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Gefährliches Talent: Kriminalroman

Gefährliches Talent: Kriminalroman

Titel: Gefährliches Talent: Kriminalroman
Autoren: Aaron Elkins , Charlotte Elkins
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verzauberte Stunde nach der Schule in den Ateliers des Metropolitan Museum verbracht, um eifrig bei ihrem Vater zu lernen. Diese Leidenschaft zumindest hatte sie ihm zu verdanken.
    »Und was sammelt deine geheimnisvolle Sammlerin so?«, fragte er. »Nicht schon wieder viktorianische Rasierschalen, hoffe ich doch.«
    Für seine Verhältnisse ganz schön sarkastisch. Er spielte auf ihren vorherigen Berater-Job an. Er hatte ja keine Ahnung, dass viktorianische Rasierschalen ein Fortschritt gegenüber ihrem Job davor waren. Den hatte sie ihm tunlichst verheimlicht. Sie hatte einen Kunden beim Kauf von Aquariendekoration beraten – Keramiknippes wie überquellende Schatztruhen, blubbernde Tiefseetaucher und Seejungfrauen. Wer hätte gedacht, dass es für dieses Zeug eine richtige Bezeichnung gab oder Leute, die so was sammelten? Sie hatte den Auftrag hauptsächlich angenommen, weil der Kunde ein hohes Tier bei Microsoft war und sie gehofft hatte, dass er sie anderen Leuten aus der Branche empfehlen würde, die vielleicht eher auf ihrer Wellenlänge lagen. Sie hatte sich auch richtig für ihn ins Zeug gelegt und sich stundenlang im Internet und in Bibliotheken in die Materie eingearbeitet. Wie viele wertvolle Gehirnzellen hatte sie wohl mit diesem Unsinn gefüllt?
    »Nein, nicht ganz«, sagte sie, jetzt selbst ein bisschen stolz. »Sie ist an Georgia O’Keeffe interessiert.«
    Er war tatsächlich beeindruckt. »Alle Achtung! Das ist mal eine Künstlerin, mit der man sich gern beschäftigt. Sag Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Tiny ist so was wie ein O’Keeffe-Experte. Der kann dir vielleicht ein paar Ratschläge geben.«
    Tiny (eins zweiundneunzig groß, über hundertdreißig Kilo) war einer von Geoffs Ex-Knacki-Angestellten und auf seine eigene träge, gutmütige Art fast so charmant wie ihr Vater. Er hätte selbsteinen hervorragenden Künstler abgegeben – Mischtechnik in Aquarell und Pastell –, aber leider malte er nur zu gern Homers und Whistlers und deshalb hatte er auch gesessen. In ihrer Kindheit hatte sie ihn »Onkel Beniamino« genannt, und auch wenn er nicht mit ihr verwandt war, war er doch ihr absoluter Lieblingsonkel gewesen. Aber das lag weit zurück und sie war kein Kind mehr.
    »Danke, Geoff, ich werde dran denken, aber ich muss jetzt Schluss machen. Der Utrillo wartet.«
    »Utrillo, aha? Ich habe mal in anderthalb Tagen einen Utrillo hingehauen, der genauso gut war wie ein echter – sogar besser, um ehrlich zu sein. Und wenn ich’s recht bedenke, wäre O’Keeffe auch kein Problem. Vielleicht nicht in anderthalb Tagen, aber schlag ein Motiv vor und natürlich die Periode und …«
    »Bis dann, Geoff.«

    Was sollte sie zu dem Empfang anziehen?
    Sie entschied sich für ein zeitlos schlichtes, aber elegantes Prada-Kostüm, dazu, um es richtig zur Geltung zu bringen, eine dünne Gliederkette, den Blumenjacquard-Blazer von Givenchy in Schwarz und Elfenbein mit den dezenten Schulterpolstern und als besonderen Pfiff die schwarz glänzenden Ferragamo-Sandaletten mit den Acht-Zentimeter-Absätzen. Das perfekte Ensemble für so einen Anlass: halb Geschäftstreffen, halb schicke Cocktailparty.
    Sie hatte gerade mal zwei Minuten gebraucht, um das Outfit auszuwählen. Es war nämlich ihr
einziges
Outfit für Geschäftstreffen-Cocktailpartys. Oder für Geschäftstreffen im Allgemeinen. Oder für Cocktailpartys, schick oder nicht. Oder irgendeinen anderen öffentlichen Anlass. Alix hatte zwar eine klassische Garderobe, aber keine sehr umfangreiche. Und es war nichts Neues dabei. Fast alles war Kommissionsware aus Le Frock, einem Secondhandshopim ärmlicheren Teil von Capitol Hill, quasi direkt unter der Interstate 5.
    Es hatte mal eine Zeit gegeben, dachte sie verträumt, da hatte sie ihre Kleider direkt im Designerladen gekauft. Das schien eine Ewigkeit her zu sein. Als wäre es das Leben einer anderen gewesen. Ihr war einfach alles in den Schoß gelegt worden. Für sie war es selbstverständlich gewesen, in der Upper East Side zu wohnen, eine Privatloge in der Metropolitan Opera zu haben, den Sommer mit der Familie in Watch Hill, einem exklusiven Seebad auf Rhode Island, zu verbringen (»Wie im
großen Gatsby
«, pflegte ihr Vater zum erheblichen Ärgernis ihrer Mutter zu sagen) und mit den Reichen und Mächtigen zu verkehren. Aber all das hatte schlagartig ein Ende, als Geoff vor Gericht landete. Das Vermögen der Familie wurde von endlosen Anwaltskosten und Vergleichszahlungen aufgefressen und war
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