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Gefühltes Wissen

Gefühltes Wissen

Titel: Gefühltes Wissen
Autoren: Horst Evers
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Amerikaner kürzlich eigentlich ihren neuen Präsidenten wählen.
    Mit Wahlautomaten. Einfallsreich sind sie ja, die Amerikaner. Sogar Touch-Screens sollten diese Wahlautomaten haben. Aber dann ging's doch nicht, weil die Automaten größtenteils nicht funktionierten. Erstaunlich, dass sie das gestört hat. Und noch erstaunlicher, dass sie das in den meisten Wahlbezirken bis zur Wahl nicht mehr hingekriegt haben.
    Sogar bei der Deutschen Bahn AG funktionieren diese Touch-Screen-Automaten. In sechs verschiedenen Sprachen. Die Bahn, die kann das. Aber die USA sind zu blöd dazu. So weit sind wir mittlerweile gekommen. Die Deutsche Bahn AG ist schlauer als die USA. Verrückte Welt. Das is' doch so nicht richtig. Vielleicht sollte man demnächst mal die Deutsche Bahn in den Irak schicken. Solln die das mal versuchen.
    Am Kaffeeautomaten des Warteraumes der Notaufnahme des Krankenhauses von Pforzheim in Baden-Württemberg ist eine Servicenummer. Der Mann am anderen Ende der Leitung sagt nur: «Komme sofort!»
    Er hat nicht mal gefragt, was kaputt ist oder wo ich bin, einfach nur: «Komme sofort!»
    Nicht mal 70 Minuten später ist er da. So ist Baden-Württemberg.
    Schnell klärt er mich auf:
    - Ach, mit diesem Automaten ist immer irgendwas. Dauernd kaputt. Früher stand der ja im Rathaus, aber weil sich da immer wieder Leute die Hände dran verbrüht haben, haben wir ihn dann direkt in die Notaufnahme gestellt. Spart einen Weg.
    Am Ende der Reparatur hängt er ein Schild an den Automaten. «Defekt» steht darauf. Ich schaue ihn fragend an.
    - Ha noi, der funktioniert schon. An sich ist der Automat tadellos. Nur wenn er dauernd benutzt wird, dann geht er natürlich kaputt. Deshalb das Schild, dann benutzen ihn weniger, und die Reparatur hält länger.
    Verstehe, der Automat funktioniert sozusagen heimlich. Das Geheimnis aller Verwaltung und Organisation. Man erklärt etwas offiziell für kaputt, überlastet oder zerstört, weil es nur so dann in aller Stille heimlich doch irgendwie funktionieren kann.
    In den folgenden zwei Stunden darf ich feststellen, dass der Automat nun wirklich perfekt funktioniert. Einerseits schön, weil ich nun wirklich frei wählen kann zwischen Mokka, Cappuccino oder Kaffee weiß.
    Andrerseits aber auch enttäuschend, weil ich so bemerken muss, dass, ganz egal, ob ich jetzt Mokka, Cappuccino oder Kaffee weiß drücke, die Plörre, die rauskommt, doch jedes Mal mehr oder weniger exakt die gleiche ist. Schau an, noch eine hübsche Parallele zu den Wahlen. Dann ist der Automat wieder kaputt.
    Ich kann den Kaffeeautomaten verstehen. Also, dass der sich ständig überlastet und kaputt fühlt. Geht mir ja nich' anders. Im letzten Jahr war ich auch ständig kaputt, bin am liebsten einfach nur so rumgelegen. Weiß auch nicht, war halt so. Gibt so Jahre. Obwohl, manchmal war ich auch nicht kaputt, aber meistens hab ich mich dann einfach trotzdem hingelegt, weil ich dachte: «Ach, wennde erst mal liegst, kommt das Kaputtsein schon von ganz alleine.» So 'n Mensch ist eben letztlich auch nur ein Kaffeeautomat.
    Überlege, ob ich nochmal den Servicemann anrufen soll. Bemerke allerdings, dass mein verdrehter Fuß, weshalb ich im Grunde hier bin, eigentlich gar nicht mehr wehtut.
    «Sehen Sie», sagt die Frau am Schalter der Notaufnahme des Krankenhauses von Pforzheim, als ich mich bei ihr abmelde, weil das mit dem Fuß wohl doch nicht so schlimm war.
    Und da hatte sie natürlich auch wieder recht.

2 Was der kluge Hausmann weiß
Gartenarbeit
    «Der eigene Kräutergarten für zu Hause». So stand es auf dem Schild im Supermarkt.
    «Der eigene Kräutergarten für zu Hause» war ein mittelgroßer, mittelhässlicher Porzellantopf mit einem Hauptbeet oben und nochmal 4 Terrassen an den Seiten, also insgesamt 5 verschiedenen Ausgängen, aus denen dann 5 verschiedene Kräuter wachsen sollten. Alles fix und fertig, komplett mit Samen und Blumenerde für 9,99. Nur noch auf die Fensterbank stellen, täglich gießen, und schon hat man seinen eigenen Kräutergarten für zu Hause.
    - Oh, das ist aber praktisch, habe ich gedacht.
    - Oh, da wird sich die Familie aber freuen, habe ich gedacht.
    - Oh, guck mal, ich hab ja noch 10 Euro, habe ich gedacht - und schon wars passiert.
    Ein Garten, das war jetzt aber mal wirklich eines der Dinge, die ich aber nun echt eigentlich nie haben wollte. Bin ich jetzt auch in diesem Alter? Diesem Alter, wo man auf einmal, ehe man sich's versieht, lauter Dinge hat, die man doch eigentlich
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