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Gefährliches Talent: Kriminalroman

Gefährliches Talent: Kriminalroman

Titel: Gefährliches Talent: Kriminalroman
Autoren: Aaron Elkins , Charlotte Elkins
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bürosüdº München, www.buerosued.de
Lektorat: Waltraud Ries
Umschlagmotiv: © Getty Images/Rich Reid; 73923587
Satz: Monika Daimer, www.buch-macher.de
    ISBN 978-1-611-09828-0
    www.amazon.com/crossing

PROLOG
    Ghost Ranch, Abiquiu (New Mexico), 7. August 2010
    »Aber ich versichere Ihnen, ich bin nicht tot«, erklärte Henry Merriam aufgebracht.
    Mit wachsender Fassungslosigkeit hörte er sich die Antwort an. »Ob ich …?« Er hielt das Telefon von seinem Ohr weg, um besser hineinschreien zu können. »Ja, ich bin
vollkommen
sicher!«
    Er schrie so laut, dass Barb, die am Empfangspult die Post sortierte, alles mitbekam. Sie lächelte. Es war schön zu hören, dass er wieder der Alte war, streitlustig und voller Energie. Mr Merriam besuchte nun schon seit fast vierzig Jahren im Sommer oder Herbst die Bildungsprogramme der Ghost Ranch und war damit schon länger dabei als alle Verwaltungsmitarbeiter, einschließlich Barb selbst, und fast alle Dozenten. In ihren neunzehn Jahren dort hatte er so ziemlich jeden Kurs belegt, den es gab, von der »Geschichte der Eisenbahn in New Mexico« bis hin zum Hackbrett-Unterricht.
    Diese Woche war es »heiteres Korbflechten«, obwohl er alles andere als heiter war, seit er seine Frau Ruth drei Jahre zuvor in einem Pflegeheim für Alzheimerpatienten hatte unterbringen müssen. Seitdem waren seine zwei Wochen hier jedes Jahr eher eine einsameFlucht aus seinem trostlosen Alltag anstatt wie früher angenehme Bildungsaufenthalte. Aus einem der nettesten Stammkunden, einem heiteren, intelligenten und höflichen älteren Herrn, auf den sie sich jeden Sommer gefreut hatte, war ein wandelnder Geist geworden, einer von vielen einsamen Menschen, die, deprimiert und vom Alter gebeugt, nichts mit sich anzufangen wussten.
    Daher freute es sie, ihn so putzmunter zu sehen. Da es auf den Zimmern keine Telefone gab und der Handyempfang auf der Ranch extrem unzuverlässig war, bekam sie oft Privatgespräche mit, wenn Kursteilnehmer das Wandtelefon am Empfang benutzten. Sie hatte schon allerlei seltsame Gesprächsfetzen aufgeschnappt.
    Aber »ich bin nicht tot«, das war wirklich einsame Spitze.
    »Ich weiß noch ganz genau, was ich in meiner Galerie verkauft habe und was nicht«, sagte er, »und ich versichere Ihnen, ich habe nie … Mir ist egal, was im Katalog steht. Ich …« Er sah Barb an und verdrehte die Augen. »Ich … 
Natürlich
ist mir das wichtig! Was glauben Sie denn? Wenn Sie nicht … Also gut, ich fahre selbst runter und kläre die Sache, was halten Sie davon? Ja, morgen, warum nicht? … Alles klar, halb drei. Ja, ja, ich weiß, wo ich hinmuss.«
    Mit einem Kopfschütteln legte er auf. »Ist es denn zu fassen?«
    »Gibt’s Probleme, Mr Merriam?«, fragte Barb mit einem Lächeln. »Kann ich irgendwie behilflich sein?«
    »Ach, es ist nichts, Barb. Nur eine Verwechslung. Ist der Kaffee frisch?«
    »Kommt drauf an, was Sie mit frisch meinen, aber bedienen Sie sich, falls Sie es riskieren wollen«, sagte sie. »Ich habe zufällig mitbekommen … Sie hatten mal eine Galerie? Ich dachte immer, Sie wären Professor.«
    »Ja, stimmt«, sagte er, nahm sich einen Pappbecher von dem Stapel neben der Kanne und goss ihn halb voll. »Aber ganz früher … vor einer Ewigkeit, in einem anderen Leben … da hatte ich tatsächlich eine Galerie in Albuquerque.« Er hielt inne und dachte daran zurück. »Die Galería Xanadu«, fügte er leise hinzu.
    »Und?«, fragte Barb nach, während er gedankenverloren Coffee-Mate in seinen Kaffee rührte.
    Mit einem Seufzer fand er wieder in die Gegenwart zurück: »Und heute Morgen kriege ich eine E-Mail von einem alten Geschäftsfreund, also von dem Sohn eines alten Freunds, der auch in der Branche tätig ist. Der wollte ein Gemälde für einen Kunden aus Dubai kaufen und hat die Geschichte des Bildes überprüft. Da hat er gelesen, dass es in den Siebzigerjahren mal in meiner Galerie zum Verkauf stand. Er wollte wissen, ob ich das Bild noch vor Augen hätte und ihm sagen könnte, was ich davon halte. Aber ich konnte mich überhaupt nicht dran erinnern, deshalb war ich auch so aufgebracht.«
    Barb war ein wenig verwirrt. »Aber das ist doch schon vierzig Jahre her«, sagte sie sanft. »Da kann man doch von niemandem erwarten …«
    Er warf ihr einen bösen Blick zu. »So verkalkt bin ich noch nicht, junge Frau. Ich meine nicht, dass ich mich nicht erinnern kann, das Bild verkauft zu haben. Im Gegenteil, ich weiß
ganz genau
, dass ich
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