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Ich zähle bis drei

Ich zähle bis drei

Titel: Ich zähle bis drei
Autoren: Carter Brown
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    Sie lebte in einem zweigeschossigen Penthouse auf der Fifth Avenue in
der Gegend der Eightieth , und man brauchte fast ein
polizeiliches Führungszeugnis, um überhaupt erst mal am Pförtner
vorbeizukommen. Schon der Fahrstuhl war besser eingerichtet als mein eigener
Laden am Central Park West. Ein Butler öffnete die Tür — etwa der jüngste
seines Gewerbes, der mir je im Leben begegnet war, höchstens fünfundzwanzig und
von jener düsteren Schönheit, die üblicherweise nur einem spanischen
Stierkämpfer zukommt. Ich nannte ihm meinen Namen und folgte ihm durch den
Tanzsaal, der hier als Eingangshalle aushalf, in den Wohnraum.
    Während der Butler mich
ansagte, drehte sich die am Fenster stehende Frau langsam zu mir um. Das
rabenschwarze Haar hing ihr über die Schultern herab bis exakt auf die
Brustspitzen. Das dunkle Jadegrün ihrer schimmernden Augen kontrastierte höchst
bekömmlich mit dem durchsichtigen Weiß ihrer Haut. Ihr üppiger, voller Mund war
arrogant aufgeworfen. Sie trug eine nur scheinbar schlichte Kreation aus Seide
in der Farbe rosigen Sorbets. Das hemdartig geschnittene Jackett war vorn
durchgeknöpft und zeichnete gezielt die Konturen ihrer hohen spitzen Brüste
nach; die maßgeschneiderte Hose saß hauteng um ihre langen, wohlgeformten
Beine. Die baumelnden Ohrringe hatten bestimmt ursprünglich in einem jener
kleinen exklusiven Schaufenster bei Tiffany gelegen, schätzte ich.
    »Mr. Boyd.« Ihre Stimme hatte
den Klang kühler Sicherheit, die ein achtstelliges Bankkonto einem kaufen kann.
»Ich bin Sorcha Van Hulsden, die Witwe .« Sie blickte
über meine Schulter den Butler an. »Stella möchte uns einen Martini mixen .«
    Der gehauchte Seufzer, der den
hinausgehenden Butler begleitete, kam von der sich schließenden Tür. Draußen
auf der Straße war schlichter Manhattan-Sommertag, mit Temperaturen um
fünfunddreißig Grad und entsprechender Luftfeuchtigkeit. Der klimatisierte
Wohnraum gehörte in eine andere Welt, in eine Welt, in die nichts derartig
Ordinäres wie Lärm und Wetter eingelassen wurde. Ich sinnierte müßig, ob die
verwitwete Dame wohl den ganzen Sommer über einfach zu Hause blieb oder
eventuell ihren ganz eigenen klimatisierten Hubschrauber auf dem Dach stehen
hatte.
    »Nehmen Sie Platz, Mr. Boyd .« Sie wies auf einen Sessel mit geschnitzter Mahagonilehne.
»Sie haben einen Vornamen, schätze ich ?«
    »Danny«, sagte ich und ließ
mich in den Sessel sinken.
    »Nennen Sie mich Sorcha .« Sie setzte sich in das daunengepolsterte Sofa aus
leuchtendgrünem Samt mir gegenüber. »Wir sind im Begriff, alte Freunde zu
werden, Danny .«
    »Wie schön. Ich habe schon
immer davon geträumt, einmal in die oberste Kiste zu kommen .«
    Ein blondes Mädchen kam mit den
Drinks. Ihre knappe Serviertracht aus schwarzem Satin betonte die Fülle ihrer
Vorder- und die dralle Pracht ihrer Hinteransicht. Während sie mir den Martini
reichte, drehte ich kaum merklich den Kopf, um sie mein linkes Profil sehen zu
lassen, das schlichtweg vollkommen ist, eine Spur gelungener noch als das
rechte. Da sie aber unbeeindruckt blieb, mußte sie kurzsichtig sein.
    »Sie wissen, daß mein Mann vor
drei Monaten starb ?« fragte Sorcha mich, nachdem das
Mädchen gegangen war.
    Ich nickte. »In Mexiko,
erinnere ich mich .«
    »Er fiel aus dem falschen
Fenster«, sagte sie gelassen, »und landete, durchbohrt von einer Baumspitze,
hundert Meter tief im Tal. Charlie war zu jenem Zeitpunkt schauderhaft
betrunken, natürlich, aber es gelang mir, die örtlichen Behörden dazu zu
bewegen, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Das bedurfte natürlich einiger
umsichtiger Manöver, wie Sie sich denken können, außerdem mußte alles mögliche
andere geregelt werden. Es ist begreiflich, daß ich meinen Schmuck darüber
total vergaß .«
    »Ihren Schmuck ?« fragte ich gedehnt.
    »Wir waren zu siebt auf der
Hazienda, bis Charlie aus dem Fenster fiel. Die andern fünf sind am folgenden
Tag abgereist, also muß es offenkundig einer von ihnen getan haben .«
    »Was getan haben ?« fragte ich begriffsstutzig.
    »Meinen Schmuck gestohlen !« Ihre jadegrünen Augen funkelten vor Ungeduld. »So
beschränkt können Sie doch nicht immer sein, Danny, oder ?«
    Ich schluckte etwa ein Drittel
meines stattlich bemessenen Martinis hinunter, beschloß, den albernen Witz über
meine Beschränktheit zu ignorieren, und konzentrierte mich darauf, aus den
tausend Fragen, die mir im Kopf herumschwirrten, die erste
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