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Gefangene deiner Dunkelheit

Titel: Gefangene deiner Dunkelheit
Autoren: Christine Feehan
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er nicht gut abzuschneiden, und vielleicht lag das ja daran, dass er sich nicht erinnerte? Er hob den Kopf und bleckte seine Zähne vor Hunderten, ja vielleicht sogar Tausenden von karpatianischen Männern, die sich dafür entschieden hatten, ihre Seelen aufzugeben und die Dunkelheit zu suchen. Sie hatten ihre eigene Spezies dezimiert und eine Gesellschaft und Lebensweise beinahe zerstört, und alles nur für den flüchtigen Rausch, etwas zu fühlen, statt sich ihre Ehre zu bewahren – und an der Hoffnung auf eine Gefährtin festzuhalten.
    »Ich unterwerfe mich nicht eurer Rechtsprechung. Ich werde nie zu euch gehören. Ich mag meine Seele befleckt haben, vielleicht sogar ohne Aussicht auf Erlösung, aber ich werde weder sie noch meine Ehre je freiwillig aufgeben, so wie ihr es getan habt. Ich mag alles sein, was ihr mir vorwerft, doch ich werde meiner Gefährtin des Lebens gegenübertreten, nicht euch, und sie entscheiden lassen, ob meine Sünden mir vergeben werden können.«
    Die Vampire zischten wütend, und dürre Finger zeigten wieder anklagend auf ihn, aber sie griffen ihn nicht an. Das ergab keinen Sinn – so zahlreich wie sie waren, hätten sie ihn mühelos vernichten können –, doch ihre Gestalten schwankten und begannen sich langsam aufzulösen, sodass es schwierig war, die Untoten von den normalen Schatten in der Dunkelheit des Regenwaldes zu unterscheiden.
    Ein Prickeln lief über Manolitos Nacken, und er fuhr herum. Die Vampire zogen sich tiefer ins Dickicht zurück und verschwanden zwischen den dicht belaubten Pflanzen. Sein Magen brannte, und sein Körper schrie nach Nahrung, doch seine Verwirrung war größer noch als je zuvor. Die Vampire hatten ihn in eine Falle gelockt. Er war umgeben von Gefahr, das konnte er an der ungewohnten Stille ringsum merken. Nicht das kleinste Anzeichen von Leben war zu hören. Kein Geflatter von Flügeln, kein Rascheln im Unterholz. Er hob den Kopf und schnupperte die Luft. Sie war still, ganz still, und dennoch war da etwas ...
    Es war mehr sein Instinkt als ein Geräusch, was Manolito warnte. Noch immer auf den Knien, fuhr er herum und riss abwehrend die Hände hoch, als der große Jaguar ihn ansprang.

2. Kapitel
    E ine klinische Depression war heimtückisch, das sich an einen Menschen heranschlich und ihn überfiel, bevor er es merkte und auf der Hut davor sein konnte. MaryAnn Delaney wischte sich Tränen vom Gesicht, als sie die Liste von Symptomen durchging. »Traurigkeit«. Kreuz das an. Vielleicht sogar gleich zweimal.
    Traurigkeit war nicht das Wort, mit dem sie die furchtbare Leere in sich beschreiben würde, die sie nicht überwinden konnte, aber es stand in ihrem Buch, und deshalb würde sie es der wachsenden Liste ihrer Symptome hinzufügen. Sie war so gottverdammt traurig, dass sie nicht aufhören konnte zu weinen. Und »Appetitlosigkeit« konnte sie auch ankreuzen, da der bloße Gedanke an Essen ihr schon Übelkeit verursachte. Und sie hatte auch nicht mehr schlafen können, seit...
    Sie schloss die Augen und stöhnte. Manolito De La Cruz war ein Fremder. Sie hatte kaum ein Wort mit ihm gewechselt, doch als sie seinen Tod – seine Ermordung – mit angesehen hatte, war sie innerlich zerbrochen. Sie schien sogar mehr um ihn zu trauern als seine eigene Familie. MaryAnn wusste, dass sie sehr betroffen waren, doch sie ließen sich überhaupt nur selten ein Gefühl anmerken, und sie sprachen auch so gut wie nie von ihm. Sie hatten seine sterblichen Überreste im selben privaten Jet zurückgebracht, mit dem sie später auch zu ihrer Ranch in Brasilien zurückgeflogen waren, aber sie hatten ihn nicht mitgenommen zu der Ranch.
    Stattdessen war die Maschine – mit MaryAnn an Bord – auf einer privaten tropischen Insel irgendwo im Amazonasbecken gelandet. Und anstatt Manolito eine anständige Beerdigung zuteilwerden zu lassen, hatten seine Brüder seinen Leichnam an irgendeinen geheimen Ort im Regenwald gebracht. MaryAnn konnte sich nicht einmal hinausschleichen und sein Grab besuchen. Wie verzweifelt und absurd war das? Mitten in der Nacht das Grab eines Fremden besuchen zu wollen, weil sie seinen Tod nicht überwinden konnte ?
    Wurde sie langsam auch noch paranoid, oder war sie zu Recht besorgt darüber, dass man sie zu einer Insel gebracht hatte, die nie jemand erwähnt hatte, als sie mit ihrer besten Freundin Destiny in den Karpaten gewesen war? Juliette und Riordan hatten sie gebeten zu kommen, um sich Juliettes jüngerer Schwester anzunehmen, die ein
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