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Gegenschatz

Gegenschatz

Titel: Gegenschatz
Autoren: Leah Moorfeld
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etwas schöneres und besseres aus sich zu machen und sich einfach wohl zu fühlen. Ich erschaffe an ihnen ein lebendiges Kunstwerk und ernte viel Anerkennung und Dankbarkeit dafür. Alleine in einem Büro zu arbeiten, würde ich keinen Tag lang aushalten. Wie geht es dir denn mit deiner Arbeit? Durch deine Auszeichnungen hast du doch auch viel Anerkennung geerntet. Macht dich das glücklich?»
    «Hm, sicher bin ich stolz auf meine Diplome und Auszeichnungen, aber wenn du mich fragst, ob mich das glücklich macht,….nein, das ist wie ein Strohfeuer, ein schöner Moment, aber mehr gibt es nicht her!»
    «Und deine Arbeit?»
    «Es ist eher wie die Erfüllung einer Pflicht und der Drang der Perfektion, die mich treiben. Aber ich fühle mich wie ein Dürstender, der akribisch in der Wüste nach Wasser sucht, dadurch sehr effektiv und gut arbeitet, aber von einem erfüllten Arbeiten kann ich nicht reden.»
    «Wenn du wirklich so großes Talent hast als Gitarristin – ich finde das übrigens auch, aber du wolltest ja nie auf mich hören – und wenn es dich glücklich macht, solltest du doch mal überlegen, in diese Richtung zu gehen, ganz unabhängig von Marc und seinem Angebot.»
    «Na ja, es schadet ja nichts, wenn ich mal alle Möglichkeiten auslote!»
    «Du kannst gleich heute damit anfangen!»
    «Was? Wie meinst du das?»
    «Die Band von gestern Abend hat die Instrumente auf der Bühne dort drüben stehen gelassen. Probiere doch einfach mal aus, wie du ankommst und wie es sich anfühlt, vor Publikum zu spielen!»
    «Bist du verrückt? Das kann ich doch hier nicht bringen!»
    «Hey, trau dich! Was soll schon passieren?»
    «Ich blamiere mich in Grund und Boden!»
    «Dann weißt du wenigstens, dass dieser Weg nicht der Richtige ist. Aber ich bezweifle das! Auf! Geh!»
    Aber ich bleibe sitzen. Da steht Tamara plötzlich auf, geht zur Bühne und schlägt mit dem Löffel auf das mitgebrachte Glas, so dass alle Frühstücksgäste verstummen.
    «Liebe Gäste, darf ich ihnen meine wundervolle Schwester Julia Graf vorstellen? Sie wird ihnen nun mit einer musikalischen Einlage das morgendliche Frühstück versüßen!»
    Ich laufe knallrot an und beginne zu zittern. Als Tamara auf mich zeigt und alle Augen zu mir wandern, bleibt mir nichts anderes übrig, als zu Tamara auf die Bühne zu gehen.
    «Ich bringe dich um!», flüstere ich ihr durch die Zähne zu.
    Dann greife ich nach der akustischen Gitarre und setze mich auf den dafür vorhergesehenen Hocker. Meine Hände schwitzen und ich muss sie erst an meinem Kleid abwischen, um die Saiten richtig greifen zu können. Ich vermeide es, ins Publikum zu schauen. Das Instrument in meinen Händen ist mir vertraut und es fühlt sich an, als ob es mir Halt gibt. Ich atme tief durch, schließe die Augen und spiele. Meine Finger tanzen mit einer Leichtigkeit über die Saiten, dass mein Herz vor Freude hüpft. Wie immer gehe ich vollkommen auf in meiner Musik. Ich vergesse alles um mich herum und schwebe nur noch in meinen Tönen, die mir Kraft und Stärke geben und meine Emotionen mit sich reißen. Ich werde mutiger und beginne, zu meiner Melodie zu singen - bekannte Lieder, aber nichts besonderes, wie ‘Über den Wolken’ und ‘99 Luftballons’ und bringe damit einige Gäste sogar dazu mitzusingen. Mein Selbstvertrauen ist inzwischen so weit gewachsen, dass ich die Augen öffne und beim Spielen ins Publikum sehe. Der Saal hat sich bis zum Bersten gefüllt und die meisten Gäste sind aufgestanden. Alle hängen an meinen Lippen und meinem Gitarrenspiel, als hätten sie nie etwas besseres gehört. Ich glaube, nicht recht zu sehen, doch ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchflutet mich. Als der Song zu Ende ist und ich die Gitarre beiseite legen will, bricht ein tosender Applaus aus. Die Masse schreit nach Zugabe. Adrenalin durchflutet meinen ganzen Körper und ich schwebe schier überm Boden. Ich gebe noch zwei Zugaben, als Tamara neben mir auftaucht und mir auf die Schulter tippt.
    «Julia, wir müssen packen! Unser Flieger geht in einer Stunde!», sagt sie grinsend.
    Zur großen Enttäuschung der Zuschauer lege ich die Gitarre endgültig weg und folge Tamara in unser Zimmer. Wir packen unsere Koffer und als ich im Flugzeug den Rückflug antrete, treffe ich eine Entscheidung.

Wieder zu Hause
    Marcs Auto steht nicht vorm Haus, als ich ankomme. Braun gebrannt, mit den hohen Schnürschuhen und einem coolen schwarzen Rock, betrete ich meine Wohnung. Von meinen Ohrläppchen baumeln
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