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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen
Autoren: Giles Blunt
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einen Arm um die Schulter und half ihr ins Haus. »Ich bringe Sie nach drinnen.« Die eisige Luft drang wie Stahl durch seinen Pullover. Den Kopf gesenkt und weinend, stolperte die Frau neben ihm ins Haus. »Sie haben mich gezwungen. Oh Gott, helfen Sie mir. Sie müssen die Polizei verständigen.«
    »Seien Sie unbesorgt. Ich bin Polizist.« Er brachte sie nach drinnen und setzte sie sanft in einen Sessel neben dem Ofen. Dann nahm er das Telefon in die Hand und wählte den Notruf. Am anderen Ende der Leitung ließ man sich erstaunlich lange Zeit. Während des Wartens registrierte Cardinal weitere Einzelheiten an der Frau: der lange grüne Mantel, die Verletzung seitlich am Kopf, das wirklich grässliche Ekzem. Auch die Kopfverletzung sah schlimm aus. Der Bluterguss hatte sich so schnell ausgebreitet, dass Cardinal sich fragte, ob sie unter der Haut blutete.
    Endlich meldete sich der Notdienst. »Hier spricht Detective John Cardinal. Ich brauche einen Rettungswagen in die Madonna Road 425. Eine Frau, Ende zwanzig – Vergewaltigung, Schädeltrauma. Ich weiß nicht, was sonst noch.«
    Die Leitstelle bat ihn, am Apparat zu bleiben.
    »Sie sind es, nicht wahr? Der Windigo-Mörder, das war Ihr Fall. Ich habe Sie im Fernsehen gesehen.« Die Frau saß nach vorn gebeugt da, als hätte sie eine Bauchverletzung, und starrte ihn mit einem seltsamen Blick an. Hinter ihr lief der Fernseher weiter, aber ohne Ton. Eine dunkle Gestalt bewegte sich im Vordergrund.
    »Geben Sie mir noch einmal die Adresse«, bat die Leitstelle.
    »Madonna Road 425. Fahren Sie auf der Trout Lake an Pinehaven vorbei, dann hinter Four Miles Road die zweite Straße rechts. Der Rettungswagen kann es gar nicht verfehlen, vor dem Haus steht ein Auto, das halb von der Fahrbahn abgekommen ist.« Cardinal verdeckte die Sprechmuschel und fragte die Frau: »Sie fahren einen Ford Pinto, nicht wahr?«
    »Wie? Oh ja, einen Pinto.«
    »Ein grauer Pinto«, sagte Cardinal ins Telefon. »Sie können es nicht verpassen.«
    »Ich habe Sie im Fernsehen gesehen«, wiederholte die Frau und wankte ein wenig in ihrem Sessel, als wäre sie betrunken, obwohl Cardinal keinen Alkoholgeruch an ihr bemerkt hatte. Hinter ihr hatte sich die Gestalt auf dem Bildschirm neben Todd Curry gesetzt – eine Frau. Auf ihrer kranken Haut schimmerte das gleißende Licht der Scheinwerfer.
    Jetzt hob die Frau vor ihm die Hand und betastete sanft ihr Gesicht. Ihre Finger strichen über die aufgerissene raue Wangenpartie.
    Cardinal versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Sie weiß nicht, dass ich es weiß, sagte er sich. Sie hat sich Mut angetrunken und ist hier herausgefahren, um mich zu bedrohen. Aber bis jetzt scheint sie nicht zu wissen, dass ich über sie im Bild bin.
    »Wen rufen Sie jetzt an?«, fragte sie scharf.
    »Das Präsidium. Sie sollen ein paar Leute herschicken, um Ihre Aussage aufzunehmen. Seien Sie unbesorgt, wir haben eigens eine Beamtin für Vergewaltigungsfälle.« Ob sie es an meiner Stimme erkennen kann? Merkt sie, dass ich es weiß?
    Cardinal begann die Nummer zu wählen, doch die Frau zückte eine Pistole und zielte auf sein Gesicht. »Ich glaube nicht«, sagte sie, »dass Sie das tun sollten.«
    Cardinal legte das Telefon beiseite und nahm die Hände hoch. »Sie sehen doch, dass ich nicht bewaffnet bin. Bleiben Sie ganz ruhig.«
    Auf dem Bildschirm sah man jetzt Fraser die Szene betreten. Erstieß die Frau beiseite. Todd Curry hob die Hände und gab sich überrascht.
    »Haben Sie sich an ein Drehbuch gehalten?«, fragte Cardinal. »Haben Sie die Szenen im Voraus festgelegt?«
    Die Frau wandte sich nun in die Richtung, in die Cardinal blickte. »Das ist Eric«, kommentierte sie leise. »Das ist mein Eric.«
    Cardinal bewegte sich so unauffällig wie möglich zum Wandschrank, zur halb offenen Tür, wo die Beretta im Holster hing.
    »Keine Bewegung.«
    »Bleiben Sie ruhig. Ich mache nichts. Ich gehe nicht weg.« Cardinal bemühte sich, seiner Stimme einen sanften, wenig bedrohlichen Ton zu verleihen. Auf dem Bildschirm griff Fraser nach einem Hammer. Das Werkzeug musste auf der Rückenlehne der Couch bereitgelegen haben. Er hob den Hammer und rief Todd Curry etwas zu.
    Er ließ den Hammer niedersausen. Der Mund des Jungen öffnete sich jäh, seine Gesichtsmuskeln erschlafften. Immer wieder schlug Fraser auf ihn ein. Die Frau hatte sich hinter die Couch begeben, genau hinter den Jungen, und zog an seinem blutverschmierten Haarschopf. Sie zog am Schopf des Opfers, damit
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