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Gegenschatz

Gegenschatz

Titel: Gegenschatz
Autoren: Leah Moorfeld
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sorry, so war das sicherlich nicht gemeint!», lenkt Tamara beschwichtigend ein. «Es war nur ein Vorschlag! Wie es aussieht ein ziemlich blöder!»
    «Schon gut! Ich habe wohl auch überreagiert!»
    «Vielleicht siehst du es mal so, dass dein Marc einfach ein sehr begehrter Mann ist und wenn er auf dich steht, kannst du doch stolz darauf sein!»
    «Schon, aber eigentlich weiß ich gar nicht genau, was er sich so vorstellt. Wir haben nicht über Beziehung gesprochen, oder so was.»
    «Da hätte es wohl Sinn gemacht, mehr miteinander zu reden, anstatt einfach wegzufliegen!»
    «Ja, du hast wie immer mal wieder Recht! Aber es ist so viel passiert, ich musste einfach weg, um mit Abstand über alles nachzudenken!»

    Als wir am Abend im Club eintreffen, wird es schon dunkel draußen. Wir bringen das Gepäck in unser Doppelzimmer. Es ist schlicht eingerichtet, aber sauber und gemütlich. Das Abendessen genießen wir draußen auf einer steinernen Terrasse, von der aus man aufs Meer sehen kann. Die Luft riecht nach Salz und Tang. So sehr das beruhigende Rauschen des Meeres, die gelben Lampions und der Sternenhimmel mein Gemüt erwärmen, der dunkle Schatten meiner Traurigkeit ist mit mir gereist und verfolgt mich auf Schritt und Tritt. Wie ein schwarzes Gewicht liegt er stets in meinem Hinterkopf und treibt immer wieder ein flaues Gefühl in meinen Magen. Ich habe alles zerstört, geht es mir fortwährend durch den Kopf. Den gerillten Fisch kann ich nicht recht genießen, obwohl er zweifellos hervorragend zubereitet wurde.

    Nach dem Abendessen verschwindet Tamara in die Clubdisco. Mir ist überhaupt nicht nach Tanzen zumute und so verkrieche ich mich schon mal auf unser Hotelzimmer. Ich weiß nicht, was mich geritten hat, das Notebook mit in den Urlaub zu bringen, aber jetzt kommt mir eine Idee. Ich habe einen Netzwerkanschluss entdeckt und verbinde meinen Rechner mit dem Internet. Ich suche nach der Fanseite von ‘Romeo and the Julietts’ und werde sofort fündig. Die in schwarz-rot gehaltene Site enthält Fotos der Band und Konzertaufnahmen. Ich scrolle nach schönen Bildern von Marc. Eine Großaufnahme sehe ich mir ganz genau an. Ich folge den Konturen seiner Lippen und verliere mich verträumt in seinen graublauen Augen. Was mache ich hier eigentlich? Ich wollte doch im Urlaub Abstand gewinnen! So wird das nie etwas! Ich klappe den Rechner zu, nur um ihn gleich darauf wieder zu öffnen und die Website genauer zu durchsuchen. Ich sehe die Daten für die nächsten Konzerte durch, lese die Lyrics der Songs und die teilweise anzüglichen Kommentare der Groupies im Gästebuch. Dann entdecke ich ein Konzertvideo. Mein Herz klopft merklich schneller, als ich es anklicke. Eine sphärische Melodie leitet den Song ein, dann geht sie über in einen bassbetonten Beat. Als Marc zu singen beginnt, stellen sich alle Haare auf meiner Haut auf. Wie elektrisiert starre ich die Großaufnahme an, bei der er gefühlvoll ins Mikro singt. Der Song nimmt an Power zu und dann übernimmt ein Gitarrensolo die Führung. Marc stimmt zum Refrain an und als er schließlich mit kraftvoller Emotion zum gefühlten Höhepunkt des Songs kommt, läuft mir ein prickelnder Schauer über den Rücken. Das Video endet mit dem tosenden Applaus der Fans. Was es wohl für ein Gefühl ist, dort auf der Bühne zu stehen und so bejubelt zu werden? Ich starte das Video erneut und diesmal singe ich in Gedanken den Song mit. Ich sehe es mir wieder und wieder an, bis ich jede Note, jedes Wort und jeden Ton auswendig kann.

    Die Zeit ohne Marc fühlt sich an wie eine Zeit ohne Essen. Egal was ich unternehme, überall vermisse ich ihn. Beim Beachvolleyball stelle ich mir vor, er würde jetzt mitspielen und mit mir lachen. Beim Schwimmen im Meer versuche ich nicht zu fühlen, wie er unter mir hervortaucht und seine nackte Haut an mich schmiegt. Beim Essen bin ich geneigt Marc in das Gespräch mit Tamara miteinzubeziehen. Eigentlich kenne ich diesen Mann doch kaum, weise ich mich immer wieder zurecht. Es kann nicht sein, dass er selbst während seiner Abwesenheit dermaßen mein Denken beeinflusst. Abends ist es am schlimmsten, wenn ich Pärchen küssend am Meer entdecke, laufen mir vor lauter Kummer die Tränen. Immer mehr bezweifle ich, dass die Trennung von Marc die Lösung mit den geringeren Schmerzen für mich bedeutet, als wenn ich mit Marc zusammen bin und ihn hin und wieder Groupies in Beschlag nehmen. Als ich am Abend vor unserer Rückreise mal wieder das
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