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Gegenschatz

Gegenschatz

Titel: Gegenschatz
Autoren: Leah Moorfeld
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silberne Kreolen, die ich im Urlaub erstanden habe. Unterhalb des bauchfreien Tops kommt mein Schmetterlingstattoo gut zur Geltung. In der Hand halte ich einen Brief mit dem Absender meiner Eltern. Was kann das wohl sein? Ein Schreiben vom Anwalt, das mir mitteilt, dass ich enterbt wurde? Mit zitternden Händen öffne ich den Umschlag und beginne, hastig zu lesen:

    ‘ Liebe Julia,

    dein Vater und ich, wir haben uns lange über Euch Kinder unterhalten. Du weißt, dass wir überhaupt nicht mit Eurer Entwicklung einverstanden sind und Dir ist sicherlich klar, dass wir immer nur das Beste für Euch im Sinn hatten. Leider weichen unsere Ansichten darüber, was das Beste für Euch ist, gewaltig auseinander. Aber wir haben inzwischen eingesehen, dass Ihr beide erwachsene Menschen seid und nun selbst entscheiden müsst, welcher Weg für Euch der richtige ist. Da wir Euch Kinder lieben und nicht verlieren wollen, werden wir Eure Entscheidungen zwar nicht gut heißen, aber respektieren.
    Und wir freuen uns natürlich, wenn Ihr glücklich dabei seid.

    Deine Dich liebenden Eltern

    Bernd und Eva.

    PS. Tamara haben wir übrigens den gleichen Brief geschickt.
    PPS. Besucht uns doch mal wieder zusammen.’

    Ich lasse mich aufs Sofa sinken und atme tief durch. Dann lese ich den Brief erneut. Meine Eltern werden ihre Ansichten nie ändern, aber mir ist bewusst, was für ein großer Schritt es für sie gewesen ist, diesen Brief überhaupt zu schreiben. Es fällt plötzlich eine zentnerschwere Last von mir ab. Meine Eltern sind bereit, mich so zu akzeptieren, wie ich bin. Das ist wesentlich mehr, als ich nach der letzten Woche zu hoffen wagte. Ich hole mir etwas zu Trinken aus der Küche und schalte das Radio ein. Der Sprecher sagt den nächsten Song an.
    « .. und jetzt hören sie den Aufsteiger der Woche. In nur drei Tagen hat sich dieser Song an die Spitze der Charts gesetzt: die Gruppe ‘Romeo and the Julietts’, eine bislang nur regional bekannte Band, mit dem Titel ‘Julia’ »
    Ich erstarre augenblicklich, mein Puls überschlägt sich förmlich, meine Knie geben nach und ich sacke aufs Sofa. Ich lasse das Glas auf den Boden sinken. Marc hat einen Song geschrieben, der meinen Namen als Titel trägt? Ich kann es nicht fassen. Ich ziehe meine Beine ganz nah an mich heran, umschlinge sie mit meinen Armen und vergrabe mein Gesicht in den Knien. Als eine sanfte Melodie erklingt, verwandelt sich mein ganzer Körper zu einer einzigen Gänsehaut. Ich höre Marcs Stimme durch den Lautsprecher meiner Stereoanlage. Er singt sich in meinen zitternden Leib, lässt mein Innerstes brennen und die Tränen fließen in Strömen über meine Wangen.

    ‘ In meinem Auto gefangen mit dir
    zerfließe ich in deiner Hand.
    Nein, Baby, du bist nicht hier!
    Die Leere raubt mir allen Verstand!

    Ich schrei nach dir! Wo bist du nur?
    Ich fühl mich mitten durchgetrennt!

    Baby was hast du mit mir gemacht,
    dass du mich so zum Wahnsinn bringst
    verdammt, ich hätte nie gedacht
    wie du in meine Seele dringst

    Ich schrei nach dir! Wo bist du jetzt?
    Ich fühl mich wie ein Drittel Mensch!

    Zum Leben mit dir, genügt mir ein Zelt,
    denn du siehst mich und nicht den Star,
    Und wenn ich dich finde am Ende der Welt,
    dann wird nichts mehr so sein wie es war.

    Ich schrei nach dir! Wo bist du mein Schatz?
    Ich fühl mich so hohl und so leer!

    Du ahnst nicht, was es mir heute bedeutet,
    den Klang deiner Stimme zu hören,
    und bis die letzte Glocke läutet
    werd ich dein Unglück zerstören.

    Verdammt, ich schrei nach dir!
    Ich will dich so unendlich nah!
    Komm, leb mit mir!
    Und nichts wird mehr sein, wie es war.’

    Der Song ist zu Ende und ich schwebe meilenweit über dem Boden. Mein Herz schlägt so laut, dass es schier durch meine Brust zu springen droht. Ich muss zu ihm! Sofort! Wo auch immer er sich aufhält, ich muss ihn finden. Ich reiße meine Wohnungstür auf. Jemand kommt in diesem Augenblick die Treppe herauf. Ich stutze und reiße die Augen auf, weil ich glaube, nicht richtig zu sehen. Da steht Marc im schwarzen Anzug! Ein Trugbild? Ich traue meinen Augen noch immer nicht! Marc Rossmann steht vor mir mit weißem Hemd und Anzug! Und er sieht verdammt gut darin aus. An seinem Blick erkenne ich, dass er sich auch über meine Aufmachung wundert. Ach ja, ich hatte ja noch gar keine Gelegenheit, ihn mit meinem neuen Look vertraut zu machen. Es ist, als hätten wir heute die Rollen getauscht. Mein Herz schlägt Loopings, als wir wie in Zeitlupe
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