Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen
Autoren: Giles Blunt
Vom Netzwerk:
Mounties, das können wir uns nicht leisten. Sie haben alle freien Ressourcen für diesen einen Fall verwendet.«
    »Drei Fälle.«
    »Nicht drei, höchstens zwei.« Dyson zählte sie an seinen langen Fingern ab. »Katie Pine, höchstwahrscheinlich. Billy LaBelle, vielleicht. Margaret Fogle, keinesfalls.«
    »Detective Sergeant, bei allem Respekt, aber sie hat sich weder in einen Vogel verwandelt, noch hat sie sich in Luft aufgelöst.«
    Und wieder das Spiel mit den Fingern, die zur Schau gestellte Maniküre, als Dyson die Gründe aufzählte, warum Margaret Fogle nicht ermordet worden sein konnte. »Sie war siebzehn – sehr viel älter und cleverer als die beiden anderen. Sie stammte aus Toronto, nicht von hier. Sie war nicht das erste Mal von Zuhause ausgerissen. Mein Gott, das Mädchen hat jedem, der es hören wollte, erzählt, dass diesmal niemand – hören Sie, niemand – sie wiederfindenwürde. Und sie hatte irgendwo einen Freund, in Vancouver oder was weiß ich wo.«
    »In Calgary. Und sie ist dort nie angekommen.« Und sie wurde das letzte Mal lebend in unserer schönen Stadt gesehen, du kahles Rindvieh. Lieber Gott, schenke ihm die Einsicht, dass er mir McLeod gibt und mich mit dem Fall weitermachen lässt.
    »Warum widersprechen Sie mir so hartnäckig in diesem Punkt, Cardinal? Wir leben im größten Land der Erde – nachdem die ruhmreiche Sowjetunion so freundlich war, sich selbst zu demontieren –, und drei Eisenbahnlinien verlaufen kreuz und quer über diese fast zehn Millionen Quadratkilometer große Eisbahn. Alle drei Linien schneiden sich hier am Ufer unseres Sees. Wir haben einen Flughafen und einen Busbahnhof. Jeder, der zu irgendeinem Ziel in diesem riesigen Land unterwegs ist, muss durch unsere Gegend. Wir haben mehr Ausreißer, als wir brauchen können. Ausreißer, aber keine Mordfälle. Sie haben die freien Kapazitäten der ganzen Abteilung an Gespenster verschwendet.«
    »Soll ich dann wieder gehen? Ich dachte, ich wäre wieder im Morddezernat«, sagte Cardinal ruhig.
    »Das sind Sie auch. Ich hatte nicht die Absicht, alte Geschichten aufzuwärmen, aber bei Katie Pine« – und an dieser Stelle wies er mit dem Finger auf Cardinal –, »bei Katie Pine gab es damals keinen auch noch so kleinen Hinweis auf Mord. Ich meine, abgesehen davon, dass sie ein Kind war und offensichtlich irgendetwas nicht stimmte, gab es keine Indizien für Mord.«
    »Keine gerichtsrelevanten Indizien, das mag schon sein.«
    »Sie hatten überzogene Ansprüche an Personal und Logistik, und außerdem Überstunden, die durch nichts zu rechtfertigen waren. Ein Überstundenberg in astronomischer Höhe. Ich stand mit meiner Einschätzung nicht allein – der Chef war voll und ganz meiner Meinung.«
    »Detective Sergeant, Algonquin Bay ist nicht gerade riesig. Wenn ein Kind vermisst wird, erhält man abertausende Hinweiseaus der Bevölkerung. Jeder möchte helfen. Wenn jemand im Kino ein Messer zieht, muss man das überprüfen. Jemand sieht einen jugendlichen Rucksacktouristen, und schon muss man das überprüfen. Jeder in der Stadt glaubt, Katie Pine irgendwo gesehen zu haben: Sie ist am Seeufer, sie ist unter anderem Namen im Krankenhaus, sie war in einem Kanu im Algonquin Park. Allen diesen Hinweisen mussten wir nachgehen.«
    »Das haben Sie mir damals schon gesagt.«
    »Nichts davon war unbegründet. Das dürfte mittlerweile ja wohl klar geworden sein.«
    »Damals war es nicht klar. Niemand hatte Katie Pine mit einem Fremden gesehen. Niemand hatte sie in ein fremdes Auto steigen sehen. Sie war auf dem Rummelplatz und von einer Minute zur anderen plötzlich verschwunden.«
    »Ja, ich weiß. Die Erde öffnete sich.«
    »Die Erde öffnete sich und verschluckte das Mädchen. Und Sie haben einfach geglaubt – ohne Indizien –, dass sie ermordet worden ist. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass Sie Recht hatten. Sie hätten genauso gut auch Unrecht haben können. Fest stand nur, dass sie verschwunden war, und zwar spurlos. Ein Rätsel.«
    Ja, natürlich, dachte Cardinal. Katie Pines plötzliches Verschwinden hatte alle vor ein Rätsel gestellt. Allerdings hatte ich mir eingebildet, von Polizisten würde auch in Algonquin Bay verlangt, hin und wieder ein Rätsel zu lösen. Gewiss, das Mädchen war Indianerin, und wir wissen ja alle, wie verantwortungslos diese Leute sein können.
    »Machen wir uns doch nichts vor«, fuhr Dyson fort, steckte den Brieföffner behutsam in die schmale Scheide und legte ihn dann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher