt nicht die Tat, sondern ist eine Haltung einer Person gegenüber: Der verletzenden Person wird ihr schuldhaftes Verhalten nicht weiter vorgeworfen, die Verletzung als solche aber auch nicht beschönigt. Dieser Modus gilt auch für die Selbstvergebung. Eine Person kann sich selbst vergeben, ohne dadurch die Verantwortung für ihr verletzendes Handeln zu leugnen. Dem Partner vergeben ist ein autonomer Akt, der auf der persönlichen Entscheidung basiert, die eigene Würde wieder zu erlangen und auf Ausgleich, Strafe und Rache zu verzichten. Für die Methode der Vergebung braucht es nur ein einziges »Ja«: das von Ihnen!
    Wie aber geht Vergebung? Wer sich oder seinem Partner vergeben möchte, muss wissen, wie er das tun kann. Wenn Sie gekränkt sind, haben Sie subjektiv recht. Und das bedeutet für die Vergebung: Es wird und kann auch nur Ihre Vergebung sein. Die größte Schwierigkeit dabei ist: Man verzichtet bewusst darauf, vom Partner eine vollständige Wiedergutmachung zu erhalten. Der Vorgang des Vergebens erfolgtin mehreren Schritten oder Phasen (Kämmerer und Kapp, 2002). Der erste Schritt besteht in der Auseinandersetzung mit der eigenen Kränkung. Nur wenn die eigene Kränkung, die Wut- und Grollgefühle gegenüber dem Partner wahrgenommen werden, werden diese nicht verdrängt oder bagatellisiert. Durch die Reflexion der eigenen Gefühle kann es zu einer distanzierteren Betrachtung der Opferrolle kommen.
    Der nächste Schritt beinhaltet die Auseinandersetzung mit dem verletzenden Partner. Es geht darum, verstehen zu können, was da passiert ist. Aus unserer Kränkung heraus unterstellen wir dem anderen meist »reine Bosheit«. Indem ich die andere Seite verstehen möchte, verzichte ich darauf, ihm die volle moralische Verantwortung für sein Verhalten zuzuweisen. Ich gestehe ihm zu, dass sein Verhalten Wurzeln und Gründe hat, die weiter zurückreichen, dass das, was verletzt, immer auch mit dem Leben eines Menschen zusammenhängt. Wenn ich verstehe, aus welchen Motiven heraus der Partner mich gekränkt hat, wird oftmals deutlich, dass dem Verhalten nicht reine Bosheit zugrunde liegt. Was den Charakter unmotivierter Bosheit verliert, wird zur vergebbaren Schuld. Dabei geht es nicht darum, die Kränkung zu entschuldigen, sondern um den Versuch, die Perspektive des Partners einzunehmen.
    Vergebung beinhaltet einen Willensakt, eine Entscheidung. Dies ist der nächste Schritt. Sie erfolgt nicht automatisch aus den vorangegangenen Schritten. Vergebung bedeutet vielmehr die bewusste Entscheidung, nicht weiter unter der Kränkung leiden zu wollen. Vergebung ist eine Wahl, die Sie hinsichtlich Ihrer selbst treffen. Insofern ist Vergebung sowohl ein Schritt in Richtung auf den Partner als auch in Richtung auf sich selbst. Aber erst das Loslassen der negativen Gefühle, der Rache- und Wiedergutmachungsfantasien führt dazu, dass Sie sich innerlich von der Kränkung und den Ansprüchen auf Wiedergutmachung befreien. Egal, welche Form das Loslassen negativer
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