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Gefangene deiner Dunkelheit

Titel: Gefangene deiner Dunkelheit
Autoren: Christine Feehan
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die Wellen des Schmerzes zu spüren, die von ihr ausgingen und das ganze Haus erfüllten.
    MaryAnn wankte zu dem Spiegel hinüber und starrte voller Entsetzen ihr Gesicht an. Es gab keine Möglichkeit, so schnell die Spuren ihrer Tränen zu verbergen. Und an ihrem Haar war schon gar nichts mehr zu retten. Es war lang, lang genug, wenn sie es glatt zog, um ihr bis zur Taille zu reichen, aber sie hatte nicht daran gedacht, es zu Zöpfen zu flechten, und die Feuchtigkeit hatte es zu einer unbezähmbaren Mähne aufgebauscht. Sie sah unmöglich aus mit diesem störrischen Haar und ihren vom Weinen geröteten Augen.
    »MaryAnn!« Juliette rüttelte wieder an der Tür. »Tut mir leid, doch wir kommen jetzt rein. Es handelt sich wirklich um einen Notfall, sonst würden wir das nicht tun.«
    MaryAnn atmete tief ein und setzte sich mit abgewandtem Gesicht auf den Rand des Bettes, als sie zur Tür hereinkamen. Es half MaryAnn nicht gerade, sich besser zu fühlen, dass Juliette eine wahre Schönheit war mit ihren Katzenaugen und dem perfekten Haar oder dass Riordan groß und breitschultrig wie seine Brüder und geradezu sündhaft gut aussehend war. MaryAnn war sehr verlegen, nicht nur ihrer Haare wegen, die so grässlich kraus und feucht geworden waren, sondern vor allem, weil sie diesen furchtbaren, für sie schon lebensbedrohlichen Kummer nicht beherrschen konnte. Sie war eine starke Frau, und trotzdem machte nichts mehr Sinn für sie, seit sie den Mord an Manolito mit angesehen hatte.
    Juliette glitt durch den Raum auf das Bett zu, und wieder bewunderte MaryAnn die Kraft und Anmut ihres Körpers, die wie ihr konzentrierter, stets wachsamer Blick an ihre Jaguarherkunft erinnerten. »Du scheinst nicht ganz auf dem Damm zu sein, meine Liebe.«
    MaryAnn bemühte sich um ein Lächeln. »Das liegt nur daran, dass ich schon so lange von zu Hause fort bin. Ich bin eher ein Stadtmädchen, und das hier ist alles noch so neu für mich.«
    »Als wir in den Karpaten waren, hast du da meinen Bruder Manolito kennengelernt?« Riordan beobachtete sie mit kühlem, abschätzendem Blick.
    MaryAnn konnte den Druck seiner unausgesprochenen Fragen in ihrem Kopf spüren. Er hatte ihr einen gedanklichen Anstoß gegeben. Ihr Verdacht war also begründet. Irgendetwas stimmte hier nicht. Sie fühlte, wie das Blut aus ihren Wangen wich. Sie hatte diesen Leuten vertraut, und jetzt saß sie hier in der Falle und war verwundbar wie noch nie zuvor. Die De La Cruz' verfügten über Fähigkeiten, die nur wenige Menschen nachvollziehen konnten. MaryAnns Mund war mit einem Mal wie ausgedörrt, und sie presste die Lippen zusammen und drückte eine Hand an ihre Brust, wo eine gewisse Stelle pochte und brannte, während sie beharrlich schwieg.
    Juliette warf ihrem Lebensgefährten einen vernichtenden Blick zu. »Es ist wichtig, MaryAnn. Manolito ist in Schwierigkeiten, und wir brauchen schnellstens Informationen. Riordan liebt seinen Bruder und benutzte eine Abkürzung, um zu dir vorzudringen, die für unsere Spezies sehr nützlich, anderen gegenüber allerdings nicht sehr respektvoll ist. Das tut mir leid.«
    MaryAnn sah blinzelnd zu ihr auf und spürte, wie ihr trotz ihrer Entschlossenheit wieder die Tränen kamen. »Er ist tot. Ich habe ihn sterben sehen. Und ich konnte spüren, wie sich das Gift in ihm ausbreitete, und auch den letzten Atemzug, den Manolito tat. Ich hörte einige der anderen Gäste sagen, dass nicht einmal mehr Gregori ihn von den Toten zurückholen könne. Und ihr habt seinen Leichnam im Flugzeug mit zurückgebracht.« Es auch nur laut auszusprechen, war schon schwierig. Sie brachte es nicht über sich, auch noch hinzuzufügen: ›In einem Sarg.‹ Nicht, wenn ihr Herz sich wie ein Stein in ihrer Brust anfühlte.
    »Wir sind Karpatianer, MaryAnn, und nicht so leicht zu töten.«
    »Ich sah ihn sterben. Ich fühlte, wie er starb.« Sie hatte geschrien. Tief in ihrem Innersten, wo es niemand hören konnte, hatte sie protestierend aufgeschrien und versucht, Manolito auf der Erde festzuhalten. Sie wusste nicht, warum ein Fremder ihr so wichtig war, nur dass er so edel, so durch und durch heroisch gewesen war, sich zwischen die tödliche Gefahr und eine schwangere Frau zu werfen. Und außerdem hatte sie ein Gerücht gehört, dass er schon einmal genau das Gleiche bei dem Prinzen der Karpatianer getan hatte. Selbstlos und ohne an seine eigene Sicherheit zu denken, hatte er sich auch für Mikhail Dubrinsky aufgeopfert. Und keinen der Karpatianer
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