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Gefährlicher Fremder - Rice, L: Gefährlicher Fremder

Gefährlicher Fremder - Rice, L: Gefährlicher Fremder

Titel: Gefährlicher Fremder - Rice, L: Gefährlicher Fremder
Autoren: Lisa Marie Rice
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schlug immer langsamer. Zum ersten Mal spürte er die Gefahr, die von der Kälte ausging. Er fühlte, wie sie ihre eisigen Finger nach ihm ausstreckte, um ihn herunterzuziehen. Dorthin, wo sein Vater war.
    Vielleicht sollte er es einfach zulassen.
    Hier gehörte er nicht hin, in dieses wunderschöne, von Kerzen erleuchtete Zimmer. Er würde nie ein Teil dieser Welt sein. Er gehörte in die Dunkelheit und die Kälte.
    Ben ließ die Fersen wieder auf den Boden sinken und entfernte sich langsam von dem Haus, bis der Schnee und der Nebel das goldene Licht aus dem Fenster verschluckten. Er zitterte vor Kälte, als er sich die Auffahrt entlangschleppte. Der nasse Schnee drang durch die Löcher in seinen Schuhen und durchnässte seine Strümpfe.
    Eine halbe Stunde später gelangte er an die Auffahrt der Interstate. Er blieb stehen und schwankte leicht.
    Der Mensch in ihm wollte sich auf den Boden sinken lassen, sich zusammenrollen und warten, bis die Verzweiflung und schließlich der Tod ihn holten, so wie sie seinen Vater geholt hatten. Es würde nicht lange dauern.
    Doch das Animalische in ihm war stark und wollte – mit unbändiger Kraft – leben.
    Zu seiner Rechten erstreckte sich die Straße in Richtung Norden, bis hinauf nach Kanada. Zu seiner Linken verlief sie nach Süden.
    Wenn er nach Norden ging, würde er sterben. So einfach war das.
    Ben wandte sich nach links und schleppte sich weiter, mit gesenktem Kopf, in den eisigen Wind hinein.

 
    1
    Summerville, Washington
Heiligabend
Zwölf Jahre später
    Sie war hier.
    Er konnte sie fühlen, er konnte sie riechen .
    Sobald er die kleine Buchhandlung mit der altmodischen Glocke über der Tür betreten hatte, wusste der Mann, den man heutzutage unter dem Namen Jack Prescott kannte, dass er sie gefunden hatte.
    Er war erschöpft, nachdem er seit über achtundvierzig Stunden unterwegs war, mit einer Piroge von Obuja nach Freetown, mit Air Afrique vom Flughafen Lungi nach Paris, mit Air France von Paris nach Atlanta, mit Delta von Atlanta nach Seattle, und dann mit einer wackligen kleinen Klapperkiste, die er lieber selber geflogen hätte, nach Summerville.
    Doch trotz seiner Erschöpfung waren seine Sinne nach wie vor messerscharf. Auch zwölf Jahre später erkannte er noch ihre persönliche Note. Die Kerzen am Fensterbrett, die zarte Harfenmusik, die leise im Hintergrund lief, der Duft nach Zimt, Vanille, Rosen und nach ihr . Unverwechselbar, unvergesslich.
    Auf seinem Weg vom Flughafen hatte er erfahren, dass sie immer noch in Summerville lebte und erstaunlicherweise immer noch Single war. Das hatte ihn fast umgehauen. Damit hatte er nicht gerechnet. Bei seiner Suche nach ihr hatte er mit nichts als Schwierigkeiten und Frustration gerechnet.
    Jetzt besaß er alle Zeit der Welt.
    Colonel Eugene Prescotts Tod hatte die Bürde der Loyalität und Liebe von ihm genommen. Gleich am Tag nach dem Tod des Colonels hatte Jack ENP Security verkauft und war nach Sierra Leone geflogen, um die letzte Pflicht zu erfüllen, die er dem Mann schuldete, der ihm ein Vater geworden war.
    Der Preis dafür waren Gewehrfeuer und Blutvergießen, Schmerz und Gewalt gewesen, aber er hatte sich um die Schweinerei gekümmert, so wie sein Vater es auf dem Sterbebett von ihm erbeten hatte. Jack hatte getan, was getan werden musste: Er hatte den Ruf seines Vaters gerettet und die Scheißkerle bestraft, die eine nicht autorisierte, verbrecherische Operation gestartet hatten. Nun war er endlich, zum ersten Mal seit zwölf Jahren, frei von jeglicher Verantwortung.
    Sein Leben als Ranger, seine Verpflichtung dem Colonel gegenüber und seine Firma hatten ihn vollkommen auf Trab gehalten. Solange der Colonel am Leben war, hatte Jack versucht, sich Caroline aus dem Kopf zu schlagen, und das zum größten Teil mit Erfolg. Nur nicht nachts. Sie lebte ihr Leben, wo auch immer, und er war dem Colonel gegenüber verpflichtet. Aber seitdem er Vince Deaver das Handwerk gelegt hatte, war er frei. Er hatte auf der Stelle kehrtgemacht und war von Afrika nach Summerville geflogen, so schnell ihn die moderne Luftfahrt dorthin zu transportieren vermochte.
    Es war verrückt. Er wusste, dass es verrückt war, hier nach ihr zu suchen, zwölf Jahre später. Warum sollte Caroline in Summerville bleiben? Sie war schön, begabt, klug, reich. Sie würde dort landen, wo alle schönen, begabten, klugen und reichen Frauen früher oder später landeten – in irgendeiner Großstadt an einer Küste. Möglicherweise auch im
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