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Gehen oder bleiben? - Entscheidungshilfe für Paare

Gehen oder bleiben? - Entscheidungshilfe für Paare

Titel: Gehen oder bleiben? - Entscheidungshilfe für Paare
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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der eigenen Eltern erlebt.
    Man schätzt, dass rund 27% der in den 1990er-Jahren geschlossenen Ehen absolut bis weitgehend immun gegen Scheidung sind. 21% gelten als scheidungsgeweiht oder gefährdet. Bei den dazwischenliegenden gut 50% hängt es vor allem von den erwähnten Barrieren oder Alternativen ab, ob sie zusammenbleiben. Ist damit das Schicksal nicht religiöser und nicht traditionell denkender Paare besiegelt? Keineswegs. Allerdings gilt: Wer auf den traditionellen Rahmen verzichten möchte, muss ihn durch einen modernen ersetzen. Dazu gehören ein gemeinsamer Freundeskreis, der die Rolle von Wahlverwandten übernimmt, eine längere Testphase mit gemeinsamem Zusammenleben und eine gute Passung. Das Sprichwort »Jung gefreit hat nie gereut« stimmt nicht. Früh geschlossene Ehen gehen besonders oft schief. Die fehlende Religiosität kann durch eine hohe Übereinstimmung in Sachen Geschmack, Werte und Einstellungen und durch eine dichte soziale Einbettung ausgeglichen werden. Gemeinsames Wohneigentum, für den anderen erkennbar ein Risiko eingehen, damit er sieht, dass man sich aufeinander verlassen kann, mehrere Kinder, gemeinsame Projekte – das sind meine Empfehlungen an moderne Paare, die eine Langzeitbeziehung anstreben. Ohne einen festen Rahmen ist eine Partnerschaft ungeschützt dem unweigerlichen Auf und Ab ausgesetzt. Der Wille zur Dauerhaftigkeit, das Unbedingt-miteinander-Wollen und ein fester Rahmen sind zusammen ein starkes Team.

4. TEIL
Vergeben und vergessen können

»Das Vergessen kann eine große produktive Tat sein«
    Hans Arndt

    »Der Mensch braucht nicht alles zu billigen;
verzeihen muss er können«
    Thomas Niederreuther
1. Kapitel
Wenn an Kränkungen festgehalten wird
    Ob Sie sich von Ihrem Partner trennen oder mit ihrem Partner zusammenbleiben, es gilt: Wer nicht vergessen kann, kann nicht neu anfangen. Ohne Verzeihen und Vergeben gibt es kein Vergessen. Ohne Vergessen sind sowohl alte als auch neue Beziehungen mit Altlasten überfrachtet. Die Fähigkeit loszulassen – entweder Altes in der jetzigen Beziehung oder die alte Beziehung – aber ist verbunden mit der Fähigkeit, vergeben und sich versöhnen zu können. Wie verschiedene Studien zeigen konnten, stellt Vergebung eine Fähigkeit dar, die sich wohltuend auf die seelische und körperliche Gesundheit auswirkt. Gelingt Vergebung nicht, geht das einher mit erhöhter Depressivität, Ängstlichkeit und ganz allgemein mit Feindseligkeit. Letztere weist einen engen Bezug vor allem zu koronaren Erkrankungen auf. Das Nachtragen von Verletzungen kann einem auf Dauer größeren Schaden zufügen als das eigentliche Unrecht. Das Schuldgedächtnis kettet uns an die Vergangenheit und nimmt uns die Handlungsfähigkeit. Wer würde also nicht gerne vergeben und verzeihen. Doch, was gut klingt und sich leicht sagt, heißt nicht, dass es leicht ist. Wo macht Verzeihen und Vergeben überhaupt Sinn?
Kränkungen und ihre Auswirkungen
    Der eigentliche Gegenstand der Vergebung ist die Kränkung. Die Kränkung entsteht, wenn eine von außen zugefügte Handlung alsUnrecht erlebt wird. Eine solche Handlung kann einmalig sein oder wiederholt erfolgen. Kränkungen sind seelische Verletzungen, die unser Ehrgefühl und Selbstbewusstsein treffen. Wir fühlen uns schlecht behandelt, nicht wertgeschätzt und nicht verstanden. Die Bandbreite reicht von der einmaligen Handlung bis zur wiederholten, von mehr oder weniger unbeabsichtigten Kränkungen bis zu vorsätzlichen, von Beleidigungen, Zurückweisungen, Ignoranz, Blamage, Bloßstellung bis hin zu verbalen Attacken. Mit Worten, Gesten, Verhalten oder Gerüchten kann ein Mensch einen anderen kränken.
    Die anfängliche, eigentliche Verletzung macht oft nur einen Bruchteil der seelischen Belastung aus, die sie später insgesamt für einen der Partner bedeutet. Eine viel stärkere Rolle spielt der innere Prozess, der sich an die Kränkung anschließt: Die Situation wird immer wieder nacherlebt. Immer wieder fällt einem ein, wie ungerecht man behandelt worden ist, wie man keine Möglichkeit hatte, sich erfolgreich dagegen zu wehren. Man sucht diese Situation geradezu auf. Hinzu kommen Erklärungsversuche, Vorwürfe gegen den Partner oder gegen sich, Hass-, Rache- und Wiedergutmachungsfantasien. Rache- und Wiedergutmachungsfantasien haben die Funktion, das Selbstwertgefühl zu stabilisieren. Indem man sich vorstellt, den anderen zu schädigen, befreit man sich aus der Rolle des Opfers. Bei der Rache wird der
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